Rheinland-Pfalz

An Feuerwehrfahrzeugen entzündet sich Konflikt: Zu viel Bürokratie für Zuschüsse?

Von Christian Schultz
Die Feuerwehr fordert den Abbau von Bürokratie beim der Förderung von neuen Fahrzeugen. (Symbolfoto)
Die Feuerwehr fordert den Abbau von Bürokratie beim der Förderung von neuen Fahrzeugen. (Symbolfoto) Foto: Kevin Ruehle

Waldbrände und Starkregen – Feuerwehren sind zunehmend gefordert. Entsprechend wichtig ist gute Ausrüstung. Kritiker halten die Bezuschussung des Landes beim Kauf von Fahrzeugen für zu bürokratisch.

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Von Tragkraftspritzenfahrzeug bis Mannschaftstransportwagen – der Fuhrpark von Feuerwehren kann kostspielig sein und die vielerorts in Rheinland-Pfalz klammen kommunalen Kassen belasten. Umso wichtiger sind Landeszuschüsse für den Kauf neuer Fahrzeuge. Kritiker halten das Prozedere für zu bürokratisch, teils gar kontraproduktiv.

In Rheinland-Pfalz sind vom Innenministerium Festbeträge definiert. Die bestimmen, mit welchen Zuwendungen eine Kommune für einen bestimmen Fahrzeugtyp maximal rechnen kann. Anträge bearbeitet die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier, sie ist auch für die Überweisung von Geld zuständig. Am Ende einer vom Ministerium erstellten Übersicht zu geltenden Festbeträgen heißt es, über die jeweilige Norm beziehungsweise technische Richtlinie hinaus seien in Rheinland ergänzende Anforderungen zu beachten.

Lange Bearbeitungszeiten

Solche landesspezifischen Anforderungen stoßen bei manchem auf Kritik. Der Brand- und Katastrophenschutzinspekteur (BKI) des Kreises Bernkastel-Wittlich, Jörg Teusch, spricht von sehr starren Vorschriften in Rheinland-Pfalz. Außerdem dauere es sehr lange, bis ein Zuschuss des Landes bei einer Kommune ankomme, bis dahin müsse vorfinanziert werden.

Dass sich Auszahlungen von Zuwendungen über Jahre hinziehen können, zeigt ein der Deutschen Presse-Agentur vorliegendes Schreiben der ADD an die Verwaltung der Verbandsgemeinde Wittlich-Land. In dem geht es um ein Tragkraftspritzenfahrzeug für den Standort in dem Ort Gipperath, ein Fahrzeug mit einer entnehmbaren Kreiselpumpe zur Brandbekämpfung. Die Rede ist von zuwendungsfähigen Kosten von 61 000 Euro, die ADD sagt eine Unterstützung von 24 500 Euro zu. Aufgelistet wird, wann welche Beträge überwiesen werden: 2023 knapp 11 200 Euro, 2024 bis 2026 dann jeweils 4438 Euro.

Der Antrag dafür sei bereits 2017 gestellt worden, sagt der CDU-Landtagsabgeordnete Dennis Junk, der früher Bürgermeister der Verbandsgemeinde Wittlich-Land war. 2019 sei das Fahrzeug geliefert worden. Die kommunale Seite müsse jahrelang Geld vorstrecken. Das könne in Zeiten wieder steigender Zinsen eine Herausforderung sein.

Feuerwehrverband hört Klagen an der Basis

Teusch aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich sagt, Rheinland-Pfalz habe im Vergleich zu anderen Bundesländern eng gefasste Vorgaben. Das habe sich auch bei Herstellern von Sonderfahrzeugen herumgesprochen. „Da gibt es mittlerweile den Spruch: Das ist auch in Rheinland-Pfalz förderfähig“, sagt Teusch. Ein Vertriebsmitarbeiter eines Herstellers, der nicht genannt werden möchte, sagt, Rheinland-Pfalz stehe sich manchmal selbst im Weg. Klar müssten Feuerwehrfahrzeuge gewissen Vorgaben entsprechen, aber von einer strikten Kopplung an teils seit Jahren nicht mehr geänderte Bundesnormen hält er wenig.

