Diez

Neue Corona-Regelungen: Diezer Mediziner sieht Lockerungen sehr kritisch

Von Lore Spies
Die Abnahme von Schnelltests ist seit Montag in Diez möglich. Dazu ist unterhalb der Corona-Ambulanz ein vom DRK zur Verfügung gestelltes Zelt aufgestellt worden.
Die Abnahme von Schnelltests ist seit Montag in Diez möglich. Dazu ist unterhalb der Corona-Ambulanz ein vom DRK zur Verfügung gestelltes Zelt aufgestellt worden. Foto: Lore Spies

„Hausärztliche Versorgung und Corona – das sind die Probleme, die unter den Nägeln brennen.“ Mit diesen Worten eröffnete Maximilian Müller, Vorsitzender des Ortsverbandes der Christdemokraten, den jüngsten CDU Diez-Dialog, der sich ausschließlich um diese beiden Themenblöcke drehte. Die zugeschalteten Teilnehmer nutzten die Gelegenheit, um das Gespräch mit dem als Referent geladenen Allgemeinmediziner Dr. Martin von Bergh aus der örtlichen Gemeinschaftspraxis von Bergh zu suchen.

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Mit der zusätzlich im „Werkes“ betriebenen Corona-Ambulanz widmet von Bergh sich dem allgemein wohl brennendsten gesundheitlichen Problem der Gegenwart. Martin von Bergh sieht „die aktuellen Lockerungen etwas kritisch“. Zu anderer Zeit wäre es seiner Meinung nach besser gewesen: „Wir hätten die Menschen im Januar/Februar rauslassen sollen – nicht gerade jetzt, wenn das Pendel umschlägt auf die Mutanten.“ Die hätten bereits die Vorherrschaft übernommen.

„Machten sie bisher zehn Prozent aus, lagen sie in der letzten Woche schon bei 50 Prozent. Tagesaktuell“, so der Referent, „hatten wir bei den Tests ausschließlich Mutanten.“ Warum die Mutanten so viel gefährlicher seien als das Ursprungsvirus, erklärte von Bergh damit, dass eine deutlich geringere Virenlast zur Ansteckung ausreiche. Er warnte eindringlich davor, zum Beispiel mit durchfeuchteten Masken zum Einkaufen zu gehen. Impfen sei das Gebot der Stunde.

„Wenn es einen Facharzt für Impfungen gibt, dann sind es die Hausärzte“, fuhr er fort. „Wir kennen unseren Patientenstamm und könnten über die Reihenfolge selbst entscheiden.“ Auch zum Impfstoffangebot äußerte er sich: „Ich würde sogar Sputnik oder den chinesischen Impfstoff verimpfen. Die Stoffe sind millionenfach verabreicht. Ich weiß nicht, warum sich die EU so schwer mit der Zulassung tut.“

Eine Menge Lob hingegen sprach von Bergh der Stadt mit Bürgermeisterin Annette Wick sowie Landrat Frank Puchtler aus. Sie hätten alles getan, um den Start der neuen Schnelltesteinrichtung (am Fuße der Corona-Ambulanz im „Werkes) pünktlich zum Wochenbeginn zu ermöglichen. „Es wurde ausreichend Material wie etwa Schutzausrüstungen geliefert.“ Vor der Landtagswahl könnten sich übrigens in einer Sonderschicht Wahlhelfer und Bürger, die vor Ort wählen wollten, einem Schnelltest unterziehen.

„Wenn es einen Facharzt für Impfungen gibt, dann sind es die Hausärzte.“

Dr. Martin von Bergh

Was von Bergh zur hausärztlichen Versorgung erklärte, klang wenig ermutigend. Denn von Entspannung kann offenbar keine Rede sein. Im Gegenteil: „Nach dem Verlust von drei Praxis-Sitzen im vergangenen Jahr werden wir in diesem Jahr in der Verbandsgemeinde Diez weitere Sitze verlieren. Zwei Kollegen haben das bereits angekündigt.“ Es sei nach wie vor schwierig, Landärzte zu finden, bemerkte der Landtagsabgeordnete Matthias Lammert, der den CDU-Dialog gemeinsam mit Müller moderierte.

Der Mut, sich selbstständig zu machen, sei offenbar nicht so groß. Tatsächlich gehe der Trend derzeit eher zum Beschäftigungsverhältnis, bestätigte Martin von Bergh. Eine kleine Chance zur Verbesserung der Lage sieht er in der Einstellung von Weiterbildungsassistenten.

Einer solchen Einstellung gehe allerdings ein sehr komplexes Verfahren voran. Unter anderem beinhalte es den Antrag auf eine Weiterbildungsermächtigung durch die Ärztekammer. Seine Praxis bemühe sich derzeit um zwei Assistenten, ergänzte der Allgemeinmediziner und leitende Notarzt des Rhein-Lahn-Kreises. Er hoffe, einen im Sommer und den zweiten zum Jahresende begrüßen zu können.

Die Zukunft werde seiner Einschätzung nach tatsächlich größeren Ärztezentren wie dem Gesundheitszentrum am Kreisel zur Diezer Innenstadt sowie dem im „Werkes“ gelegenen „Medicum“ gehören. Er selbst bevorzuge das Hand-in-Hand-Arbeiten unter einem Dach, sagte von Bergh mit Blick auf die Ansiedlung verschiedener Arztpraxen im Versorgungszentrum „Medicum“, dessen Einrichtung die von Berghs initiierten und jetzt selbst in größerem Umfang nutzen.

Weitere Räume sind durch eine Physiotherapie belegt. Nach dem Zuzug beispielsweise einer Radiologin, eines Neurologen und eines Kardiologen sei derzeit noch eine Praxis vakant. „Dort könnte ich mir gut einen Gastroenterologen vorstellen“, schilderte der Mediziner seine Vorstellungen. Letztlich seien sie da aber offen, denn auch andere Fachgebiete wiesen in der Region Diez durchaus Lücken auf.