Kommentar: Obama fehlt eine schlüssige Strategie

Von Frank Herrmann

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Nein, die Ölpest im Golf von Mexiko ist nicht Barrack Obamas Katrina. Beim Krisenmanagement hat er keineswegs so kläglich versagt wie sein Vorgänger George W. Bush, der sich bis auf die Knochen blamierte, als nach dem verheerenden Hurrikan in New Orleans die Dämme brachen.

Obama war rasch bei den Fischern am Golf, deren Lebensgrundlage akut gefährdet ist. Er wählt deutliche, treffende Worte. Er schimpft auf den Filz, der sich über die Jahre bilden konnte, auf die Kungelei zwischen den Behörden und den Ölkonzernen, die Beamte schmieren und Senatoren reichlich Spenden zukommen lassen. Die Tonlage stimmt.

Nur: Was der Präsident nicht erkennen lässt, ist eine schlüssige Strategie.

Dabei wäre es genau die richtige Zeit, um gründlich nachzudenken, neue Wege zu gehen, getreu dem Motto, dass in der Krise immer auch eine Chance liegt. Lohnt es sich, auf hoher See Öl zu fördern? Ist der Preis dafür nicht zu hoch? Gibt es sinnvolle Alternativen? Es sind Fragen, wie sie vielen Amerikanern unter den Nägeln brennen, umso heftiger, da die klebrigen Schlieren nun auch auf die Korallenriffe und Sandstrände Floridas zutreiben. Das Weiße Haus dagegen begleitet den anschwellenden Diskurs mit verzagtem Schweigen.

Es ist keine zwei Jahre her, da sprach der Wahlkämpfer Obama noch sehr überzeugend von der großen energiepolitischen Wende. Er wollte weniger und irgendwann gar kein Öl mehr aus der nahöstlichen Spannungsregion importieren, damit saudische Monarchen und iranische Ajatollahs die USA nicht erpressen können. Blumig beschwor er die Blüte erneuerbarer Energien, stellte die Deutschen mit ihren Windrädern und Solarzellen als Vorbilder hin, legte seinen Landsleuten ans Herz, endlich aufzuholen. Von den kühnen Entwürfen ist nicht viel geblieben außer Makulatur. An Taten ist den Worten nur wenig gefolgt.

Es sind zwei energiepolitische Weichen, die der Chef im Oval Office in seinen 16 ersten Amtsmonaten stellte. Zum einen werden bald wieder Kernkraftwerke gebaut, gestützt durch staatliche Kreditbürgschaften. Zum anderen soll Rohöl auch in Küstenabschnitten im Atlantik und vor Alaska gefördert werden, die 30 Jahre lang tabu waren. Letzteres mutet angesichts der Hiobsbotschaften aus dem Golf als geradezu fahrlässig an. Gerade erst musste Obamas Innenminister zugeben, dass der Regierung

die Kapazitäten fehlen, um eine Ölpest wie die jetzige auch nur annähernd unter Kontrolle zu bringen. Man verlasse sich, heißt es, im Wesentlichen auf die Energiekonzerne. Vor New Orleans hat sich gerade gezeigt, was für eine Milchmädchenrechnung das ist.