Berlin

Interview mit ZK-Vorsitzendem Rose: Denkmal als Zeichen gegen Rassenhass

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hat seit Langem ein eigenes Denkmal gefordert. Der Vorsitzende des Zentralrats, Romani Rose (66), erklärt im Interview, warum ihm das Denkmal so wichtig ist – und was er sich davon erhofft.

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Berlin. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hat seit Langem ein eigenes Denkmal gefordert. Der Vorsitzende des Zentralrats, Romani Rose (66), erklärt im Interview, warum ihm das Denkmal so wichtig ist – und was er sich davon erhofft.

Was bedeutet das Denkmal für Sinti und Roma?

Uns ist ganz wichtig: Mit diesem Denkmal wird keine Schuld auf Enkel und Urenkel übertragen. Aber die Bundesregierung und unsere Gesellschaft stellen sich damit einem Kapitel der Geschichte, das über viele Jahrzehnte hinweg ausgeblendet und verharmlost worden ist. Der Holocaust an 500 000 Sinti und Roma hat seine eigene Dimension. Er wurde genauso systematisch geplant und organisiert wie der Völkermord an den Juden.

Verharmlost ist ein schwerer Vorwurf ...

Deutschland hat sich zu Recht mit dem Holocaust an den sechs Millionen Juden auseinandergesetzt. Es gab aber keine Aufarbeitung in Bezug auf unsere Minderheit. Die Überlebenden wurden systematisch aus der Entschädigung für das erlittene Unrecht ausgeschlossen. Dieses Denkmal setzt ein Zeichen, dass der Antiziganismus (Zigeunerfeindlichkeit) genauso geächtet werden muss wie der Antisemitismus. Beide Gruppen, Juden wie Sinti und Roma, hatten in Europa schon immer die Sündenbockfunktion. Heute erleben wir, dass unsere Minderheit wieder verantwortlich gemacht wird für Arbeitslosigkeit, Kriminalität und wirtschaftlichen Niedergang vor allem in Osteuropa.

Was kann ein Denkmal bewirken?

Der wahre Wert liegt darin, dass es nicht irgendwo steht, sondern vor dem Deutschen Bundestag, nur wenige Schritte vom Brandenburger Tor entfernt. Damit drückt dieser Staat seine Verantwortung aus. Ich wünsche mir, dass die Parlamentarier, die an diesem Denkmal vorbeikommen, sich ganz klar gegen Populismus, Hetze und Rassenhass einsetzen. Heute geht es nicht um Sinti und Roma oder um Juden, es geht um unser demokratisches Selbstverständnis.

Wie meinen Sie das?

Die Bundesrepublik ist als Ganzes ein Rechtsstaat. Aber die Vorfälle um den NSU zeigen, dass sich die Rechtsextremen vernetzen und unsere demokratischen Institutionen bis hin in die Sicherheitsbehörden unterwandern. Die ganzen Pannen, die da passiert sind, können keine Zufälle sein, da muss man schon mit Absicht die Augen verschließen. Bei uns ist der Rechtsextremismus zu lange als Patriotismus missverstanden worden. Das ist eine Gefahr für unsere Demokratie und für Europa.

Was verbinden Sie persönlich mit dem Holocaust-Denkmal?

In unserer Minderheit gibt es keine Familie, die nicht vom Holocaust betroffen war. In meiner Familie sind 13 Menschen ermordet worden. Die Vergangenheit ist ein Auftrag für die Zukunft.

Die Fragen stellte Nada Weigel