RZ-Kommentar: Konservativ ist, was Menschen Ruhepole gibt

Christian Kunst
Christian Kunst Foto: Jens Weber

Christian Kunst zum Konservativen in der CDU

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In den vergangenen Wochen habe ich einige CDU-Politiker danach gefragt, was denn für sie konservativ ist. Die Antwort, die mich am meisten amüsiert hat, ist die von einem jungen Christdemokraten, dem Chef der Jungen Union, Philipp Mißfelder: „Wir verstehen unter konservativ, nicht links zu sein.“ Eine schwammige Vokabel mit einer anderen erklärt – ganz schön widersinnig. Es ist die Definition aus dem Mund eines Politikers, der offenbar große Probleme mit einer Gesellschaft hat, die sich nicht mehr in ein Links und ein Rechts dividieren lassen möchte. Damit ist er gedanklich so weit wie Oskar Lafontaine, der uns gern in den kuscheligen Sozialstaat der 1980er-Jahre zurückversetzen möchte.

Und völlig kurios wird es, wenn Mißfelder sein Bekenntnis zum Konservatismus auch noch mit der Renaissance von bürgerlichen Werten in der Jugend untermauern möchte – angeblich belegt durch die aktuelle Shell-Studie. Dieser ist aber zu entnehmen, dass sich die Jugendlichen zwar wieder der Politik zuwenden, aber doch nicht der Politik der Parteien, sondern der der Bürgerinitiativen sowie Umweltschutz- und Menschenrechtsgruppen. Parteien und Regierung rangieren bei ihnen im Ansehen ähnlich weit unten wie Banken oder große Unternehmen.

Und doch gibt es etwas in der Shell-Studie, das für die CDU und ihre konservativen Sprachrohre interessant sein könnte. Familien werden für die durchaus optimistische Generation in der Krise zu einem „sicheren sozialen Heimathafen“. In einer Gesellschaft, die jungen Menschen immer mehr Flexibilität und Anpassung an neue Gegebenheiten abverlangt, ist das Bedürfnis nach etwas Konstantem, ja Konservierendem, einem Ruhepol groß. Denn jeder Mensch trägt in sich den Drang zum Wandel, aber auch das Bedürfnis nach Kontinuität. Diesen Ruhepol Familie zu stärken, das könnte das neue Konservative in der CDU sein. Ob das links oder rechts ist, dürfte jungen Menschen egal sein, lieber Herr Mißfelder. Der Partei, die dieses Bedürfnis befriedigen kann, dürfte die Gunst der Jugend gehören.

E-Mail an: christian.kunst@rhein-zeitung.net