Diez

Bundespolizeischule Diez: Gewerkschaft schlägt wegen Kürzungsplänen Alarm

Die Zahl der Auszubildenden der Bundespolizei (hier ein Foto von einer Vereidigungsfeier im Jahr 2017) wird zunächst deutlich reduziert. In einigen Jahren soll dann eine Aufstockung erfolgen.
Die Zahl der Auszubildenden der Bundespolizei (hier ein Foto von einer Vereidigungsfeier im Jahr 2017) wird zunächst deutlich reduziert. In einigen Jahren soll dann eine Aufstockung erfolgen. Foto: Archivbild Andreas Galonska

Die geplante Verkleinerung der Bundespolizeischule in der früheren Freiherr-vom-Stein-Kaserne in Diez stößt auf deutliche Kritik der Bundespolizeigewerkschaft. Klaus Spiekermann, Geschäftsführer der Bundespolizeigewerkschaft, fordert die politisch Verantwortlichen stattdessen nachdrücklich dazu auf, sich für eine Stärkung des Standorts Diez einzusetzen und eine Reduzierung abzuwenden.

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Nach Auffassung der Bundespolizeigewerkschaft entspricht es demnach nicht den Tatsachen, dass eine Abschmelzung von derzeit mehr als 1000 auf 482 beziehungsweise 420 Unterkunftsplätze geplant war. Vielmehr sei eine „Abschmelzung“ auf 620 Unterkunftsplätze in der Endausbaugröße nach Abschluss der „Ausbildungsoffensive“ geplant gewesen, um dem dringenden Fortbildungsbedarf Rechnung zu tragen.

Seehofer stellte die Weichen

Die Größe des Standorts Diez mit über 1000 Plätzen geht laut Spiekermann auf eine Entscheidung aus dem Jahr 2019 zurück, als die Bundesanstalt für Immobilien mit der temporären Erweiterung der Dienststelle auf 1025 Unterkunftsplätze beauftragt worden sei. Hierdurch sollte die durch den damaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer umgesetzte personelle Aufstockung der Bundespolizei im Rahmen einer Ausbildungsoffensive bewältigt werden. Diese perspektivische Fortentwicklung des Bundespolizeistandorts Diez gehe aus dem Beschaffungsauftrag der Bima eindeutig hervor, so Spiekermann.

Die dramatischen Sparmaßnahmen führen nach seinen Informationen jetzt in der Konsequenz im Standort Diez zur Entlassung von weit über 60 befristet eingestellten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zum 30. November dieses Jahres und zur Abmietung von circa 2600 Containern bis März 2023, die zur Erweiterung der Kapazitäten in Diez aufgestellt worden waren. Eine etwas krude Folge: Ein großer Teil der Container muss wegen drohender Schimmelbildung auch leer stehend bis weit ins nächste Jahr beheizt werden.

Strategie nicht erkennbar

Aus Sicht der Gewerkschaft wird die perspektivische und strategische Ausrichtung der gesamten Aus- und Fortbildungsorganisation unter Führung der Bundespolizeiakademie dem enormen Fortbildungsstau innerhalb der gesamten Bundespolizei nur noch sehr eingeschränkt gerecht.

Fehlende berufliche Perspektiven und eine mangelhafte Personalentwicklung für das Stammpersonal in den Aus- und Fortbildungszentren der Bundespolizei führten dazu, dass eine nicht unerhebliche Anzahl von Mitarbeitern, die mit enormem Aufwand für diese verantwortungsvolle Aufgabe qualifiziert worden seien, die Dienststellen verließen, um einen Karriereknick abzuwenden. Spiekermann: „Persönliches Engagement und Motivation des Lehrpersonals erfahren nicht die gebotene Wertschätzung. In der Folge ist permanent neues Personal mit hohem Aufwand einzuarbeiten und zu qualifizieren.“

Der Geschäftsführer der Bundespolizeigewerkschaft kritisiert außerdem seit Jahren fehlende Organisations- und Dienstpostenpläne. Diese seien zwingende Grundlage, um die Liegenschaften der Aus- und Fortbildungsorganisation zukunftsorientiert entwickeln zu können. Beispiel Schießausbildung: Für die Diezer Polizeischüler muss das Training nach wie vor zu einem nicht unerheblichen Teil im rund 75 Kilometer entfernten Polch durchgeführt werden. Aufgrund der Verkehrslage sei eine Rückkehr in den Standort Diez häufig erst deutlich nach Ende der regelmäßigen Arbeitszeit möglich.

Viele Beamte vor Ruhestand

Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung, die Bundespolizei verliert bis zum Jahr 2035 circa ein Drittel ihres Personals durch Altersabgänge, fordert die Bundespolizeigewerkschaft die Entscheidungsträger auf, „die gesamte Aus- und Fortbildungsorganisation der Bundespolizei zukunftsorientiert und strategisch auf die vor der Bundespolizei liegenden Herausforderungen aufzustellen“. Dies gelte insbesondere für den Standort Diez, der für die polizeiliche Schwerpunktregion Rhein-Main von zentraler Bedeutung sei.

Die Bundespolizeigewerkschaft weist auch auf die wirtschaftliche Bedeutung des Standorts Diez hin. Eine nicht unerhebliche Anzahl von Handwerks- und mittelständischen Betrieben in unmittelbarer räumlicher Nähe von Diez trage wesentlich zum Betrieb bei.

CDU-Politiker üben Kritik

Im politischen Berlin werden die Diezer Kürzungspläne ebenfalls mit Argusaugen betrachtet. Offensichtlich werde gerade massiver finanzieller Druck aufgebaut, um einen Haushalt zusammenzubringen, kritisiert der CDU-Bundestagsabgeordnete Josef Oster. „Da wird an der falschen Stelle gespart“, sagt Oster mit Blick auf die Bundespolizei und deren Standort in Diez. Der CDU-Politiker setzt auf Korrekturen im Rahmen der Haushaltsberatungen und sieht dabei auch die rheinland-pfälzische Landesregierung in der Pflicht, die Entwicklung abzumildern oder entscheidend zu verändern.

Von einem deutlichen Einschnitt spricht auch der CDU-Landtagsabgeordnete Matthias Lammert. „Das war in der Vergangenheit definitiv anders geplant und wurde unter der vorherigen Bundesregierung und vor allem dem Bundesinnenministerium anders prognostiziert“, sagt der Christdemokrat. Noch beim Besuch der Polizeischule durch den Parlamentarischen Staatssekretär Stephan Mayer im Jahr 2020 seien hier völlig andere und positivere Zahlen in der Planung aufgeführt worden, erinnert sich Lammert und zeigt sich von den faktischen Reduzierungen mehr als überrascht. red