Wer Rolf Pontius treffen will, muss sich auf die Suche durchs verwinkelte Koblenzer Rathaus machen. In einem der Gebäude, die vom Willi-Hörter-Platz kaum einzusehen sind, hat er sein Büro, winzig, nicht mal 15 Quadratmeter groß. Raum 105. Hier ist der AfD-Kreisvorsitzende untergebracht, der auch die Partei als einer von zwei Mandatsträgern im Stadtrat vertritt.
Rolf Pontius, ein Mann mit kleinen, listigen Äuglein und Glatze, empfängt den Gast freundlich. Der Mittfünfziger ist von Akten eingekreist, ein kleiner Schreibtisch füllt den Raum aus. Der Mann, der heute Anlagen aus Edelmetall verkauft, hat bei der Bundeswehr gedient, ging als Offizier der Reserve ab, später setzte er auf die Vertriebsschiene, arbeitete sich Stufe um Stufe bei einem Versicherungsunternehmen nach oben. Der Mann kann verkaufen, das spürt man sofort, er brennt für seine Sache. „Die Arbeit hier ist mir eine Herzensangelegenheit“, sagt er.
Pontius zählt wie sein Kollege Horst Knopp (AfD-Fraktionschef im Kreistag MYK) zu den Gründungsvätern der Partei im Land vor ziemlich genau fünf Jahren. „Die Zeit für eine echt konservativ-freiheitliche Partei, die sich auch den sozialen Fragen, der deutschen Gesellschaft widmet, war gekommen“, erinnert sich Pontius. Er vergleicht die Zeit mit dem Ende der 70er-Jahre, als die Grünen hochkamen. „Auch damals gab es Politikbereiche, die von den vorhandenen Parteien nicht mehr im Sinne der Bürger abgedeckt wurden“, sagt Pontius im ruhigen Ton.
In Koblenz hätten sich CDU, SPD, FDP und Grüne untereinander so weit politisch angenähert, dass man Unterschiede mit der Lupe suchen müsse. Sie fühlten sich, so Pontius, alle „der naiven Integrationsromantik der Grünen verpflichtet“. Die AfD habe dafür gesorgt, dass das Thema Einwanderung – Asyl und Islam – im Stadtrat „stetig kritisch diskutiert“ werde, behauptet Pontius. Die Partei vertrete „konsequent konservative Positionen“, praktiziere eine „unangepasste Politik“, verbunden mit „einem Schuss rheinischer Gelassenheit“. Wie sich diese eigentümliche Melange im politischen Alltagsgeschäft niederschlägt, sagt Pontius nicht. Nur so viel: Er lamentiert, dass die kleine AfD-Fraktion nicht einen einzigen Antrag im Stadtrat durchbekommen hat – selbst dann nicht, als es um eine vergleichsweise harmlose Entflechtung zwischen Fußgängern mit oder ohne Hund auf einem Weg gegangen sei. Ein Phänomen, das andere politische Newcomer teilten und teilen.
Als fremdenfeindliche, rechtsextreme Partei, die das christliche Abendland zerstören will, stuft der FDP-Landesvorsitzende Volker Wissing die AfD ein. Insbesondere die Aussagen der AfD-Politiker Andre Poggenburg (der die hier lebenden Türken pauschal als Kümmelhändler und Kameltreiber verunglimpfte, die in Deutschland nichts zu suchen und nichts zu melden hätten) und Björn Höcke (der das Berliner Holocaust-Mahnmal als ein Denkmal der Schande bezeichnete) sind extrem nationalistisch. Wie steht Rolf Pontius dazu? Er wendet sich von dieser Rhetorik ab, sagt, dass er die politische Bühne verlassen würde, wenn ein weiterer Rechtsruck durch die Partei gehe. Aus und vorbei, basta! Hat der Mann Kreide gefressen? Pontius wirkt dabei genauso entschieden wie bei der Aussage, dass die AfD politisch heimatlose Konservative und Patrioten gewinnen kann – bei der Kommunalwahl im nächsten Mai.
Von unserem Chefreporter Thomas Brost