Washington

Die US-Kandidaten: Was sie wollen

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Im sehr persönlich gefärbten US-Wahlkampf kommt oft zu kurz, dass beide Präsidentschaftskandidaten auch politische Positionen haben. Die sind bei Hillary Clinton eindeutiger zu benennen als bei Donald Trump, aber sie lassen sich doch gegenüberstellen. Ein Vergleich ihrer Positionen zu wichtigen politischen Themen lässt dabei kaum Übereinstimmungen erkennen.

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Von unserem USA-Korrespondenten Thomas Spang

Hillary Clinton und Donald Trump sind auf den letzten Metern im Kampf ums Weiße Haus. Ein Vergleich ihrer Positionen zu wichtigen politischen Themen lässt kaum Übereinstimmungen erkennen.

Nato und Westbindung

Hillary Clinton steht in der transatlantischen Tradition amerikanischer Sicherheitspolitik mit der Nato als Anker. Sie hat als Außenministerin Barack Obamas mehr als 50 Besuche in europäischen Staaten absolviert und verfügt über ein enges Netz an Beziehungen zu Politikern und Diplomaten in Europa. Clinton will die enge Abstimmung mit den Verbündeten suchen und als Präsidentin durch die multilateralen Organisationen arbeiten.

Donald Trump verspricht seinen Anhängern, eine „America First“-Politik zu verfolgen. Er will alle Beziehungen – auch die zu den traditionellen Alliierten – auf den Prüfstand stellen und nur daran festhalten, wenn sie den USA einen Vorteil bringen. Deutschland, Japan, Südkorea und andere wohlhabende Partner will Trump für die Sicherheitsdienstleistungen der USA voll zur Kasse bitten. Im Wahlkampf bezeichnete er die Nato als obsolet.

Integration und Brexit

Clinton befürwortet eine starke Europäische Union und hält den Brexit für keine gute Idee. Wie Barack Obama setzt sie auf ein enges Verhältnis zu Deutschland.

Trump applaudierte den Briten für ihre Entscheidung, aus der Europäischen Union auszuscheren. Der Kandidat unterhält gute Beziehungen zu anderen Rechtspopulisten in Europa.

Verhältnis zu Russland

Hillary Clinton begann ihre Zeit als Außenministerin mit dem Versuch, einen Neuanfang in den Beziehungen zu Russland zu wagen. Kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit schrieb sie in einem privaten Memo an den US-Präsidenten, das Verhältnis sei auf den Nullpunkt abgesunken. Clinton bezeichnete Wladimir Putin als Bully und hat dessen Agieren in der Ukraine und in Syrien scharf verurteilt. Sie hält Moskau vor, zu versuchen, sich mit Hacker-Angriffen in den US-Wahlkampf einzumischen.

Foto: Oakozhan – Fotol
Donald Trump lobt den russischen Präsidenten Putin über den grünen Klee. Dieser sei klüger als Präsident Obama und habe nicht den geringsten Respekt vor Clinton. Er bezweifelte die Befunde aller US-Geheimdienste, wonach sich Russland in den Wahlkampf einmischte, und erklärte, es sei von Vorteil, gute Beziehungen zu Moskau zu haben. Trump spielte mit der Idee einer neuen Allianz mit Russland, die an Orten wie Syrien zu einer Lösung führen könnte.

USA im Mittleren Osten

Clinton stimmte 2002 als Senatorin für den Irak-Krieg. Später bekannte sie, einen Fehler gemacht zu haben. Als Außenministerin war sie nur einmal im Irak. Sie konzentrierte sich mehr auf das Zustandekommen des Atomabkommens mit dem Iran, das sie voll unterstützt. Anders als Obama will sie in Syrien eine Flugverbotszone einrichten, um die Zivilisten besser zu schützen. Den Kurs gegen den Islamischen Staat will sie fortsetzen. Reguläre Bodentruppen der USA sollen nicht in die Region zurückkehren. Clinton unterhält enge Beziehungen zu Israel.

Trump behauptet, er sei von Anfang an gegen den Irak-Krieg gewesen. Das stimmt so nicht, aber er hat früher eine Kehrtwende vollzogen als Clinton. Das Nuklearabkommen mit dem Iran bezeichnete Trump als Desaster und gelobte, es neu zu verhandeln. In Syrien will er den Russen freiere Hand lassen, weil diese mehr Einfluss hätten. Im Kampf gegen den Islamischen Staat verspricht er massive Bombardements, Rache an Familienangehörigen von Terroristen und die Rückkehr der Folter. Er sieht in Israels Ministerpräsident Netanjahu einen Seelenverwandten.

Einwanderung

Clinton setzt sich für eine umfassende Reform der Einwanderung ein, die einen legalen Weg zur Staatsbürgerschaft für Migranten ohne Papiere vorsieht. Sie hält nichts von einer Mauer und will sich bei der Abschiebung auf Kriminelle konzentrieren. Sie verspricht, mehr Flüchtlinge aus Syrien ins Land zu lassen und möchte das Kontingent auf 65 000 Menschen ausweiten. Vor einer Einreise in die USA sollen die Flüchtlinge genau überprüft werden.

