Kommentar zu den Folgen der Bayern-Wahl: „Gott mit dir, du Land der – Deutschen ...“

Chefredakteur Peter Burger
Chefredakteur Peter Burger Foto: Jens Weber

Das war keine Watschn mehr, das war ein fulminanter Tritt in den Allerwertesten! Was CSU und SPD in München – und somit am Ende auch der Großen Koalition in Berlin – widerfuhr, bringt das Koordinatensystem Deutschlands ins Wanken.

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Die politische Landkarte wird von Grund auf neu gezeichnet. Vor allem die Enttäuschten, die Unverstandenen, die Missachteten, die Belogenen und Betrogenen führen dabei den Malstift.

Es waren nicht die Megathemen Integration, Dieselskandal, Rente oder Pflege, die den Ausschlag gaben. Auch Bayern-Themen wie Wohnen, Bildung, Familie, Umwelt blieben auf der Strecke. CSU und SPD wurden abgestraft für Dilettantismus – besonders in der Berliner Regierungsverantwortung. Die Wähler (nicht nur in Bayern!) sind es einfach leid, von einer Klasse regiert zu werden, deren Hauptaugenmerk auf den Streit im eigenen Komödienstadl, sei es innerhalb der CSU, der Union oder der Koalition, gerichtet ist. Streit, der Handlungsfähigkeit ausschaltet und das Land dem politischen Taumel und falschen Heilsversprechern preisgibt.

Besonders CSU-Chef Horst Seehofer, aber auch sein Intimfeind Markus Söder erhalten jetzt die Quittung für monatelanges Taktieren und Tricksen, für Fouls und Fehler, vor allem für unsägliches, erpresserisches Handeln, bei dem nicht nur die Regierungskoalition in Berlin, sondern die Prosperität und das Ansehen Deutschlands gleich zweimal dem eigenen Ego untergeordnet wurden. Ihnen bliebe jetzt eigentlich nur noch ein Dienst an Bayern und der Republik: Rücktritt! Das wäre die Chance für Ilse Aigner. Sie könnte gemeinsam mit den erstarkten Freien Wählern den Freistaat (und intern die CSU) umkrempeln. Freilich machen Söder und Seehofer keine Anstalten, das Feld zu räumen.

Landtagswahl
Horst Seehofer und Markus Söder.
Foto: Michael Kappeler
Keine Frage, das wirre Wirken der bayerischen Löwen hat nicht allein zu diesem Fanal geführt. Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben! Diese Monopolzeiten sind längst passé. Franz Josef Strauß dürfte sich demnach im Grabe herumdrehen angesichts der Tatsache, wie seine politischen Enkel sein Erbe verspielen. Die Christsozialen haben – auch durch die innerparteilichen Thronfolgekämpfe der letzten Jahre – rechts von der Mitte eine offene Flanke geboten. Diese im Wahlkampf in Abgrenzung und Wettlauf mit der AfD zu schließen, wirkte unglaubwürdig, durchschaubar – und inhaltlich völlig daneben. Unablässig drängten die zoffenden wie zockenden CSU-Granden somit Wählerscharen in die Arme der Alternativen – und das nicht nur rechts außen: Ja, auch die hippen Grünen profitierten bei ihrem Verdoppelungsergebnis von einer kollabierenden CSU.

Scherbenkehren auch bei der halbierten SPD: Ob nun die sichtlich angeschlagene Eifeler Frontfrau Andrea Nahles oder Natascha Kohnen (so hieß die nicht nur akzentfreie bayerische Spitzenkandidatin) eine größere Schuld am desaströsen Ergebnis trifft, mit dieser Diskussion wird sich die SPD in den nächsten Tagen wieder ein bisserl weiter selbst zerlegen.

Keine guten Vorzeichen für die GroKo in Berlin. Denn schon in zwei Wochen holt die Abrissbirne in Hessen ein weiteres Mal aus. Dann aber „Gott mit dir, du Land der – Deutschen!“

E-Mail: peter.burger@rhein-zeitung.net