Islamabad/Neu Delhi

Misstrauen gegenüber Erzfeind Indien bleibt

Gleich zwei massive Eisentore trennen die verfeindeten Nachbarn. Der streng bewachte Grenzübergang Wagah zwischen dem indischen Amritsar und dem pakistanischen Lahore ist die einzige Straßenverbindung zwischen den beiden südostasiatischen Rivalen. Doch Autos und Laster dürfen hier nicht einfach passieren. Weil indische Fahrzeuge nicht durch Pakistan und pakistanische nicht durch Indien fahren dürfen, werden alle Waren hier umgeladen und von Lastenträgern durch das Niemandsland geschleppt.

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Islamabad/Neu Delhi. Gleich zwei massive Eisentore trennen die verfeindeten Nachbarn. Der streng bewachte Grenzübergang Wagah zwischen dem indischen Amritsar und dem pakistanischen Lahore ist die einzige Straßenverbindung zwischen den beiden südostasiatischen Rivalen. Doch Autos und Laster dürfen hier nicht einfach passieren. Weil indische Fahrzeuge nicht durch Pakistan und pakistanische nicht durch Indien fahren dürfen, werden alle Waren hier umgeladen und von Lastenträgern durch das Niemandsland geschleppt.

Demütigungen an der Grenze

Auch die wenigen Reisenden, die täglich den Grenzübergang passieren, müssen laufen. Ähnlich wie zu Zeiten der Berliner Mauer in Deutschland ist die Geschwindigkeit der Abfertigung an der Wagah-Grenze eine Art Temperaturfühler für den augenblicklichen Stand der Beziehungen. Derzeit braucht man viel Geduld.

Denn Indien macht Pakistan für den schweren Terroranschlag in der indischen Finanzmetropole Mumbai 2008 verantwortlich, bei dem über 160 Menschen getötet wurden. Angesichts der verheerenden Flutkatastrophe in Pakistan hat die indische Regierung dem Nachbarn Hilfe von fünf Millionen US-Dollar angeboten und Pakistan damit in eine Zwickmühle gebracht. Denn der öffentliche Druck in Pakistan war stark, die indische Offerte klar abzulehnen.

Nun akzeptierte Islamabad das Angebot doch – nach einer Ermahnung durch die USA. Den USA ist an einer Annäherung der Erzfeinde gelegen. Denn ohne sie ist ein dauerhafter Frieden in Afghanistan nicht zu erreichen. Am Hindukusch führen Indien und Pakistan seit Langem einen komplizierten Stellvertreterkrieg um regionalen Einfluss. Im blutigen Bürgerkrieg nach dem Abzug der Sowjetunion aus Afghanistan 1989 unterstützten die beiden Staaten unterschiedliche Seiten. Dieses Szenario könnte sich nach dem Abzug der Nato aus Afghanistan 2014 wiederholen, fürchten manche.

Millionen Vertriebene

Beide Nachbarn sind seit der blutigen Teilung des Subkontinentes 1947 zerstritten. Bei den Wirren während der Abspaltung des islamischen Staates Pakistan von dem mehrheitlich hinduistischen Indien kamen Hunderttausende Menschen ums Leben. Mehr als 14 Millionen Menschen mussten ihre Heimat verlassen.

Seit dem Rückzug der damaligen Kolonialmacht Großbritannien haben die Länder bereits drei Kriege gegeneinander geführt. Auch in Friedenszeiten rüsten beide Armeen für den Ernstfall. Beide Staaten verfügen zudem über Atomwaffen.

Obwohl Pakistan fast zehnmal kleiner ist als Indien, sind die beiden Staaten militärisch etwa gleich stark. Weil sich die islamische Republik seit ihrer traumatischen Gründung als gefährdet ansieht, ist die Armee zum entscheidenden Machtfaktor im Land geworden. „Die Schwachen und Wehrlosen in dieser Welt laden andere zum Angriff ein“, begründete Staatsgründer Mohammed Ali Jinnah schon 1948 den Weg der Aufrüstung. Pakistan hat eine halbe Million Soldaten. Und trotz der Bedrohung Pakistans durch islamische Extremisten und den Krieg gegen die Taliban im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet: Der wirkliche Feind in den Augen des pakistanischen Militärs bleibt Indien.

Agnes Tandler