Trump hat den Bau einer Mauer entlang der Südgrenze zu Mexiko zu einem zentralen Punkt seines Wahlkampfs gemacht. Die elf Millionen Einwanderer ohne Dokumente will er abschieben. Selbst wenn diese bereits seit langer Zeit in den USA leben, Steuern bezahlen und Kinder haben, die US-Staatsbürger sind. Er lehnt es ab, auch nur einen Flüchtling aus Syrien einreisen zu lassen.

Verhältnis zu Muslimen

Clinton sieht in der Kooperation mit Muslimen einen Beitrag zur Sicherheit. Gute Beziehungen zu moderaten Regierungen in der Region und den Führern der muslimischen Gemeinde in den USA seien essenziell im Kampf gegen den Terrorismus. Sie hält einen Einreisebann für Muslime für grundverkehrt.

Trump hat sich im Wahlkampf dafür ausgesprochen, Muslime nicht mehr in die USA einreisen zu lassen. Der Bann soll erweitert werden auf Länder, in denen es „Probleme“ mit muslimischem Terror gebe. Die Muslime in den USA will Trump zwangsweise registrieren. Der Kandidat betont „die Pflicht“ der Muslime, Straftaten zu melden.

Freihandel

Clinton hängt das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta ihres Ehemanns Bill wie ein Mühlstein am Hals. Zu dem angestrebten TPP-Abkommen mit den pazifischen Staaten sagte sie nach einigem Zögern Nein. Ihre Haltung zum transatlantischen TTIP-Abkommen bleibt indes in der Schwebe.

Trump setzt auf wirtschaftspolitischen Nationalismus. Er wettert gegen Nafta, TPP und TTIP. Falls eine Nachverhandlung von Nafta scheitert, setzt er sich für Strafzölle ein. Diese droht er auch China an, dem er Währungsmanipulation und andere unfreundliche Akte vorhält.

Klimawandel

Clinton will die Klimapolitik Obamas fortführen und 60 Milliarden Dollar in saubere Energie investieren. In den nächsten zehn Jahren soll aus erneuerbaren Quellen genügend Energie produziert werden, um alle Häuser damit versorgen zu können. Sie sieht in grüner Innovation erhebliches Wachstumspotenzial für die Wirtschaft.

Trump nannte die Erderwärmung einen „Trick der Chinesen“, die damit versuchten, die USA in die Knie zu zwingen. Er hält nichts von der besonderen Förderung erneuerbarer Energien und verspricht einen Abbau der Regulierungen, um die Förderung von Kohle und anderer fossiler Energieträger lukrativ zu machen. Er betrachtet Umweltauflagen als Wachstumshemmnis, nicht als Chance.

Gesundheitsreform

Clinton unterstützt Obamacare, will aber nachbessern, um den Beitragsanstieg unter Kontrolle zu halten. Sie schließt die langfristige Umstellung auf eine allgemeine Krankenversicherung mit Umlagefinanzierung nicht aus.

Trump verspricht, Obamacare komplett abzuschaffen und durch eine „viel, viel bessere“ Krankenversicherung zu ersetzen. Unabhängige Schätzungen sehen dadurch die Zahl der Nichtversicherten um 20 Millionen ansteigen.

Gesellschaftspolitik

Clinton verteidigt das Wahlrecht der Frauen bei der Abtreibung. Sie will nur Verfassungsrichter berufen, die daran nichts ändern. Sie unterstützt die gleichgeschlechtliche Ehe und macht sich für umfängliche Regulierungen des Waffenbesitzes in den USA stark.

Trump sagte im Wahlkampf, Frauen, die abtreiben, müssten „in irgendeiner Form“ bestraft werden. Er verspricht, Verfassungsrichter zu benennen, die gegen Schwangerschaftsabbruch sind. Er gibt sich zugleich dogmatisch beim freien Zugang zu allen möglichen Waffen.

Bezahlbare Bildung

Clinton setzt sich für eine US-weite Einführung von Kindergärten innerhalb der nächsten zehn Jahre ein. Der Zugang zum College soll ebenfalls wieder bezahlbar werden. Studenten aus Familien mit Einkommen unter 85 000 Dollar sollen in ihren Bundesstaaten keine Gebühren mehr bezahlen.

Trump hat kein Programm für die Früherziehung, will aber 20 Milliarden Dollar für die „freie Schulwahl“ ausgeben. Collegestudenten müssten weiter hohe Studiengebühren bezahlen, aber nur noch bis zu 12,5 Prozent ihres Einkommens zurückzahlen.

Steuern und Schulden

Clinton möchte das obere eine Prozent der US-Spitzenverdiener stärker in die Pflicht nehmen. Höhere Steuern, weniger Abschreibungen und schärferes Vorgehen gegen Steuerflucht sollen die Staatskasse füllen.

Trump will die Steuerklassen auf drei und den Spitzensatz von 39 auf dann 33 Prozent reduzieren.