Warschau

Deutsche und Polen nah wie nie – Vertrauen prägt Verhältnis

Gute Grundlage: Angela Merkel und Polens Donald Tusk.
Gute Grundlage: Angela Merkel und Polens Donald Tusk. Foto: dpa

Es waren herzliche Worte, mit denen sich Polens Regierungschef Donald Tusk nach den deutsch-polnischen Regierungskonsultationen in Berlin verabschiedete. „Ich kehre beruhigt nach Polen zurück“, sagte Tusk, „es ist gut zu wissen, dass man Freunde um sich hat, das gibt Kraft und Selbstbewusstsein.“

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Warschau. Es waren herzliche Worte, mit denen sich Polens Regierungschef Donald Tusk nach den deutsch-polnischen Regierungskonsultationen in Berlin verabschiedete. „Ich kehre beruhigt nach Polen zurück“, sagte Tusk, „es ist gut zu wissen, dass man Freunde um sich hat, das gibt Kraft und Selbstbewusstsein.“

Mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe er viele gemeinsame Aspekte gefunden, an denen beide Länder innerhalb der EU arbeiten wollen. Hintergrund: Warschau fürchtet, dass die Briten unter Premier David Cameron die Beratungen über den EU-Etat vorziehen und drastisch auf die Sparbremse treten wollen. Polen und Deutschland aber zählen innerhalb der EU zu den Ländern, die trotz Krise finanziell stabil sind. So ziehen die beiden Nachbarländer heute an einem Strang.

Genau 40 Jahre nach dem Kniefall ist es Teil der politischen Normalität, dass ein polnischer Regierungschef die Deutschen als Freunde bezeichnet. Mittlerweile käme auch in Polen niemand mehr auf die Idee, Donald Tusk für solche Äußerungen zu kritisieren. Denn die Beziehungen zwischen beiden Ländern waren wahrscheinlich noch nie so gut wie jetzt. Das liegt auch an der umsichtigen Politik, die der Liberale Tusk und sein einstiger Parteigenosse, Staatspräsident Bronislaw Komorowski, gegenüber Berlin fahren.

Der Weg dahin war weit. Noch 1990, als die Deutsche Einheit vollzogen wurde, sahen die Polen mit Beklemmung auf den plötzlich erstarkten Nachbarn. Eine Umfrage von damals zeigt, dass 85 Prozent der Meinung waren, ein vereintes Deutschland bedeute eine größere Bedrohung für Polen. Mittlerweile hat sich das Deutschlandbild gewandelt. Eine aktuelle Befragung ergab, dass nur noch 14 Prozent der Polen sich von den Deutschen bedroht fühlen. Vor allem die Einbeziehung Polens in die EU habe den Polen nach den traumatischen Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs das Vertrauen in die Deutschen zurückgebracht, sagt der polnische Gesellschaftspsychologe Janusz Czapinski.

Doch gibt es auch heute noch Themen, die die Polen als problematisch im Verhältnis zu Deutschland empfinden. So sorgen sich 44 Prozent der Befragten über mögliche Klagen von Vertriebenen zur Rückgabe von Grundeigentum in den ehemaligen deutschen Ostgebieten, obwohl sich die Bundesregierung kategorisch von solchen Forderungen distanziert hat und auch der Europäische Menschengerichtshof eine entsprechende Klage abschmetterte. Für jeden dritten Polen bleibt das geplante Zentrum gegen Vertreibungen ein Konfliktpunkt. Die Aufregung über das Projekt in den polnischen Medien hat sich aber seit dem Rückzug von Erika Steinbach merklich gelegt.

Von unserer Osteuropa-Korrespondentin Doris Heimann