Westerburg

Schulprojekt: Auf Augenhöhe mit Politikern

Politikverdrossenheit? Nicht an der Berufsbildenden Schule Westerburg. Sozialkundelehrer Günter Klein diskutiert mit seinen Schülern über die Ergebnisse der Schülerwahl.
Politikverdrossenheit? Nicht an der Berufsbildenden Schule Westerburg. Sozialkundelehrer Günter Klein diskutiert mit seinen Schülern über die Ergebnisse der Schülerwahl. Foto: Röder-Moldenhauer

Günter Klein steht in der Mitte eines Klassenraumes in der Berufsbildenden Schule (BBS) Westerburg, legt die Fingerspitzen seiner rechten Hand an die Stirn und verleiht seinen Worten dadurch mehr Kraft.

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Von unserem Reporter Stefan Hantzschmann

„Stellt euch mal vor“, sagt er langsam, aber mit Nachdruck, „ihr könntet einem Politiker in eurem Ort eine knallharte Forderung stellen.Richtig konkret. Schreibt das mal auf!“ Die Schüler der elften Klasse diskutieren. Die Vorstellung, einem Politiker unangenehme Fragen zu stellen oder auf Missstände hinzuweisen, fällt ihnen nicht schwer. Denn das haben sie vor zwei Wochen schon einmal getan, als sie die Direktkandidaten im Wahlkreis 205 Montabaur in ihrer Schule trafen und auf Augenhöhe mit ihnen diskutierten.

„Wir wollten die Distanz
zur Politik verlieren.“
Günter Klein,
Sozialkundelehrer der BBS Westerburg

Die BBS hat sich entschieden, die Bundestagswahl 2013 mit einem eigenen Projekt zu begleiten. Rund 130 Schüler aus fünf Klassen der Jahrgänge 11, 12 und 13 waren an dem Projekt beteiligt. Die Schüler bildeten eine Expertengruppe für jede Partei und beschäftigten sich intensiv mit dem jeweiligen Programm. Anschließend bauten die Gruppen ihre Informationsstände auf, präsentierten Wahlkampf-Werbegeschenke wie CDU-Kekse oder Linke-Muffins und erklärten ihren Mitschülern, was „ihre“ Partei in Deutschland politisch erreichen will.

Mit dabei: die Direktkandidaten des Wahlkreises Montabaur. „Wir wollten die Distanz zur Politik verlieren. Deshalb haben wir die Direktkandidaten unseres Wahlkreises eingeladen“, erklärt Sozialkundelehrer Günter Klein. „Die Politiker haben sich eigentlich alle ganz gut angestellt. Aber einigen ist es besser gelungen, lockere Gespräche zu führen“, resümiert der 16-jährige Jonas. Nachdem sich die Schüler informiert hatten und die meisten Parteigebäcke verputzt waren, ging es zur Wahlurne.

Fünf Klassen stimmten ab. Die Aktion war ein fulminanter Erfolg. Die Wahlbeteiligung bei den Schülern lag bei 89 Prozent. Kaum einer wählte die rechtsextreme NPD, mehr als 18 Prozent jedoch die Piraten, und die konservative CDU wurde an der BBS Westerburg zur stärksten Partei gewählt. Über das Ergebnis dieser Abstimmung sprechen die Schüler nun im Sozialkundeunterricht bei Günter Klein.

Es ist für sie die letzte Doppelstunde in diesem Fach vor der Bundestagswahl. Sie sollen die Zahlen auf dem Ergebnispapier anschaulich machen, in Balken-, Torten- oder Kreisdiagramme übertragen – Hauptsache übersichtlich und verständlich. Es dauert keine fünf Minuten, bis die ersten Schüler die Grafiken am Laptop gezaubert haben.

Der 19-jährige Jonas zeigt seinem Lehrer ein Tortendiagramm in 3-D – in den Farben der gewählten Parteien. Der Sozialkundelehrer lobt. Seine Schüler sind für die Wahl gewappnet. Klein will das Projekt auch nächstes Jahr fortführen. Dann stehen in Rheinland- Pfalz Kommunalwahlen an.