Polens Präsident wirbt auf Europa-Reise um Berlin und Paris

Foto: DPA

Warschau – Es ist eine Reiseroute mit einer klaren Botschaft: Mit Besuchen in Brüssel, Paris und Berlin will Polens neuer Präsident Bronislaw Komorowski kurz nach Amtsantritt beweisen, dass sein Bekenntnis im Wahlkampf zu Europa ernst war.

Lesezeit: 2 Minuten
Anzeige

Warschau – Es ist eine Reiseroute mit einer klaren Botschaft: Mit Besuchen in Brüssel, Paris und Berlin will Polens neuer Präsident Bronislaw Komorowski kurz nach Amtsantritt beweisen, dass sein Bekenntnis im Wahlkampf zu Europa ernst war.

In seiner ersten Rede nach der Vereidigung kündigte er vor einem Monat an, er wolle Polen zu einem wichtigen Player in der EU machen. Als einen Schlüssel zur europäischen Stabilität bezeichnete das liberal-konservative Staatsoberhaupt damals die Beziehungen zu Deutschland und Frankreich.

Bereits am Mittwoch bricht Komorowski in die EU-Hauptstadt Brüssel auf, besucht einen Tag später Paris und kommt am 3. September zu Gesprächen mit Deutschlands Führung nach Berlin. Seine Vorgänger hatten andere Ziele bevorzugt, meistens den Vatikan oder die USA.

Komorowskis Entscheidung, Brüssel als das Ziel seiner ersten Reise zu wählen, sei kein Zufall, sondern „logische Folge“ seines außenpolitischen Programms, sagt der polnische Außenpolitik-Experte, Roman Kuzniar. Für Komorowski gelte klar das Prinzip „Europe first“, erläutert der Wissenschaftler, der das Zentrum für strategische Studien an der Warschauer Universität leitet. Der Präsident wisse zudem, dass enge Abstimmung mit Deutschland und Frankreich eine Voraussetzung für den Erfolg seines Konzept seien, so Kuzniar beim Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

Polnische Experten erhoffen sich von Komorowskis Reise eine Belebung des Weimarer Dreiecks, der trilateralen Kooperationsplattform zwischen Polen, Deutschland und Frankreich. Kuzniar betonte, Berlin und Frankreich könnten als ein Tandem die EU der 27 nicht mehr anführen.

Auch Cornelius Ochmann von der Bertelsmann-Stiftung teilt diese Ansicht: „Der deutsch-französische Motor ist zu schwach, um Europa zu führen“. Laut Ochman hat Polen als das größte Land aus Mitteleuropa das deutsch-französische Gespann zu stärken. Nicht zuletzt wegen der guten Bewältigung der Wirtschaftskrise gilt Polen als ein attraktiver Partner, so Ochmann.

Das Weimarer Dreick war am 28. August 1991 vom deutschen Außenminister Hans-Dietrich Genscher, seinem polnischen Kollegen Krzysztof Skubiszewski und Roland Dumas aus Frankreich gegründet worden. Ihr Ziel war die Heranführung Polens an Europa. Nach dem EU-Beitritt Polens 2004 schien dem Forum seine Existenzgrundlage verloren zu haben. Ein Jahr vor seinem 20. Jubiläum steigt aber wieder das Interesse an diesem Format.

Als Parlamentspräsident hatte Komorowski wiederholt bewiesen, dass er – anders als sein tragisch verstorbener Vorgänger Lech Kaczynski, keine Vorbehalte gegenüber Deutschland hat. In seiner Autobiografie bezeichnete er die Aussöhnung mit Deutschland als die größte Errungenschaft der Freiheitsbewegung „Solidarnosc“. Wegen seiner Familiengeschichte, Komorowskis war aus Litauen vertrieben worden, empfinde er sogar eine gewisse „Schicksalsgemeinschaft“ mit den deutschen Vertriebenen, heißt es in dem Buch.

Im Programm der Antrittsvisite konnten zwar – zwei Tage nach dem 71. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges – historische Akzente nicht fehlen. Zusammen mit Bundespräsident Christian Wulff will Komorowski im KZ Sachsenhasen bei Berlin den polnischen Kriegshelden, General Stefan Grot-Rowecki würdigen. Der Kommandeur der polnischen Untergrundarmee war dort im August 1944 hingerichtet worden. Doch der Schwerpunkt der Gespräche wird bei Zukunftsthemen liegen: Hier liegt der deutsch-polnische Jugendaustausch Komorowski und Wulff besonders am Herzen.

Im Reichstagsgebäude will der polnische Präsident Deutsche auszeichnen, die in der Zeit der kommunistischen Diktatur polnischen Regimekritikern geholfen hatten. Seit einem Jahr erinnert ein Stück Danziger Werftmauer an der Nordwand des Parlaments an den Beitrag der „Solidarnosc“ am Zusammenbruch der Diktaturen in Mitteleuropa.

Jacek Lepiarz