Wie Frauen in der Spitze Firmen stärken

Frauen in der Spitze machen Firmen erfolgreicher, besagen die Studien – aber warum sollte das generell so sein? Schließlich meinte schon der griechische Philosoph Platon: „Es gibt keine Beschäftigung eigens für die Frau, nur weil sie Frau ist, und auch keine eigens für den Mann, nur weil er Mann ist.“ Es spricht also nichts gegen Frauen im Vorstand. Aber es spricht auch nichts dafür, dass Firmen dadurch automatisch erfolgreicher werden. Oder doch?

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Frauen in der Spitze machen Firmen erfolgreicher, besagen die Studien – aber warum sollte das generell so sein? Schließlich meinte schon der griechische Philosoph Platon: „Es gibt keine Beschäftigung eigens für die Frau, nur weil sie Frau ist, und auch keine eigens für den Mann, nur weil er Mann ist.“ Es spricht also nichts gegen Frauen im Vorstand. Aber es spricht auch nichts dafür, dass Firmen dadurch automatisch erfolgreicher werden. Oder doch?

1 „Reine Männergremien sind eine homogene Masse, die sich selbst reproduziert“, sagt Christina Günther, Juniorprofessorin an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar. Ist ein Vorstandsamt neu zu besetzen, sucht ein Mann einen Kandidaten, der ihm ähnlich ist – also männlich, weiß, deutsch, zwischen 30 und Mitte 50 und mit einer ganz bestimmten Laufbahn. Telekom-Personalvorstand Thomas Sattelberger beschreibt das Modell drastisch: „Karriere wird manchmal beim Pinkeln gemacht.“ Kommt aber doch eine Frau in den Vorstand, bricht sie den Männerzirkel auf. Es geht gar nicht so sehr um ihre Weiblichkeit, sagt Günther: Wichtig ist der andere Hintergrund, den auch ein Ausländer oder ein Mann mit unkonventioneller Karriere haben kann. „Diversität“ lautet das Schlagwort – im Gegensatz zur Konformität, die ein Unternehmen lähmen kann.

2 Frauen an der Spitze – oder andere Menschen, die nicht dem üblichen Manager-Bild entsprechen – hinterfragen erst einmal alles. „Das haben wir schon immer so gemacht“ funktioniert plötzlich nicht mehr so einfach. Selbstverständlich kann am Ende herauskommen, dass die über lange Jahre eingeübte Praxis tatsächlich gut ist. Sie wird aber auf jeden Fall auf den Prüfstand gestellt und muss mit schlagkräftigen Argumenten neu begründet werden. Unter Umständen stellt sich dann heraus, dass das Verfahren nach Schema F angesichts einer veränderten Umgebung nicht mehr das bestmögliche ist – plötzlich haben innovative Ideen eine Chance, die bisher immer vom Tisch gewischt wurden. Und das kann ein Unternehmen kräftig voranbringen.

3 Frauen führen anders als Männer. Christina Günther betont, dass Frauen Macht nicht exklusiv beanspruchen, sondern gern mit anderen teilen. Es sei ein weiblicher Zug, immer das Team im Blick zu behalten, darauf zu achten, dass sich jeder einbringen kann – schon deshalb, weil Mädchen immer noch oft so erzogen werden, dass sie in einer Gruppe gut funktionieren, aber keinesfalls herausstechen sollen. Die idealtypische Frau an der Spitze gibt jedem Mitarbeiter das Gefühl, dass er persönlich zum Erfolg beitragen kann. Sie würdigt die Leistung der Gruppe, statt sich selbst in den Vordergrund zu stellen. Das motiviert enorm, beflügelt die „Untergebenen“ zu Spitzenleistungen. Und einer Frau gelingt es wohl auch besser, Mitarbeiter in aller Welt trotz kultureller Unterschiede unter einen Hut zu bringen. Der „weibliche Führungsstil“ kann auch von Männern umgesetzt werden – er ist aber deutlich seltener bei ihnen zu beobachten.

4 Männer gehen davon aus, dass Spitzenleute von 7.30 bis 21 Uhr präsent sind – „ich muss ja da sein“. Christina Günther hinterfragt diese Einstellung – schließlich gehen Männer auch oft auf Geschäftsreisen. Frauen an der Spitze versuchen eher, Projekte aufzuteilen: Zwei gute Mitarbeiter arbeiten an einer Sache, der eine früh, der andere spät, in der Mittagszeit gibt es zwei Stunden Überschneidung. Natürlich spielt dabei eine Rolle, dass Frauen oft am eigenen Leib erfahren haben, wie schwer starre Arbeitszeiten das Leben machen können. Das Ergebnis sind flexible Modelle, die ein Unternehmen als Arbeitgeber attraktiv machen. Es gelingt damit, die besten Kräfte zu gewinnen – auch das bringt ein Unternehmen voran.

5 Eine Frau muss oft große Widerstände überwinden. Plakativ ausgedrückt: Die Frau muss besser sein als die Männer um sie herum, wenn sie den Schritt an die Spitze schaffen will. Und es schadet einem Unternehmen bestimmt nicht, wenn sich tatsächlich die Allerbesten ganz oben versammeln. Doch bei alledem stellt sich die Frage: Was war zuerst da – die Henne oder das Ei? Soll heißen: Sind Firmen erfolgreich, weil sie sich mit Frauen in der Spitze positiv verändern? Oder starten Unternehmen durch, weil sie generell durchlässig und offen für Neues sind – sodass die Frau im Vorstand eher ein Ergebnis als die Ursache ist? Vermutlich punkten Firmen nicht automatisch, wenn sie nun mit aller Gewalt Frauen für den Vorstand suchen. Sondern dann, wenn sie frische Ideen nicht im Ansatz abwürgen und gern auch mal ausgetretene Pfade verlassen.

Jörg Hilpert