Bad Neuenahr-Ahrweiler

Erste Umfrage der Stadtverwaltung zeigt: Bürger wünschen sich mehr Infos zum Wiederaufbau

Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe im Ahrtal
Mehr als zweieinhalb Jahre nach der Flutkatastrophe an der Ahr laufen die Renovierungsarbeiten. Die Stadtverwaltung von Bad Neuenahr-Ahrweiler hat jetzt die Ergebnisse einer ersten Umfrage zum Wiederaufbau veröffentlicht. Foto: dpa/Archiv Thomas Frey

Die Stadtverwaltung Bad Neuenahr-Ahrweiler hat die ersten Ergebnisse ihrer Wiederaufbauumfrage veröffentlicht. An dem Onlineverfahren haben rund 1500 Menschen teilgenommen.

Lesezeit: 3 Minuten
Anzeige

Mehr als 85 Prozent der Einwohner von Bad Neuenahr-Ahrweiler sehen den Wiederaufbau nach der Flut als Chance, die Stadt klimabewusster, lebenswerter und attraktiver zu gestalten. Inzwischen ist ein Alltag in der Stadt wieder möglich – das finden zumindest fast 70 Prozent der Bürger. Aber: 83 Prozent sind auch der Meinung, dass der Wiederaufbau zu lange dauert. Diese drei Kennzahlen sind zentrale Ergebnisse der ersten systematischen Umfrage der Stadtverwaltung zum Thema Wiederaufbau, deren Auswertung die Verwaltung jetzt veröffentlicht hat.

Alle Altersklassen vertreten

Unter dem Motto „Jetzt mal ehrlich“ konnten Teilnehmende in den vergangenen Monaten schriftlich oder über Onlinefragebögen ihre Meinung und ihre Gedanken zu ausgewählten Fragen rund um den Wiederaufbau in der Stadt mitteilen. Mehr als 1500 Menschen aller Altersklassen hätten sich an der Umfrage beteiligt, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadtver-waltung.

„Dadurch wurde ein sehr breites Stimmungsbild ermittelt“, sagt Kreisstadt-Bürgermeister Guido Orthen. „Aufgrund der Parallelität und Komplexität der vielen Maßnahmen im Wiederaufbau ist es für uns von besonderer Bedeutung, die Bürgerinnen und Bürger durchgehend mit Informationen zu versorgen und im Austausch miteinander zu bleiben. Dazu hat die Umfrage einen wichtigen Beitrag geleistet.“ Die Umfrage liefert interessante Erkenntnisse in vier Themenkomplexen:

1 Persönliches Befinden: 62 Prozent aller befragten Bürger der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler gaben an, sich in der Stadt wohlzufühlen. Genau so viele beschrieben den Zusammenhalt in der Bevölkerung als groß. Fast 70 Prozent stimmten der Aussage zu, dass Alltag wieder möglich ist. „Trotz dieser mehrheitlich positiven Grundresonanz geht aus den Rückmeldungen auch eine große Unzufriedenheit hervor“, erläutert Hannah Schneider von der Abteilung Aufbausteuerung und Kommunikation.

So sei in den offenen Fragen die aktuelle Situation in der Stadt häufig mit „Chaos im Straßenverkehr“, „zu vielen Baustellen“ oder mit „Bürokratie“ und „Stillstand“ beschrieben worden. „Doch auch positive Stichworte wie ,Solidarität, Fortschritt und Aufbruchstimmung’ fielen immer wieder“, so Hannah Schneider.

Trotz dieser mehrheitlich positiven Grundresonanz geht aus den Rückmeldungen auch eine große Unzufriedenheit hervor.

Hannah Schneider von der Abteilung Aufbausteuerung und Kommunikation

2 Wiederaufbau/Baumaßnahmen: Mit 83 Prozent findet eine deutliche Mehrheit der Befragungsteilnehmer, dass der Wiederaufbau zu lange dauert. Der Aussage „Es wurde schon viel geschafft“ stimmen mit 58 Prozent mehr als die Hälfte der Befragten zu. Auf die Frage, wie lange der Wiederaufbau noch dauern werde, schätzen 51 Prozent „fünf bis zehn Jahre“, 29 Prozent gehen von „10 bis 20 Jahren“ aus.

3 Wünsche und Visionen: Bei einer Frage waren sich sämtliche Befragten über alle Altersklassen hinweg besonders einig: 85 Prozent sehen den Wiederaufbau nach der Flut als Chance für die Stadt. „Bei der offenen Frage, wie Bad Neuenahr-Ahrweiler in zehn Jahren aussehen soll, wurden häufig Adjektive wie ,grün, familienfreundlich und modern’ genannt“, so Hannah Schneider. Als Wünsche an die Verantwortlichen in Stadt, Kreis und Land wurden am häufigsten die Begriffe „Information und Kommunikation“ sowie „Hochwasser- und Katastrophenschutz“ genannt. „Viele Mitbürgerinnen und Mitbürger nutzten die Umfrage an dieser Stelle auch zur direkten Kritik, indem sie etwa ,mehr Tempo’, ,bessere Organisation’ oder ,andere Prioritäten’ forderten“, so Schneider.

4 Kommunikation zum Wiederaufbau: Mit 42 Prozent fühlt sich nur etwas weniger als die Hälfte der Teilnehmer der Onlineumfrage ausreichend über den aktuellen Stand des Wiederaufbaus informiert. Bei den jüngeren Teilnehmern unter 30 Jahren waren es sogar nur 22 Prozent. Als bevorzugte Informationskanäle wurden Facebook, die Presse sowie das Aufbau-Magazin genannt.

Auch Besucher haben mitgemacht

Wie es in der Pressemitteilung der Stadt heißt, haben allerdings nicht nur Einwohner ihre Meinung online im Rahmen der Befragung kundgetan. An der Umfrage der Stadtverwaltung nahmen auch knapp 300 Besucher teil, die nicht in Bad Neuenahr-Ahrweiler wohnen. Der Aussage, dass „schon viel geschafft wurde“, stimmten im Durchschnitt etwas mehr Gäste als Einheimische zu. Heißt: Den Eindruck teilen mehr Menschen, die nur zu Besuch in die Stadt kommen, als Einwohner. Dagegen war die Quote derjenigen Besucher, die den Wiederaufbau als Chance sehen, deutlich niedriger als in der heimischen Bevölkerung.

Die Erfahrungen mit der ersten systematischen Befragung der Bürger seit der Flutkatastrophe wertet die Stadt insgesamt als positiv. „Wir werden zukünftig noch transparenter über einzelne Etappen und die Dauer von Baumaßnahmen informieren“, erklärt Schneider. „Einen besonderen Fokus legen wir auf die Themen, die von den Befragten besonders häufig genannt wurden – allen voran der Hochwasserschutz. Zugleich sieht sich die Stadt durch die Rückmeldungen aus der Befragung auch in ihrer Prioritätensetzung im Wiederaufbau bestätigt.“ Weitere Auswertungen der Umfrage sollen zeitnah erfolgen, auch eine regelmäßige Befragung in den kommenden Jahren ist geplant. red