Berlin

Der Wirtschaftsflügel der Union ist tief zerstritten

Unmittelbar vor dem Bundesparteitag der CDU ist ein heftiger Streit im Wirtschaftsflügel entbrannt.

Lesezeit: 1 Minute
Anzeige

Ein für vergangenen Dienstag geplantes Spitzentreffen zwischen der Spitze der Mittelstandsvereinigung (MIT), einer 40 000 Mitglieder starken Parteiorganisation, und dem Parlamentskreis Mittelstand (PKM) in der Unions-Bundestagsfraktion wurde abgesagt.

Zwischen MIT-Chef Josef Schlarmann und dem PKM-Vorsitzenden, Vize-Fraktionschef Michael Fuchs (Koblenz), soll das Verhältnis zerrüttet sein. Schlarmann wirft Fuchs und den Wirtschaftspolitikern der Fraktion mangelnde Unterstützung seines koalitionskritischen Kurses vor. Die Wirtschaftspolitiker in der Fraktion hatten sich geweigert, die wirtschaftsliberalen Anträge der Mittelstandsvereinigung für den Bundesparteitag zu unterzeichnen. Nun droht die MIT damit, Fuchs bei den Wahlen zum Bundesvorstand nicht zu unterstützen.

Im Kanzleramt und in der CDU-Parteizentrale ist die Verärgerung über den 70-jährigen Schlarmann groß. Der promovierte Jurist aus Niedersachsen gilt als notorischer Merkel-Kritiker. In Interviews attackierte Schlarmann die Steuerpolitik von Finanzminister Schäuble als „lächerlich“ und nannte das Energiekonzept der Bundesregierung „Planwirtschaft pur“. In der CDU-Zentrale kursieren Überlegungen, wie Schlarmann abgesetzt werden könnte. Innerhalb des Verbands ist Schlarmann nicht unumstritten. „Ich distanziere mich ausdrücklich von dem Kurs des Vorsitzenden“, sagt Harald Schauerte, MIT-Chef von Nordrhein-Westfalen. „Wir führen uns wie eine außerparlamentarische Opposition auf und agieren teilweise populistisch. Wir sollten wieder zur Sacharbeit zurückkehren.“ Es sei bedauerlich, dass der Einfluss des MIT in der Partei so gering sei. Schlarmann wird außerdem übel genommen, dass er sich nie den Wahlen zum Bundesvorstand gestellt hat.

Für Kanzlerin Angela Merkel sind in Wirtschaftsfragen ohnehin nur noch PKM-Chef Fuchs und der Chef des CDU-Wirtschaftsrats, Kurt Lauk, Ansprechpartner. In der aktuellen Situation ist ein zerrissener Wirtschaftsflügel für den konservativen Parteiflügel eine schwere Bürde. Mit Umweltminister Norbert Röttgen und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen sollen zwei ausgesprochen liberale Politiker als Merkel-Stellvertreter an die Spitze aufrücken. Das konservative Wirtschaftsprofil der CDU verblasst.

Von unserem Berliner Korrespondenten Michael Bröcker