Rhein-Lahn/Runkel

Ausrottung der Blankaale befürchtet: Naturschützer beklagen „Fischmassaker“ in Wasserkraftwerken

Tote Blankaale, von Winfried Klein an der Lahn dokumentiert.
Tote Blankaale, von Winfried Klein an der Lahn dokumentiert. Foto: Winfried Klein

Die Interessengemeinschaft Lahn, ein von Anglern dominierter Naturschutzverband, übt scharfe Kritik am Umgang mit Blankaalen in der Lahn. Nach Darstellung des Vorsitzenden Winfried Klein werden Tausende Tiere getötet, die auf ihrer Wanderung in ihre Laichgebiete in der Saragossasee in den Rechenanlagen der Wasserkraftwerke an der Lahn hängen bleiben.

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Klein hat die Aalwanderung erstmals wieder in der vergangenen Woche beobachtet. „Bis Januar wird sich das Problem bei jedem ansteigenden Wasserstand wiederholen, sodass aus der Lahn mit 28 Wasserkraftwerken von Marburg bis Lahnstein kein einziger Blankaal zum Laichgebiet in die Sargassosee kommt. Der Aal wird derzeit ausgerottet. Seit einigen Jahren kommen fast keine Glasaale mehr aus der Sargassosee zu uns in die Lahn und andere Gewässer in Deutschland“, behauptet der IG-Lahn-Vorsitzende.

Er sieht darin einen Gesetzesverstoß. Alle in Deutschland betriebenen Wasserkraftanlagen haben nach seiner Darstellung nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Fischschutz und dürften nicht betrieben werden. Die strengen Tierschutzgesetze (Art. 20a GG, Tierschutz als Staatsziel) und das für alle Wirbeltiere geltende Bundestierschutzgesetz würden nicht angewendet. Es brauche keine neuen Gesetze, es seien alle vorhanden, es liege lediglich ein Vollzugsdefizit vor. Klein: „Unser Rechtsstaat beachtet in voller Absicht seine eigenen Gesetze nicht, so wie das von jedem Bürger gefordert wird.“

Ansonsten sei zu den Wasserkraftanlagen noch zu sagen, dass die notwendigen Wehre und Stauhaltungen mit sehr geringer Fließgeschwindigkeit die Wasserqualität für alle Fischarten drastisch verschlechtern, sodass derzeit die Wasserqualität der Lahn so schlecht wie nie zuvor sei. Die Fangergebnisse seien seit etwa dem Jahr 2000 bis heute um 80 Prozent gesunken.

Die IG Lahn kritisiert in diesem Zusammenhang auch die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) und das von ihr gelobte sogenannte Aaltaxi. Das zeige, „dass sie keine Ahnung von der Stromerzeugung in Wasserkraftanlagen und den dabei täglich auftretenden tier- und artenschutzwidrigen Massakern an Fischen aller Arten, insbesondere den abwandernden Blankaalen hat“.

Die Ministerin und der Vizepräsident der SGD-Nord, Prof. Martin Kaschni, meinten tatsächlich, dass die von zehn ehemaligen Berufsfischern an Mosel und Saar mit Reusen gefangenen knapp 400 Blankaale und ihr Besatz in den Rhein „ein essenzieller Fortschritt im Bereich des Fischschutzes an den Wasserkraftanlagen“ seien. Die IG Lahn hält das für einen fatalen Irrtum.

Die IG Lahn hatte eigenen Angaben zufolge an Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), an die SGD-Nord und die hessische Umweltministerin Prisca Hinz (Grüne) geschrieben und gebeten, im Herbst die Wasserkraftanlagen für den Schutz der abwandernden Blankaale abzuschalten. Hinz habe nicht, Dreyer ablehnend geantwortet. Klein moniert: „Hätten sie die Anlagen abgeschaltet, wären damit Hunderttausende der abwandernden Blankaale aus den Flüssen in Rheinland-Pfalz und Hessen gerettet worden. Die seit 50 Millionen Jahren hier existenten Aale – akut vom Aussterben bedroht – hätten alle an den stehenden Turbinen unverletzt vorbeischwimmen können. Fast alle hätten dann den Rhein und das noch 5000 Kilometer entfernte Laichgebiet in der Sargassosee erreicht.“

Das wäre für den Fortbestand dieser Art ein absolut existenzieller und nachhaltiger Fischschutz gewesen, schreibt die IG Lahn weiter. Die nicht nennenswerte Menge Ökostrom aus Wasserkraft, die verloren gegangen wäre, stehe dazu in keinem Verhältnis. Hier liege ein vorsätzlicher Verstoß gegen das Bundestierschutzgesetz, die Bundesartenschutzverordnung, die EU-Biodiversitätsstrategie sowie das Umweltschadensgesetz und weitere gesetzliche Grundlagen vor. red