RZ-Serie „Schlagabtausch“: Windenergie: Kommt der Naturschutz zu kurz?

Von Eveline Lemke

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Von Eveline Lemke

Die Energiewende ist ein Generationenprojekt, das die Landesregierung bereits entschlossen angegangen ist. Sie lässt sich aber nicht durch das Umlegen eines Schalters in wenigen Jahren umsetzen und ist nicht zum Nulltarif zu haben. Der Umbauprozess ist groß und verlangt allen Beteiligten viel ab, denn die Energiewende wird letztendlich von den Bürgern, den Kommunen und den Wirtschaftsunternehmen umgesetzt. Ich als Wirtschaftsministerin entwerfe den Rahmen, der dann vom Landtag beschlossen wird, und wir stecken die Ziele ab. Bis zum Jahr 2030 soll der Verbrauch in Rheinland-Pfalz bilanziell zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien gedeckt werden. Auch auf der Seite der Verbraucher gibt es viel zu tun: Wer sauberen Strom haben will, sollte zu einem Versorger wechseln, der das anbietet. Die größten Potenziale liegen jedoch in der Energieeinsparung und dem effizienten Umgang mit Energie. In beiden Fällen geht es nicht nur um technische Lösungen, sondern es hat mit dem Verhalten jedes Einzelnen zu tun.

Die Landesregierung hat sich bei der Erstellung ihres Energiekonzepts stark am Konzept des rheinland-pfälzischen BUND orientiert. Beiden Energiekonzepten liegt eine grundlegende gemeinsame Annahme zugrunde: ein Paradigmenwechsel bei der Erzeugung – weg von Atom und Kohle und hin zu Erneuerbaren Energien. Daher ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien – und hierbei insbesondere der Windkraft – alternativlos, sonst droht der Bau neuer fossiler Kraftwerke. Wer erinnert sich nicht an die heftigen Diskussionen um den geplanten Bau eines Kohlekraftwerks in Mainz in den Jahren 2007 bis 2009? Dort wurden zu Recht enorme Umwelt- und Artenschäden befürchtet. Zwei Drittel der Erneuerbaren Energien sollen in Zukunft durch Windkraft erzeugt werden. Dies bedeutet im Vergleich zur heutigen Windenergieerzeugung im Land eine Verfünffachung der installierten Leistung auf etwa 7500 Megawatt. Das entspräche in etwa der installierten Leistung von acht Atomkraftwerken.

Aber Achtung: Wer meint, deswegen steige die Anzahl der Windenergieanlagen sehr stark an, liegt falsch. Ein maßvoller Neubau von Windrädern vor allem in Lagen, in denen der Wind stark weht, und das Ersetzen bestehender Windkraftanlagen durch solche mit größerer Effizienz (Repowering) sollten dazu führen, dass wir am Ende nicht mehr als 2 Prozent der Landesfläche für Windkraft benötigen, um die Energiewende in Rheinland-Pfalz zu schaffen. Wir brauchen außerdem eine Kooperation zwischen den Kommunen, sodass alle vom Windenergieausbau profitieren können, selbst wenn auf ihrem Gemeindegebiet keine Anlagen gebaut werden.

Anders als oft von den Gegnern der Windkraft vorgebracht, stehen Natur- und Artenschutz dabei nicht im Gegensatz zum Ausbau der Windenergie. Es kommt vielmehr auf eine planvolle Lenkung an, die die Schutzziele des Arten- und Umweltschutzes – genau wie beispielsweise die Lärmschutzinteressen der Bürger – mit den Ausbauzielen von Erneuerbaren Energien in Einklang bringt.

Um zukünftig Planungsfehler zu vermeiden, wird derzeit das Landesentwicklungsprogramm IV fortgeschrieben, das die raumordnerischen Grundlagen für mehr Windkraft im Land schafft, durch das aber auch die natürlichen Lebensgrundlagen langfristig gesichert werden. Um die Erfordernisse des Naturschutzes zu berücksichtigen, werden bestehende und geplante Naturschutzgebiete, Kernzonen der Biosphärenreservate und Nationalparke ausdrücklich von einer Inanspruchnahme für Windkraftanlagen ausgenommen. Damit werden die wichtigsten naturschutzfachlichen Schutzerfordernisse angemessen berücksichtigt.

Ferner können in Natura-2000-Gebieten und in den Kernzonen der Naturparke nur nach einer jeweiligen einzelfallbezogenen Überprüfung Standorte für Windenergieanlagen geplant werden. Daneben wird die Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms IV gemäß den gesetzlichen Vorgaben einer strategischen Umweltprüfung unterzogen. Bestandteil dieser Prüfung ist auch die Untersuchung der Auswirkungen auf den Natur- und Artenschutz. In der Folge der Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms IV werden durch die Regionalpläne der vier Planungsgemeinschaften und die kommunalen Bauleitpläne die Vorgaben umgesetzt. Dabei werden auch die sonstigen naturschutzfachlichen Rechtsvorschriften beachtet. Dies gilt auch für die Genehmigungsverfahren zur Errichtung einzelner Windenergieanlagen. All das bedeutet: Spätestens im Genehmigungsverfahren wird jedes Windenergieanlagen-Projekt gestoppt, das naturschutz- und artenschutzrechtliche Belange verletzt.

Auch soziale und wirtschaftliche Gründe sprechen für den raschen, verstärkten Ausbau der Windenergie. Die im Binnenland erzeugte Windenergie ist – zusammen mit der Wasserkraft – derzeit die mit Abstand preisgünstigste Erneuerbare Energie.

Fotovoltaik wird in circa zwei Jahren ebenfalls dieses preisgünstige Niveau erreicht haben. Das sichert auch langfristig stabile Strompreise und sorgt für Wertschöpfung und Arbeitsplatzsicherung im Land, was erklärtermaßen wichtige Ziele der Landesregierung sind.

Abschließend bleibt festzuhalten: Die ehrgeizigen Ziele der Landesregierung sind im Einklang mit energiepolitischen und naturschutzpolitischen Erfordernissen zu erreichen. Eine Alternative dazu gibt es nicht.