Es ist bemerkenswert, dass es im zurückliegenden Wahlkampf in einem Punkt einen Allparteienkonsens gab: mehr Polizisten. Die ideologisch gefärbten Schlachten um den Abbau der Polizei sind endgültig vorbei. Wo ein Gefühl der Unordnung wächst, erlebt der Ordnungshüter eine Renaissance.
Gregor Mayntz über die Polizei in Deutschland
15.000 neue Stellen stehen in den wichtigsten Wahlprogrammen als auffällig übereinstimmende Forderung. Dazu passt die überraschend große Zahl von Bewerbungen: Der Polizeiberuf ist als wichtig anerkannt und attraktiv bei vielen Tausend jungen Leuten.
Das klingt beruhigend. Aber dahinter tun sich Probleme auf. Denn eine über Jahre laufende Sparpolitik lässt sich nicht von heute auf morgen umkehren. Bis verlässliche Strukturen zur Bewältigung der gewachsenen Aufgaben mit qualifiziertem, gut ausgebildetem und bewährtem Nachwuchs gefüllt sind, vergehen Jahre, in den Führungsetagen sogar Jahrzehnte. Aber die Babyboomer-Generation hat auch unter der Polizeimütze graue Haare bekommen. So werden die Neueinstellungen in manchen Regionen und Bereichen gerade einmal ausreichen, die Vielzahl der bald aus Altersgründen ausscheidenden Beamten auszugleichen. Im Grunde müssten also noch sehr viel mehr Bewerber in Ausbildung genommen werden. Doch dafür reichen auch die Schulungskapazitäten nicht. Es rächt sich nun, was jahrelang als „schlanker Staat“ chic zu sein schien.
Außerdem hat der Föderalismus mit der Eigenverantwortung der Bundesländer für den Polizeidienst zu derart unterschiedlichen Besoldungssystemen geführt, dass die mobilsten und qualifiziertesten Bewerber gerade in den Regionen fehlen, in denen ohnehin schon nur noch ein Mangel verwaltet wird. Aus Bürgerperspektive aber gibt es kaum etwas Schlimmeres, als im Augenblick der Gefahr nicht auf die Präsenz der Polizei zählen zu können. Hier werden einzelne Länder kräftig nachlegen müssen.