Kommentar: Linzer Eigenständigkeit war immer Fischers Ziel
Von der Traumhochzeit zur Showveranstaltung“ – mit dieser Schlagzeile fasst SPD-Fraktionschef Hans-Joachim Schwedthelm seine Kritik am Kurs von Bürgermeister Hans-Günter Fischer zusammen, der trotz anfänglich positiver Signale nie ernsthaft die Vorteile einer freiwilligen Fusion gewürdigt habe. Damit liegt er nicht falsch. Rückwirkend betrachtet, wird man konstatieren können, dass es Fischer vor allem darum ging, Zeit zu gewinnen und eine unmittelbar drohende Zwangsfusion abzuwenden, als er die Aufnahme von Gesprächen mit Bad Hönningen und Unkel befürwortete.
Doch hatte Fischer schon im September 2016 klargestellt: „Die Geschäftsgrundlage für die Reform ist eigentlich entfallen, denn die Bevölkerung wächst.“ Von dieser Aussage ist der VG-Chef nie abgewichen, hat sich auch nie öffentlich von dem Ziel verabschiedet, möglichst die Eigenständigkeit der VG Linz zu erhalten. Was 2016 angesichts der reihenweise durchgezogenen Gebietsreformen und der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz wie ein Wunschtraum erschien, wurde für Fischer bald wieder zum greifbaren Ziel: Vermutlich irgendwann im Lauf des vergangenen Jahres kam er zur Überzeugung, dass die Expertise des Verfassungsrechtlers Johannes Dietlein einen Ausweg aufzeigt. Dass er ab diesem Zeitpunkt alles diesem Ausweg unterordnete, darf die Opposition ihm zum Vorwurf machen. Zum Bild gehört aber auch: Zumindest die veröffentlichte Meinung hat Fischer auf seiner Seite, wovon etwa zahlreiche Leserbriefe an die RZ – auch und gerade aus der VG Bad Hönningen – zeugen. Ob er mit seinem Kurs richtig liegt oder eine Chance in den Wind schlägt, muss die Zukunft zeigen. Doch plausibel klingt der Gedankengang schon, dass eine auf Kooperationen beruhende gewachsene Verbindung tragfähiger ist, als eine, die unter Druck herbeigeführt wurde.
E-Mail: michael.fenstermacher@rhein-zeitung.net