Noch 2040 überwiegend Verbrennungsmotoren: Ist die Zukunft des Autos in Öl gemalt?
Danach soll die „Tankstelle 2040“ Landeplätze für Lufttaxis bieten, die Wartung von selbstfahrenden Autos übernehmen und als Logistikcenter helfen, den E-Commerce-Boom zu bewältigen. Neben superschnellen Ladestationen stehen da noch viele Zapfsäulen: Die Forscher sagen voraus, dass 2040 benzin- und dieselbetriebene Fahrzeuge mit einem Anteil von 68 Prozent immer noch die Hauptrolle spielen werden. Diese Fahrzeuge hätten lediglich einen elektrischen Hilfsmotor. Hinzu kommen 28 Prozent Plug-in-Hybride, deren Akkus an der Steckdose aufgeladen werden und die damit um die 50 Kilometer weit elektrisch fahren können. Reine E-Autos kommen laut Studie nur auf 3 Prozent.
Illustration: Svenja Wolf
sw/jo
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Noch immer ein Exot auf der Straße?
Somit würde 2040 das reine E-Auto immer noch als Exot über die Straßen rollen. Dieser Ausblick macht den Mineralölkonzern Aral glücklich: „Solange sich Menschen fortbewegen, wird es eine Rolle und Potenziale für die Tankstelle geben“, jubelt der Vorstandsvorsitzende bei der Präsentation der Studie.
Doch während Aral und DLR die Zukunft in Öl malen, rollen in Fremont, Kalifornien, jeden Werktag 1000 Tesla-Model-3-Mittelklasselimousinen vom Band. Dazu noch etwa 250 größere Modelle S und X. Zum Vergleich: BMW und VW bauen jeweils 1000 E-Autos pro Woche. Tesla verkauft inzwischen in den USA mehr Modell 3 als BMW seine 3er, Mercedes die C-Klasse und Audi den A4 zusammengerechnet. Im September stieg Tesla so auf Platz vier aller Pkw-Verkäufe in den USA auf, also inklusive Benziner (Diesel spielen dort keine Rolle).
Und in Deutschland? Hier kann man das neue Tesla-Modell zwar noch nicht kaufen, aber Interessenten können seit Kurzem in das Objekt ihrer Begierde einsteigen. Obwohl noch keine Probefahrten möglich sind, bildeten sich vor den Tesla-Verkaufsstellen Schlangen.
E-Autos sorgen für Warteschlangen
Warum verbreitet sich Elektromobilität in Deutschland so langsam, wo das Interesse doch augenscheinlich groß ist? Von den Gegenargumenten – zu teuer, zu geringe Reichweite, zu wenig Lademöglichkeiten – haben sich zwei inzwischen fast erledigt: Die aktuellen E-Autos aus den USA, Frankreich, Japan und Korea, fahren durchweg 300 bis 400 Kilometer weit mit einer Akkuladung. Ladestationen sprießen allerorts aus dem Boden, im Schnitt gibt es derzeit für 4,5 E-Autos je eine Station. Allerdings ist das regional unterschiedlich und daher noch verbesserungsbedürftig. Zudem sind echte Schnelllader noch selten.
Bleibt noch der Preis als Gegenargument. Abgesehen von den niedrigeren Wartungs- und Treibstoffkosten, wird auch der Anschaffungspreis sinken. Vor allem, weil das teuerste Bauteil, der Akku, immer günstiger hergestellt werden kann. Bisher wurde dieser Vorteil durch wachsende Akkukapazität aufgefressen, bald kann aber der Fahrzeugpreis sinken, denn nicht jeder braucht noch mehr Kilometer.
VW will Tesla in der Mittelklasse schlagen
„Wir werden 2020 mit Fahrzeugen kommen, die alles können wie Tesla und um die Hälfte billiger sind“, verspricht VW-Chef Herbert Diess. „Da werden wir Tesla stoppen, an der Linie von 30.000 Euro“, sagte er bereits im Sommer 2017. Bisher sind das Ankündigungen geblieben. Wer heute einen elektrischen Golf bestellen möchte, muss lange darauf warten. Und erst 2020 stehen die neuen elektrischen VW-Modelle der I.D.-Serie beim Händler. Bis sie in den heimischen Garagen parken, wird es vermutlich noch länger dauern. Denn selbst Konzerne mit langer Erfahrung im Autobau müssen durch die „Produktionshölle“ (Tesla-Chef Elon Musk): So musste jüngst Audi die für Ende des Jahres angekündigte Einführung seines e-tron verschieben. Offiziell wegen Softwareproblemen, aber bekannt wurde auch, dass der koreanische Akkulieferant die Preise drastisch erhöht hat und ein Batterie-Engpass drohen könnte. Aus ähnlichem Grund soll auch die Lieferzeit beim beliebten Smart-Stromer lang geworden sein. Wer ein deutsches E-Auto kaufen will, braucht Geduld.
Hier könnte sich rächen, dass die deutsche Automobilindustrie so lange am „sauberen Diesel“ geklebt hat und Investitionen in eine eigene Akkuzellenfertigung abgelehnt hatte. Es entstand eine Abhängigkeit von wenigen asiatischen Herstellern. Das Problem ist bekannt und wird eifrig diskutiert, ohne dass eine gemeinsame Zellfertigung Gestalt annimmt.
Der erste Wurf gelang – und dann kam nichts mehr
Die deutschen Autobauer entwickelten vor einigen Jahren einige respektable elektrische Vorzeigemodelle. Dabei beließen sie es lange: Bis zum Beispiel der E-Golf endlich einen brauchbar großen Akku erhielt, dauerte es fast fünf Jahre, beim E-Up von 2013 steht der immer noch aus. Ähnlich langsam pflegte BMW sein originelles Modell i3, und Mercedes nahm sogar für eineinhalb Jahre den E-Smart vom Markt und zog die elektrische B-Klasse komplett zurück. Jetzt, wo das Interesse an E-Autos zunimmt, können die Konzerne die Interessenten kaum bedienen.
Inzwischen scheinen die Autobosse E-Autos ernster zu nehmen. Aber sie wollen nichts falsch machen, möchten gleich Premiumklasse liefern, wie man das vom deutschen Automobilbau gewohnt ist. Die Herangehensweise von Technikpionieren wie Tesla oder Apple ist ihnen fremd: mit einem originellen, begeisternden, aber noch nicht perfekten Produkt auf den Markt zu gehen und das mit Updates kontinuierlich zu verbessern. Selbst ein Tesla von 2012 wird noch mit Softwareupdates über das Internet auf dem neuesten Stand gehalten: mit modernerer Bedienung oder auch mal 50 PS mehr Leistung. In die laufende Autoproduktion fließen ständig Verbesserungen ein. Das Denken in „Modelljahren“ ist Tesla fremd.
Zurück in die Zukunft, ins Jahr 2040: Schon heute weiß man, dass es auch der Zeitpunkt sein wird, ab dem Frankreich und Großbritannien keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr zulassen wollen. 2040 werden in den Niederlanden und Norwegen die letzten „fossilen“ Neuzulassungen sogar schon 15 Jahre her gewesen sein. VW plant, um diese Zeit die allerletzten Benzin- und Dieselfahrzeuge verkauft zu haben. Jochen Magnus