London/Berlin

Für die Kirchen reicht das gute Gewissen allein nicht

Für die Kirchen reicht das gute Gewissen allein nicht
Solche Bilder sollen selten werden: Mit ihrer Geldanlage wollen die Kirchen unter anderem Kinderarbeit verhindern. Foto: dpa

Das Beispiel könnte Schule machen: Die anglikanische Kirche hat sich dazu entschieden, ihre Anteile am britischen Bergbaukonzern Vedanta Resources Plc. im Wert von 3,8 Millionen Pfund zu verkaufen – weil sie mit der Geschäftspolitik des Unternehmens nicht einverstanden ist. Vorausgegangen waren Verhandlungen mit dem Minenbetreiber über die Praktiken an dessen indischen Standorten. Sie brachten aus Sicht der Kirche „keine substanziellen Ergebnisse“. Der Umgang des Unternehmens mit der dortigen Bevölkerung entspreche nicht den kirchlichen Leitlinien für ethisches Investment. Ganz gezielt ü

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London/Berlin – Das Beispiel könnte Schule machen: Die anglikanische Kirche hat sich dazu entschieden, ihre Anteile am britischen Bergbaukonzern Vedanta Resources Plc. im Wert von 3,8 Millionen Pfund zu verkaufen - weil sie mit der Geschäftspolitik des Unternehmens nicht einverstanden ist. Vorausgegangen waren Verhandlungen mit dem Minenbetreiber über die Praktiken an dessen indischen Standorten. Sie brachten aus Sicht der Kirche „keine substanziellen Ergebnisse“. Der Umgang des Unternehmens mit der dortigen Bevölkerung entspreche nicht den kirchlichen Leitlinien für ethisches Investment.

Ganz gezielt über Geldanlage oder eben -entzug die Unternehmen beeinflussen: Was in angloamerikanischen Ländern längst gang und gäbe ist, versuchen Kirchenvertreter nun auch hierzulande zu etablieren. Mit ihrem Anlagevolumen und ihrem Ansehen als ethische Instanz könnten die kirchlichen Anleger einen Faktor darstellen, den auch vorrangig gewinnorientierte Unternehmensvorstände im Blick behalten müssen, wird in einem Papier der katholischen Deutschen Bischofskonferenz argumentiert.

Soll heißen: Ein gutes Gewissen beim Investment zu haben, genügt nicht - mit dem Hebel Geld ist mehr zu erreichen. Beispielsweise lässt sich der Aktienkurs eines Unternehmens beeinflussen. Das klingt fast so, als wollten die Kirchen jetzt das Werk von Großinvestoren übernehmen, um Firmen zu belohnen oder zu bestrafen. Eine Beteiligung kann auch Türöffner sein, um das Gespräch mit den Chefs zu suchen - hilft alles nichts, dann setzt der „ethikbezogene“ Anleger eben auf öffentlichen Druck. Das anglikanische Vorbild ist unverkennbar.

Bei der anderen großen christlichen Konfession ist Ähnliches geplant. Laut Thomas Begrich, Leiter der Finanzabteilung der Evangelischen Kirche in Deutschland, sollen künftig EKD, Landeskirchen, Diakonie, Versorgungskassen und kirchliche Banken als Investoren abgestimmt auftreten - etwa durch einheitliche Ausübung des Stimmrechts bei Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften. „Angenommen, evangelische Institutionen halten an einer Aktiengesellschaft zehnmal 0,5 Prozent. Dann können wir wesentlich stärker auftreten, wenn wir die 5 Prozent zusammenfassen.“

Begrich betont allerdings auch: Ethische Investments sind nur die „kleine Lösung“. „Die viel größere Aufgabe besteht darin, die Marktwirtschaft von den Auswüchsen des Kapitalverkehrs zu entkoppeln.“ In dieselbe Richtung zielt Sozialphilosoph Bernhard Emunds auf katholischer Seite: „Die ethikbezogene Geldanlage ist kein Ersatz für politisches Engagement.“