„Peinlich, aber nicht schlimm“: Britische Reaktionen zu Wikileaks-Enthüllungen

London. Das englische Universalmotto für schwierige Situationen – „Bleib‘ ruhig und mach‘ weiter“ – bleibt auch im Zeitalter der globalen Internet-Skandale gültig.

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Von unserem Londoner Korrespondenten Alexei Makartsev

Während gestern das britische Außenministerium die „unerlaubte Veröffentlichung von Geheiminformationen“ als eine „Gefährdung der nationalen Sicherheit“ verurteilte, dürften die meisten Diplomaten und Regierungsmitglieder in London eher über die amerikanische Riesenpanne gelächelt als sich die Haare gerauft haben. Dies umso mehr, als das Vereinigte Königreich als einer der wichtigsten Partner der USA bei der Enthüllungsflut von „Wikileaks“ bislang recht glimpflich davonkommt.

Die am schwersten wiegenden Indiskretionen betreffen zwei Politiker aus der zweiten Reihe und ein Mitglied der Königsfamilie, das die „Daily Mail“ als Prinz Andrew identifiziert haben will. Der 50-jährige Sohn der Queen soll sich auf einer Reise als Handelsrepräsentant angeblich „ungebührende Bemerkungen“ über ein anderes Land erlaubt haben. Details sind nicht bekannt.

Was die Politiker angeht, so soll ein namentlich nicht genannter Ex-Labour-Minister früher Frauen in seinem Büro belästigt haben. Der andere Abgeordnete – es ist der jetzige Minister für Internationale Hilfe, Alan Duncan – war laut „Wikileaks“ für die Amerikaner als schwuler Freund des Außenministers William Hague interessant.

Dabei scheinen die US-Spione nicht viel über Duncan erfahren haben. „Peinlich, aber nicht schlimm“ – so lautet der Konsens der Medien über die Offenbarungen im Londoner „Guardian“, der gestern seine Rolle im Skandal verteidigt hat. „Es gehört nicht zu unserem Job, die Mächtigen vor Blamagen zu schützen. Alles, was im Namen der Demokratie geschieht, muss die Öffentlichkeit interessieren“, kommentierte das Blatt. Der „Daily Telegraph“ nannte die Enthüllungen „sehr amüsant“, aber „unwichtig und folgenlos für die Geopolitik“. Dagegen warnte die „Times“ vor den Folgen des Skandals für die Diplomatie: „Respekt, Vertrauen, Ehre und Freundschaft sind irreparabel beschädigt. Niemand wird den USA zukünftig Geheimnisse anvertrauen“.