Berlin

Rüde Töne, kein Gespür: Wehrbeauftragter Königstein beklagt im Jahresbericht Führungsschwächen

Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus hat in seinem Jahresbericht erhebliche Führungsschwächen bei der Bundeswehr angeprangert. Insbesondere unerfahrenen Vorgesetzten fehle es „an Wissen und Gespür dafür, wann die Grenzen zum Dienstvergehen beziehungsweise zur Straftat überschritten werden“, heißt es in dem 70-seitigen Bericht.

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Berlin. Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus hat in seinem Jahresbericht erhebliche Führungsschwächen bei der Bundeswehr angeprangert.

Insbesondere unerfahrenen Vorgesetzten fehle es „an Wissen und Gespür dafür, wann die Grenzen zum Dienstvergehen beziehungsweise zur Straftat überschritten werden“, heißt es in dem 70-seitigen Bericht. Rüde Umgangsformen und herabwürdigende Äußerungen würden oft nicht als unangebracht erkannt.

Der Jahresbericht des Wehrbeauftragten als PDF

Die aktuellen Diskussionen kommen kaum vor. Fälle aus dem Bericht:

  • Ein Stabsunteroffizier führt mit den Rekruten seiner Gruppe Frühsport durch – obwohl dies nicht im Dienstplan vorgesehen ist. Alle Rekruten müssen sich nebeneinander rücklings auf den Flurboden legen, bevor sechs Rekruten im Feldanzug und mit Kampfstiefeln bekleidet über die Bäuche der Rekruten laufen. Am nächsten Tag wiederholt sich der Vorgang in ähnlicher Form. Als die Rekruten schreien und stöhnen, befiehlt der Stabsunteroffizier, diese „Bauchmuskelübung“ so lange fortzusetzen, bis alle Rekruten ihren Mund halten. Der Soldat wird fristlos entlassen.
  • In der Nähe von Kundus verunglücken Soldaten mit einem Dingo. Am Wagen entsteht ein Totalschaden von etwa 600 000 Euro. Offenbar ist der Unfall auf zu hohe Geschwindigkeit und die Unerfahrenheit des Fahrers zurückzuführen. Ursache: Für die Ausbildung der Kraftfahrer stehen immer noch nicht genügend Fahrzeuge zur Verfügung, heißt es im Bericht.
  • Während des Waffenreinigens bei einem Lehrgang hält der als Aufsicht eingeteilte Stabsunteroffizier zwei Soldatinnen nacheinander seine ungeladene, aber gespannte und entsicherte Pistole an den Kopf. Er drückt den Abzug und sagt sinngemäß: „Ich töte euch.“ Später gibt er an, es sei nur ein Scherz gewesen. Der zuvor wegen mangelnder Einsatzbereitschaft auffällig gewordene Lehrgangsteilnehmer wird fristlos entlassen.
  • Nach Alkoholkonsum greifen zwei länger dienende Mannschaftsdienstgrade nachts einen Gefreiten vom Dienst im Kompaniegebäude an, schlagen ihm ins Gesicht und brechen ihm dabei das Nasenbein. Während der eine Täter, der keine Reue zeigte, fristlos entlassen wird, wird gegen seinen Kameraden eine Disziplinarbuße verhängt.
  • Eine Hauptgefreite bezweifelt die Rechtmäßigkeit von Schwangerschaftstests, die während eines Impftermins von einem Arzt angeordnet wurden. Die Ermittlungen ergeben, dass es dafür keine juristische oder fachliche Grundlage gibt.
  • Durch eine fehlerhafte Eingabe in das Personalwirtschaftssystem wird ein Hauptfeldwebel beinahe zu früh befördert. Der Fehler fällt erst auf, als er bereits von der vermeintlichen Beförderung unterrichtet wurde.
  • Ein Rekrut beklagt Schimmel in einer Kaserne in Erfurt, der trotz mehrerer Meldungen nicht beseitigt worden ist.