In einem Antrag der oppositionellen CDU-Fraktion im Landtag, der vergangene Woche im Plenum abgelehnt wurde, heißt es: Über Bundesnormen hinausgehende landesspezifische Sondervorschriften für Feuerwehrfahrzeuge hemmten und verteuerten die Beschaffung, Rheinland-Pfalz nehme mit seinen Sonderanforderungen eine in der Bundesrepublik einmalige Stellung ein. Das Förderwesen müsse einfacher werden, Kommunen sollten pauschale, nicht auf Einzelfahrzeuge bezogene Zuweisungen bekommen.

Auch Michael Klein, Landesgeschäftsführer des Landesfeuerwehrverbandes Rheinland-Pfalz, hört von der Basis, wie er es nennt, immer wieder Klagen über das Förderwesen. Dabei gehe es auch darum, dass es hierzulande komplizierter als anderswo sei. „Das nehmen wir ernst und setzen uns gegenüber der Landesregierung intensiv für Verbesserungen ein“, sagt er.

Sondergenehmigung für Frontwerfer

Auch Teusch ist dafür, von fahrzeugbezogenen Zuwendungen des Landes wegzukommen. Kommunen sollten Bedarfspläne mit der ADD abstimmen und im Rahmen dieser mehr Freiheiten haben. „Der Gestaltungsspielraum bei der Ausstattung muss flexibler werden“, sagt er. In Ludwigshafen seien Gefährdungen andere als in der Eifel.

Alexander Ditz, Wehrleiter aus der Verbandsgemeinde Kandel im Süden von Rheinland-Pfalz, berichtet von einer wahren Odyssee beim Kauf eines neuen Tanklöschfahrzeuges. Man habe ein etwas günstigeres Vorführfahrzeug gefunden, sagt er. An der Stoßstange sei ein fernsteuerbarer Frontwerfer gewesen, eine Spritze. Die sei in anderen Bundesländern kein Problem, hierzulande aber nicht abgenommen worden. Es sei zunächst verlangt worden, den Frontwerfer entfernen zu lassen. „Ich sollte das Fahrzeug technisch schlechter machen und dafür auch noch Geld ausgeben“, sagt Ditz. Viele Schreiben später habe er eine Sondergenehmigung bekommen. So ein „Kampf“ sei vermeidbar.

Das Innenministerium verteidigt das Vorgehen des Landes. Abweichungen von der Norm könnten anerkannt werden, seien aber im Einzelfall vom Aufgabenträger, der Kommune, zu begründen. „Wir wollen Normen, Standards und Vergleichbarkeit“, heißt es. Das sei für Planungen über Kommunen hinaus ein großer Vorteil. Gesonderte landesspezifische Richtlinien gebe es lediglich bei einigen Fahrzeugen, für welche keine bundesweite Norm bestehe. Darunter fielen allerdings auch häufig genutzte Ausrüstung wie Mannschaftstransportwagen oder eine Gerätewagen-Tragkraftspritze.

Ministerium: Regelungen sollen Hilfestellung sein

Zusätzliche Regelungen betrachtet das Ministerium nicht als Hemmnis, sondern als Hilfestellung. Aufgabenträger müssten so Anforderungskataloge für Fahrzeuge nicht individuell zusammenstellen. „Dies würde für sie höheren Aufwand in der Beschaffung und eine geringere Wirtschaftlichkeit bedeuten.“ Es verweist auch auf weitere Investitionen des Landes in den Brand- und Katastrophenschutz wie beim Kauf von je einem geländegängigen Tanklöschfahrzeug für alle acht Leitstellenbereiche. Diese Beschaffung gehe auf eine Arbeitsgruppe „Wald- und Vegetationsbrandbekämpfung“ zurück, die mit den Aufgabenträgern gegründet worden sei, erklärte das Ministerium im Juni 2023.

Auch an anderer Stelle werde zentral durch das Land beschafft, zum Beispiel bei Abrollbehältern, also Containern voller Technik, die mit einem geeigneten Fahrzeug zu einem Brandort gebracht werden können. Innenminister Michael Ebling (SPD) sagte jüngst im Landtag, in Rheinland-Pfalz würden die Feuerwehren auf vielfältige Weise unterstützt, durch Zuschüsse für die Aufgabenträger und indem das Land übergreifend Aufgaben übernehme. Die Aufgaben des Brand- und Katastrophenschutzes veränderten sich gravierend, es stehe ein echter Paradigmenwechsel an. Bei dem dürfe es nicht nur um einzelne Zuwendungsrichtlinien gehen. Dennoch würden im Zuge der Neuaufstellung des Katastrophenschutzes auch Förderrichtlinien angeschaut.