Es gibt Kardinaltugenden – und es gibt Kardinalfehler. Zur letztgenannten Kategorie gehört die landespolitische Entscheidung, die längst überfällige Reform der Kreisgrenzen auf einen Tag X zu verschieben, aber die Kommunalreform mit ihrem Neuzuschnitt von Verbandsgemeinden durchzupeitschen.
Das ist, wie eine wohlbekannte Politikerin aus dem Naheland zu sagen pflegt, „die Treppe von unten nach oben gekehrt“. Auf jeden Fall wirbelt es gehörig Staub auf und zwingt einen Großteil der betroffenen Verbandsgemeinden und ihrer Bürger dazu, sich der Kategorie der Kardinaltugenden zu befleißigen.
Die wurden allerdings bereits in der Antike unterschiedlich definiert und heißen heute: runterschlucken, die Faust in der Tasche ballen, das Beste draus machen und das Ganze als allseitigen Vorteil betrachten.
Mag sein – und man will es für die jetzt und künftig Betroffenen hoffen – dass in den strittigen Fällen zusammenwächst, was vielleicht nicht so wirklich zusammengehört. Außerdem gibt es auch Beispiele kommunaler Fusionen, die Sinn machen und „friedlich“ ohne Kanonendonner und tiefe Wunden verlaufen.
Was einen aber aufregt, ist das beschönigende Geschwätz von der „Freiwilligkeit“: Wenn VGs vor der Wahl stehen, auf Landesbefehl „freiwillig“ zu fusionieren oder aber als „Alternative“ ohne Mitgift und ohne finanziellen Ausgleich mit dem zugewiesenen Partner zwangsverheiratet zu werden, ist „Freiwilligkeit“ nur eines – Fake-News.
E-Mail: rainer.graeff@rhein-zeitung.net