Je länger die Mainzer Integrationsministerin Anne Spiegel (Grüne) im Amt ist, desto höher wächst der Berg ihrer Probleme. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Grünen mit einem Tagesordnungstrick verhindern, dass ihre Ministerin mal nicht ins parlamentarische Feuer geschickt werden muss. Es kann ihr auch nur bedingt helfen, wenn inzwischen andere Minister für sie im Landtag ans Pult gehen müssen.
Ursula Samary zur Politik der Integrationsministerin
Denn Spiegel hat das Talent, sich mit ihrem Politikverständnis mit wichtigen Institutionen anzulegen: Die notwendige Sicherheit im Abschiebegefängnis wird lange ignoriert. Die Caritas Speyer erhält erst eine Antwort auf Schreiben (und Geld für Flüchtlinge), wenn sie mit Klage droht und sich Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) einschaltet. Landkreise müssen Monate auf Millionen von Euro für minderjährige Flüchtlinge warten. Ausländerbehörden erleben verunsichert, wie sich Spiegels grüne Fachaufsicht das Recht nimmt, gerichtlich ausdrücklich als rechtens eingestufte Abschiebeentscheidungen per Bleiberechtsorder zu unterlaufen oder versucht, mit schneller Wiedereinreise zu heilen. Und Richter registrieren irritiert, dass sie womöglich für den Papierkorb arbeiten und nicht mehr ernst genommen werden
Dass jetzt dem Präsidenten von Verfassungsgerichtshof und Oberverwaltungsgericht, Lars Brocker, der Kragen platzt, kann Spiegel nur verwundern, wenn sie die Gewaltenteilung zwischen Regierung und Justiz im demokratischen Rechtsstaat nicht versteht. Dass der Topjurist bereits vor Monaten intern bei einer Sicherheitskonferenz massiv darauf gedrängt hat, Urteile nicht ideologisch umzuinterpretieren, hätte sie warnen müssen. Wenn Spiegel denkt, Brocker werde sich nun in einen Stuhlkreis begeben, um alles nett zu bereden, dann ist dies gelinde gesagt reichlich naiv. Es könnte aber auch davon zeugen, dass sie ein Problem mit ihrem Staatsverständnis hat. Durchregieren – diese Zeiten sind längst vorbei. Spiegel wird zum Problem für die Ampelregierung. Dass die von ihr im Kabinett so gewünschten Solidaritätsadressen ausbleiben, zeigt mit lautem Schweigen: SPD und FDP haben dies längst erkannt.