Von Büro bis Blechbüxx

Ziemlich ungewöhnlich - gerade für ein Weingut: So sieht es bei Matthias Müller in Spay im Mittelrheintal aus. Das kreative Werk stammt von Dipl.-Ing. Michael Thillmann, Koblenz.
Ziemlich ungewöhnlich - gerade für ein Weingut: So sieht es bei Matthias Müller in Spay im Mittelrheintal aus. Das kreative Werk stammt von Dipl.-Ing. Michael Thillmann, Koblenz. Foto: Matthias Schmidt

Beim Spazieren einen Blick in den fremden Garten werfen oder bei der neuen Schulmensa mal durchs Fenster lugen – mehr Einblicke sind meist in fremde Häuser und Einrichtungen nicht zu erhaschen. Beim Tag der Architektur ist das anders.

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Dann öffnen 80 ungewöhnliche und neue Gebäude im ganzen Land ihre Türen und zeigen, was in ihnen steckt, architektonisch – und energetisch. Denn diesmal lautet das Motto „Energie!“. An diesem Wochenende ist es wieder so weit. Im Zentrum der Veranstaltung stehen energetische Sanierungen sowie Passiv- und Niedrigenergiehäuser, die Besucher besichtigen können.

Energie und Gestaltung – beides will die Architektenkammer Rheinland-Pfalz, die den Tag bereits vor 18 Jahren initiiert hat, als Gesamtsystem verstanden wissen. „Wird an der einen Schraube gedreht, verändern sich auch andere Parameter“, erklärt die Geschäftsführerin der Kammer, Annette Müller. So zeigen Architekten an diesem Wochenende auch, wie etwa Solarthermie oder Dämmung im Einklang mit gestalterischen Aspekten funktionieren kann: „Eingebunden statt draufgeschraubt“, bringt es Müller auf den Punkt. Für sie ist ein besonders gelungenes Beispiel ein Wohnhaus, das im Winzerdorf Reil an der Mosel zu besichtigen ist. Bei Neubauten ist der Energiestandard laut Müller inzwischen oft sehr hoch. Deshalb sind die Lösungen bei den sanierten Gebäuden besonders interessant, findet sie und verweist unter anderem auf ein Gründerzeithaus in der Kaiserslauterer Innenstadt. Wer sanieren, bauen oder kaufen will, der kann sich beim Tag der Architektur Anregungen holen und sich vor Ort auch mit Architekten und Bauherren unterhalten. „Viele, die im Entscheidungsprozess sind, nutzen den Tag und fahren rum“, weiß Annette Müller.

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Die „Blechbüxx“ steht direkt neben einer 100-KV-Überlandleitung in Hilgert (Westerwaldkreis). Wegen der elektromagnetischen Felder ist das Haus gegen Strahlung abgeschirmt. Die Metallhülle ist dabei aber auch zum außergewöhnlichen Gestaltungsmittel geworden. Zuständig war Dipl.-Ing. Jörg Reith, Fgs GmbH Montabaur.
Foto: Josef Mathar

Ungewöhnliches soll beim Tag der Architektur einmal jedem zugänglich sein. „Zeitgenössisches Bauen mit einem freien Architekten ist im Wohnungsbau gar nicht so weit verbreitet“, erläutert Müller. Der Tag der Architektur will es deshalb erlebbar machen.

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Der „Jardins surprises“ in der Bingener Hafenstraße. Verwirklicht wurde das Garten-Projekt von Dipl.-Ing. Stefan Laport.
Foto: Stefan Laport

Zu den künftigen Bauherren, die sich für die Häuser und Gärten interessieren, kommen natürlich die Architekturinteressierten. 10 000 Besucher zählten die Veranstalter in den vergangenen Jahren im Schnitt.

Sonnig: Der Kindergarten in Rhens am Rhein wurde energetisch saniert. Entstanden ist das Gebäude im Architektenbüro von Jens J. Ternes.
Sonnig: Der Kindergarten in Rhens am Rhein wurde energetisch saniert. Entstanden ist das Gebäude im Architektenbüro von Jens J. Ternes.
Foto: Jens. J. Thernes

Dieses Mal können sie so viele Häuser anschauen wie noch nie – es gibt 80 Teilnehmer, die eine Jury ausgewählt hat. Bislang waren es meist nur zwischen 60 und 65 gewesen. „Meine These ist: 2011 wurde sehr viel gebaut, da hatten die Architekten viel zu tun“, erläutert Annette Müller den Rekord.

Besucher können Wohnhäuser genauso entdecken wie Kindertagesstätten, Weingüter, eine Sporthalle oder Büros und eine Kirche. Sogar eine Toilettenanlage am Koblenzer Rheinufer ist dabei.

Und auch besonders Ungewöhnliches ist mit auf dem Programm: das Besucherzentrum Mosellum-Erlebniswelt Fischpass Koblenz etwa: Durch drei große Fenster lassen sich darin Fische im neuen Fischpass beobachten. Oder die Blechbüxx in Hilgert: ein Haus, das komplett gegen die Strahlung der 100 KV-Überlandleitung abgeschirmt wurde.

Von unserer Reporterin Stefanie Helsper

Mehr Infos zum Programm unter www.diearchitekten.org