Berlin

Der Staatsmann

Der 55-jährige SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier gilt unter den drei Kandidaten als erfahrener Pragmatiker. Beim Parteitag in Berlin machte der frühere Außenminister, der 2009 schon einmal gegen Angela Merkel antrat, deutlich, dass er durchaus ein zweites Mal in den Ring steigen würde – und zeigte sich damit angriffslustiger als sonst.

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Berlin – Der 55-jährige SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier gilt unter den drei Kandidaten als erfahrener Pragmatiker. Beim Parteitag in Berlin machte der frühere Außenminister, der 2009 schon einmal gegen Angela Merkel antrat, deutlich, dass er durchaus ein zweites Mal in den Ring steigen würde – und zeigte sich damit angriffslustiger als sonst.

Auftritt: Mit dem Zeitpunkt seiner Rede hatte Steinmeier beim Parteitag schlicht Pech. Er folgte unmittelbar auf Altkanzler Helmut Schmidt, der die Genossen mit großem Pathos und einem historischen Schauer tief beeindruckt hatte. Viele wollten anschließend frische Luft schnappen. Steinmeier begann seine Rede vor leeren Delegiertenplätzen, die sich erst allmählich wieder füllten. Dennoch präsentierte sich der Fraktionschef emotionaler und angriffslustiger als sonst. Innerhalb weniger Minuten hatte er sich heiser geredet. Der eher zurückhaltende Steinmeier untermalte seine Appelle mit starker Gestik. Er sprach mit vollem Körpereinsatz – und ließ in den weniger ernsthaften Passagen auch viel Selbstironie durchblitzen. Hier wollte einer zeigen, dass es ihm wirklich um etwas geht. Und blieb dabei authentisch und auf dem Boden. Der unglückliche Zeitpunkt seines Auftritts soll übrigens noch vor dem Parteitag für Unmut zwischen Fraktion und der Parteizentrale im Willy-Brandt-Haus gesorgt haben.

Thema: Steinmeier hielt die Rede zur Europapolitik der SPD und war auch damit im Nachteil, weil Helmut Schmidt schon alles Notwendige dazu gesagt zu haben schien. Auch Steinmeier gab den verantwortungsvollen Staatsmann, der eine klare Richtung für Europa forderte und konkret aufzuzeigen versuchte. Dabei startete er volksnah mit den Sorgen der Menschen um Arbeitsplatz und Währung. Ganz Außenpolitiker, blickte er auch auf Amerika, das sich inzwischen Richtung Pazifik orientiere, und warb für den Zusammenhalt im „alten Europa“. „Dafür muss ein Sozialdemokrat ins Kanzleramt“, rief er.

Reaktion: Während die Rede anfangs fast unterzugehen drohte, gewann Steinmeier zunehmend an Fahrt und die Aufmerksamkeit der Delegierten. Der Beifall fiel anständig, aber nicht überbordend aus. Zwischenapplaus gab es eher selten. Er habe seine Sache gut gemacht, sagten später viele Delegierte.

Von unserer Berliner Korrespondentin Rena Lehmann