Die eigene Pfarrei ist für viele Menschen Heimat. Vielleicht eine romantische Erinnerung an gute alte Zeiten, das mag sein. Doch auch, wenn längst nicht mehr alles so heil ist in der kirchlichen Welt wie früher und wenn eine Reform dringend nötig sein sollte: Das Bistum Trier ist bei einem hoch emotionalen Thema wie ein rein rational denkender Sanierer in der Wirtschaft vorgegangen.
Michael Defrancesco zur Zukunft des Bistums Trier
Wer mit dem Bistum diskutieren wollte, musste sich in komplizierte Begriffe einarbeiten und verstehen, was mit Pfarreien der Zukunft, Synodalprinzip, Teilprozessgruppen oder Resonanzveranstaltungen gemeint ist. Viele Gläubige verstanden nur eins: Das Bistum will meine Pfarrei auflösen.
Schlimmer: Auf einfachste und erwartbare Fragen konnte das Bistum viel zu lange keine Antwort geben: Wo kann ich in den Gottesdienst gehen? Wer wird mich einmal beerdigen? Bleibt mein Pfarrbüro? In welchen Gremien kann ich mich in Zukunft engagieren? Stets hieß es: Geduld, daran arbeiten wir. Nun tröpfeln nach und nach die ersten Entwürfe ein. Viel zu spät: Denn längst sind viele Katholiken stinksauer auf ihr Bistum. Längst hat sich eine große Protestinitiative gebildet.
Die Reaktionen des Bistums: Man zeigt sich verärgert und gekränkt. Vertreter der Teilprozessgruppen wollen von der Presse so zitiert werden: „Die 120 Teilprozessgruppenmitglieder fühlen sich in ihrem Engagement und in ihrer Fachlichkeit durch die Initiative nicht ernst genommen und sehen ihre Arbeit herabgesetzt.“ Man wirft den Kritikern vor, Halb- und Unwahrheiten zu verbreiten. Das Problem: Was ist Wahrheit, wenn das Bistum selbst oft noch nicht weiß, was es will? Die Kritiker äußern vor allen Dingen Ängste. Ängste, die das Bistum erst selbst hervorgerufen hat. Mit Beleidigtsein wird das Bistum diese Ängste nicht auflösen.