Rheinland-Pfalz soll bis spätestens 2040 klimaneutral werden. Der dafür nötige Ausbau der Windenergie ist bislang nicht erkennbar. Jetzt werden die Regeln für den Mindestabstand der Windkraftanlagen zu Siedlungen geändert.
16 neue Windräder sind im vergangenen Jahr in Rheinland-Pfalz errichtet worden – zehn weniger als 2020. Das passt nicht zum Ziel der Klimaneutralität bis spätestens 2040, das sich die Landesregierung vorgenommen hat. Die im Koalitionsvertrag angestrebte Verdopplung der Stromerzeugung aus Windkraft bis 2030 mit einem Zubau von 500 Megawatt jährlich ist bisher nicht erkennbar – im vergangenen Jahr waren es gerade 60 Megawatt (MW), die zusätzlich hinzugekommen sind. Ein Jahr zuvor waren es noch 88 MW.
Insgesamt liegt die Leistung aus der Windenergie in Rheinland-Pfalz jetzt bei 3814 Megawatt. „Das sind erbärmliche Ausbauzahlen, die müssen wir steigern“, sagt der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Bernhard Braun. Hoffnung schöpft er aus der im Koalitionsvertrag vereinbarten Änderung der Abstandsregeln. Bislang dürfen Windenergieanlagen nur in einem Mindestabstand von einem Kilometer zu Wohngebieten errichtet werden, bei mehr als 200 Meter hohen Windrädern sind es 1,1 Kilometer.
900 Meter Abstand zwischen Windrad und Wohnhaus Pflicht
Künftig sollen es 900 Meter sein, unabhängig von der Höhe. Bei der Errichtung neuer Anlagen an bereits genehmigten Standorten, dem sogenannten Repowering, sollen unter bestimmten Voraussetzungen 720 Meter möglich sein. Die Verordnung dazu, offiziell als vierte Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms (LEP) IV bezeichnet, sei momentan in der Ressortabstimmung, teilt das zuständige Innenministerium mit. Es werde angestrebt, dass sich das Kabinett in diesem Frühjahr damit befasse, sagte ein Sprecher.
Die geplante Änderung werde den Ausbau wesentlich befördern, erklärt das Klimaschutz- und Energieministerium. Die Verringerung der Abstände „schafft wieder neue Kapazitäten für den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Erreichung der rheinland-pfälzischen Ausbauziele“. Dann könnten neue Ausbauflächen entwickelt, bestehende Nutzungsflächen ausgebaut und neue Projekte initiiert werden. Wegen der langwierigen Genehmigungsverfahren dauert das allerdings seine Zeit. „Dieses Jahr wird noch nicht das erreicht, was wir wollen“, sagt Grünen-Fraktionschef Braun. Aber wenn jetzt an den richtigen Stellschrauben gedreht werde, dann könnte der gewünschte Ausbau im nächsten Jahr umgesetzt werden.
Die Verfahren sollen schneller werden, wenn die Zuständigkeit für die Genehmigung von Windkraftanlagen auf die beiden Struktur- und Genehmigungsdirektionen (SGD) in Neustadt an der Weinstraße und Koblenz übertragen wird. „Wichtig ist dabei vor allem auch die Einbindung der Naturschutzverbände“, sagt ein Sprecher des Klimaschutzministeriums.
Klimaschutzministerin Eder macht auf Gefährdung der Vögel durch Windräder aufmerksam
Mehr als ihre Vorgängerinnen spricht Klimaschutzministerin Katrin Eder (Grüne) die Gefährdungen etwa des Rotmilans und anderer großer Vögel durch Windräder offen an: „Wir müssen die Notwendigkeit zum Ausbau erneuerbarer Energien und die Gefährdungen der Artenvielfalt zusammen angehen – und wir müssen endlich über die Konflikte sprechen“, mahnt sie.
Mit dem neuen geänderten LEP erhielten Windkraftbetreiber und Standortkommunen mehr Planungssicherheit, erwartet das Klimaschutzministerium. Dadurch könnten auch wieder „deutlich mehr Projekte“ angegangen werden. Wesentliche Impulse werden darüber hinaus aus Berlin erhofft, nach den jüngsten Ankündigungen von Klimaschutz- und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Der neue Staatssekretär im Mainzer Klimaschutzministerium, Michael Hauer, zeigt sich „zuversichtlich, dass der ambitionierte Zeitrahmen, den Minister Habeck für die Maßnahmen gesetzt hat, rasch zu entsprechenden Zuwächsen beim Ausbau der Windenergie, auch in Rheinland-Pfalz, führen wird“.