Sinzig

Vortrag in Sinzig zu spannender Archäologie: Manchmal hilft auch die Polizei

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Terra Sigillata aus Sinzig: Archäologe Bernd Liesen aus Xanten (rechts) sprach auf Einladung des Denkmalvereins, dessen Vorsitzender Hardy Rehmann ihn hier begrüßt. Foto: Matthias Röcke / Denkmalverein Sinzig

Die Funde des römischen Geschirrs in Sinzig, Gefäße der berühmten Terra Sigillata (eine bestimmte Kategorie römischen Tafelgeschirrs), sind ein Höhepunkt auch für die Wissenschaft. Warum das so ist, erläuterte Archäologe Bernd Liesen vom Archäologischen Park Xanten, Experte mit großer Erfahrung auf diesem Gebiet, beim jüngsten Turmgespräch des Fördervereins Denkmalpflege und Heimatmuseum.

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Mit der Auswertung der bedeutsamen, seit Mai vergangenen Jahres in der neuen Dauerausstellung des „HeimatMuseums Schloss Sinzig“ präsentierten Funden aus Sinzig befasst sich der Referent schon seit geraumer Zeit. Dabei arbeitet er eng mit den Sammlern Friedhelm Brandau und Manfred Gappe zusammen, die an diesem Abend im Sinziger Schloss als Ehrengäste mit dabei waren. Sie und alle anderen im trotz ungünstiger Witterungsverhältnisse gut besetzten Saal erfuhren nun aus erster Hand, was das Sinziger Museum nun so sehr bereichert.

Töpferei exportierte bis in die heutigen Niederlande

Es geht um die Zeit um 150 nach Christus: Damals gab es in Sinzig eine Töpferei, die unverzierte und verzierte Terra Sigillata-Geschirr herstellte und diese nach Süden bis in den Rhein-Main-Raum und nach Norden bis in die heutigen Niederlande exportierte. Der Beweis dafür fällt dem Wissenschaftler nicht schwer, denn die Töpfer von damals versahen die Gefäße mit Namensstempeln und hatten ihren eigenen Stil bei den per Stempel angebrachten Verzierungen. Anhand solcher Spuren lässt sich heute nachvollziehen, dass die Sinziger Töpfer – bei den verzierten Gefäßen 26 an der Zahl – nicht unbedingt standorttreu waren. So, wie sie einst aus Trier gekommen waren, zogen sie fort nach Metz – zum Beispiel Virtus, so der Name eines Sinziger Töpfers. Warum, das bleibt im Dunkel der Geschichte; dazu konnte auch Liesen nichts beitragen.

Glasklar ist dagegen die Erkenntnis, dass die Sinziger Ware von hoher Qualität war. Sie hat sich auf einem stark ausgeprägten Markt in Niedergermanien, dem nördlich der Alpen von Rom besetzten Gebiet, behauptet. Das gilt insbesondere für die bessere Variante der verzierten Gefäße, eine Art Statussymbol der römischen Haushalte. Die bildlichen Darstellungen der Terra Sigillata allgemein sind der Clou des Geschirrs. Im ersten Jahrhundert handelte es sich meist um Darstellungen aus der Götterwelt – „für das Bildungsbürgertum“, so Liesen.

Erotische Darstellungen waren beliebt

Danach waren Szenen aus der Gladiatorenarena und auch erotische Darstellungen beliebt – letzte übrigens nicht in Niedergermanien. Locker im Vortrag und präzise in der Aussage ließ der Referent seine Zuhörerschaft an den spannenden Aspekten seines Metiers teilhaben. Archäologie ist heute auch moderne Technik. Und so kommt es, dass bei der Forschung sogar die Kriminologen der Polizei gefragt sind. In römischen Brennöfen, wie einer im Museum als Modell aufgebaut ist, finden sich Fingerabdrücke, entstanden beim Einräumen oder bei Reparaturarbeiten. Da kommt die Kripo Düsseldorf ins Spiel: Sie hat solche Fingerabdrücke individuell definiert und einer (unbekannten) Person zugeordnet. Sollte nun derselbe Fingerabdruck an einem anderen Ofen auftauchen, ließe sich etwas sagen über die Wanderwege der Töpfer.

Zur auch haptischen Erfahrung standen eigene Nachbildungen von Sinziger Terra Sigillata bereit. Liesen hatte dabei viele Fragen zu beantworten, sein anregender Vortrag hatte neugierig gemacht. Hardy Rehmann, Vorsitzender des Fördervereins, dankte ihm dafür im Namen aller und unter großem Beifall. Bei einem Glas Wein folgte noch eine lebhafte Aussprache. red