Zürich

Affäre: Schweizer fühlen sich falsch behandelt

Der Fall Hoeneß wirft auch ein schlechtes Licht auf die Schweiz. Doch die Eidgenossen fühlen sich missverstanden.
Der Fall Hoeneß wirft auch ein schlechtes Licht auf die Schweiz. Doch die Eidgenossen fühlen sich missverstanden. Foto: DPA

Wenn der FC Bayern spielt, schauen viele Schweizer zu. Der deutsche Spitzenklub ist auch in der Eidgenossenschaft populär. In der Debatte um die Steueraffäre seines Präsidenten Uli Hoeneß fühlen sich Schweizer aber ungerecht behandelt. Sie fragen sich, wann die Deutschen endlich begreifen werden, dass die Schweiz längst auf Weiß- statt Schwarzgeld setzt.

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„Gut, in Deutschland herrscht Wahlkampf“, sagt ein Banker. „Aber wer so auf Gerechtigkeit pocht wie SPD und Grüne, sollte gerechterweise anerkennen, was sich bei uns inzwischen getan hat und weiter tut.“ Seit Rot-Grün im Dezember 2012 das Steuerabkommen mit der Schweiz im Bundesrat scheitern ließ, gehen Schweizer Banken still und leise nach Plan B vor: Sie fordern ihre deutschen Kunden auf, „Belege dafür vorzuweisen, dass sie den Steuerpflichten in ihrer Heimat nachkommen“.

Der Fall Hoeneß wirft auch ein schlechtes Licht auf die Schweiz. Doch die Eidgenossen fühlen sich missverstanden.
Der Fall Hoeneß wirft auch ein schlechtes Licht auf die Schweiz. Doch die Eidgenossen fühlen sich missverstanden.
Foto: DPA

Das berichtete Anfang April die „Neue Zürcher Zeitung“ („NZZ“) nach Recherchen bei den drei größten Schweizer Vermögensverwaltern, den Banken UBS, Credit Suisse und Julius Bär. Die Geldhäuser bestätigten, dass solche „Informationsaktivitäten gegenüber den deutschen Kunden im Gang sind“. Von anderen Banken ist zu vernehmen, dass sie ähnlich vorgehen. Ob auch Hoeneß Anfang des Jahres einen solchen Brief von seinem Zürcher Vermögensverwalter erhalten hat, ist allerdings nicht bekannt.

Natürlich geht es den Schweizer Geldhäusern in erster Linie darum, deutsche Millionäre als Kunden zu behalten. Klar ist aber auch, schreibt die „NZZ“ unter Berufung auf UBS, Credit Suisse und Julius Bär, dass man sich von denjenigen trennen will, die auch nach den Gesprächen nicht bereit sind, den verlangten Nachweis zu liefern.

Dem Vernehmen nach wollen die Banken das bis Ende 2013 voll durchgezogen haben. Rein rechtlich sind Schweizer Geldinstitute dazu nicht verpflichtet. Noch gilt das Bankgeheimnis. Noch unterliegt die Schweiz nicht dem automatischen Informationsaustausch über steuerlich relevante Kontodaten. Doch weltweit wächst der Druck auf Steuerparadiese. Längst haben die USA die Eidgenossen mit der Drohung, Schweizer Banken von ihrem riesigen Finanzmarkt auszuschließen, zur automatischen Lieferung sämtlicher Daten von Amerikanern an die US-Behörden gezwungen.

Hinzu kam gerade erst der Verlust zweier Verbündeter in der EU. Spätestens dadurch ist der Schweizer Finanzwirtschaft klar geworden, dass die 2012 in Gang gesetzte Weißgeldstrategie mit dem Ziel eines absolut sauberen Bankenstandorts intensiviert werden muss: Luxemburg und Österreich erklärten, sich vom Bankgeheimnis verabschieden zu wollen.

Bis dahin hatten beide Länder aus purem Eigeninteresse größere Attacken der EU auf das Schweizer Bankgeheimnis verhindert. Allerdings haben die Schweizer eine Voraussetzung, die sich wohl nur schwer von der Hand weisen lässt: Sie pochen auf gleiche Bedingungen für alle. Das soll heißen: Wenn die Schweiz sämtliche Steuerstandards der OECD erfüllt, müssten dies auch alle anderen größeren Finanzplätze tun. Gemeint ist unter anderem das EU-Land Großbritannien.

Nach wie vor ermöglichen es britische Gesetze Reichen, ihre Identität hinter sogenannten Trusts zu verschleiern. Und London scheint gar nicht daran zu denken, die laxen Regeln für Offshore-Vermögen auf den britischen Kanalinseln zu verschärfen.

Von Thomas Burmeister