Rheinland-Pfalz

Lebensmittel: Wieder harte Probe für Fleischliebhaber

Die rund 120 Lebensmittelkontrolleure in Rheinland-Pfalz sind alarmiert. Ein weiterer Fleischskandal rollt durch Deutschland und ist in Rheinland- Pfalz bereits angekommen. Zwei Händler im Norden und im Süden des Landes bekamen zwischen Januar 2011 und Mitte Februar 2013 Lieferungen jenes niederländischen Unternehmens, das 50 000 Tonnen Fleisch falsch etikettierte.

Lesezeit: 2 Minuten
Anzeige

Die rheinland-pfälzischen Kontrolleure stehen mit diesen Händlern in Kontakt und werden vor Ort, in den Tiefkühlhäusern, Proben entnehmen, die dann auf Pferde-DNA getestet werden. Das Verfahren ist aufwendig und dauert etwa einen Arbeitstag. Bislang wurde in Rheinland- Pfalz noch kein falsch deklariertes Pferdefleisch gefunden.

Das könnte sich in den nächsten Tagen ändern. Die Fleischbestände der zwei Betriebe wurden vorsorglich für den Verkauf gesperrt. „Die Händler können ihre Waren zurückschicken oder vernichten“, sagte die Sprecherin des Landesuntersuchungsamtes, Kerstin Stiefel, unserer Zeitung. Reklamation von Produkten ist auch für die Verbraucher eine gute Option, sagt Iris Brenner von der Verbraucherzentrale Rheinland- Pfalz. Sobald es Informationen zu den betroffenen Produkten und den belieferten Lebensmittelläden gibt, wollen die rheinland-pfälzischen Verbraucherschützer Listen im Internet veröffentlichen.

„Es muss niemand beunruhigt sein. Aber wir empfehlen, die Lebensmittel zu reklamieren“, erklärt Brenner. Pferdefleisch an sich ist unproblematisch. Allerdings könnten die geschlachteten Tiere zuvor mit bedenklichen Tierarzneimitteln behandelt worden sein. In Deutschland werden alle Lebensmittelproben mit Verdacht auf nicht ausgewiesenen Pferdefleischanteil auf den Wirkstoff Phenylbutazon untersucht. Dieses Medikament kann schwere Nebenwirkungen hervorrufen.

„Da Pferdefleisch bisher nur beigemischt wurde, wären die Mengen der Arznei wahrscheinlich derart gering, dass sie keine Auswirkungen auf die Gesundheit hätten“, erklärt Iris Brenner. Von bisher 116 durchgeführten Tests in Deutschland fielen alle negativ aus. „Selbst wenn sich herausstellt, dass in den Produkten der zwei Händler in Rheinland- Pfalz Pferdefleisch enthalten ist, wird die größte Menge wahrscheinlich schon gegessen und verdaut sein“, sagt Kerstin Stiefel.

Auch die Verbraucherschützerin Iris Brenner gibt Entwarnung: „Wer jetzt schon etwas von dem betroffenen Fleisch gegessen hat, braucht sich keine Sorgen zu machen.“ Für lang haltbare Lebensmittel empfiehlt die Expertin, mit dem Verzehr noch zu warten, bis alle Produkte untersucht sind. Unterdessen ermitteln die niederländischen Behörden weiter gegen den Händler Willy Selten aus Brabant. Das Unternehmen steht schon länger im Visier der Kontrolleure: Als im Februar in Europa Pferdefleisch in Lasagne und Hackbällchen gefunden wurde, war auch er unter den Verdächtigen. Tatsächlich fanden die Kontrolleure am 15. Februar in zwei seiner Proben Pferdefleisch. Der Unternehmer sprach von einem menschlichen Fehler.

Im Mai 2012 war bei der Firma in einer Probe ein für den menschlichen Verzehr verbotenes Schmerzmittel entdeckt worden. Deshalb gilt es als theoretisch möglich, dass der Betrieb Pferdefleisch beimischte, das schädliche Stoffe enthielt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Unternehmer wegen Betrug, Urkundenfälschung und Geldwäsche. Sein Anwalt kündigte gerichtliche Schritte gegen die Kontrollbehörde an. Das niederländische Fernsehen berichtete, schon im Dezember hätten Mitarbeiter der Kontrollbehörde gemeldet, dass Selten billiges Pferdefleisch mit Rind vermische und als reines Rindfleisch verkaufte.

Offenbar versprach er sich davon eine Rettung seines Betriebes, der laut Medienberichten vor der Insolvenz steht. Die 125 Mitarbeiter – zum Großteil Polen – warten demnach auf ihre Märzgehälter. Angeblich steht die Fabrik seit Wochen leer. Die EU-Kommission arbeitet unterdessen an Vorschlägen gegen Fleisch-Betrug. Demnach sollen Strafen für Betrüger so hoch sein können wie die Gewinne, die sie durch ihr Fehlverhalten machen, hieß es gestern aus der EU-Exekutive. Auch eine striktere Kennzeichnung wird immer lauter gefordert.

Von Stefan Hantzschmann und Anja Ingenrieth