Seit 25 Jahre im All: Hubble zeigt die Schönheit im Chaos

Seine Galerie der Wunder inspiriert die Menschen seit einem Viertel Jahrhundert. Das Weltraumteleskop „Hubble“ hat der Wissenschaft neben einer Vielzahl erstaunlicher Erkenntnisse etwas wohl ebenso Bedeutsames gebracht: eine faszinierte Öffentlichkeit.

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Schwarze Löcher, schillernde Gasnebel, ferne Planeten: Das Weltraumteleskop „Hubble“ hat unser Bild vom Kosmos verändert. Mehr als eine Million Beobachtungen hat das fliegende Observatorium bereits gemacht, fast 13.000 wissenschaftliche Fachveröffentlichungen sind dazu erschienen. Seit 25 Jahren umkreist das Weltraumteleskop in 540 Kilometern Höhe die Erde. Am 24. April 1990 startete „Hubble“ an Bord des Space Shuttles „Discovery“ vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral ins All, einen Tag später, am 25. April, wurde es im Orbit ausgesetzt.

Zwei Galaxien ziehen aneinander vorbei. In etwa einer Milliarde Jahren könnten die beiden zu einer einzigen verschmolzen sein.

Nasa/Esa/Hubble

Das Ende eines Sternes, die „Rote Nova“ V838 Monocerotis, 20.000 Lichtjahre entfernt.

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Die Rote Nova verändert sich unter den Augen der Astronomen, die den Stern mit Hubble beobachteten.

Nasa/Esa/Hubble

Das Weltraumteleskop Hubble bei der Arbeit.

dpa

Der Adlernasen (M16). Der Sternhaufen enthält Staubsäulen, die bis zu 9,5 Lichtjahre lang sind und an deren Spitze sich neue Sterne befinden, weshalb sie auch Pillars of Creation (Säulen der Schöpfung) genannt werden..

Nasa/Esa/Hubble

Zum 21. „Geburtstag“ von Hubble wurden das Bild dieser beiden miteinander durch Schwerkraft wechselwirkenden Galaxien in Form einer Rose veröffentlicht. (Arp 273)

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Der „Große Rote Fleck“ des Planeten Jupiters. Der schwarze Punkt darauf ist der Schatten des Jupitermondes Ganymede.

Nasa/Esa/Hubble

Aus Wikipedia: Das Hubble Extreme Deep Field entstand, indem Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops eines Teils aus dem Zentrum des Hubble Ultra Deep Field (HUDF) über einen Zeitraum von zehn Jahren zusammengefügt wurden. Es umfasst Aufnahmen von insgesamt 50 Tagen und einer Gesamtbelichtungszeit von zwei Millionen Sekunden (ca. 23 Tage). Das Bild entstand aus 2000 Einzelbelichtungen. http://de.wikipedia.org/wiki/Hubble_Extreme_Deep_Field

NASA ESA H. Te

Die „Sombrero“-Galaxie M104, eine Galaxie im Sternbild Jungfrau in 30 Millionen Lichtjahren Entfernung, also recht nah für eine Galaxie und schon mit einem kleinen Fernrohr zu sehen.

Nasa/Esa/Hubble

Ein Sternhaufen, Pismis 24. Die gut sichtbaren Sterne sind ein Doppel- oder gar Dreifach-System, die zu den größten Sonnen gehören, die bisher beobachtet wurden. Sie sind bis zu 100 mal massereicher als unsere Heimatsonne.

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Die Spiral-Galaxie M74 im Sternbild Fische, ca. 23 Millionen Lichtjahre entfernt

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Die Spiralgalaxie NGC 4911

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Überreste einer Supernova (SNR 0519- 69)

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Der Pferdekopfnebel in Infrarotansicht.

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Die Galaxiengruppe (Cluster) Abell 520 im Sternbild Orion ist etwa 2,4 Milliarden Lichtjahre entfernt.

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Neue Sterne im Sternhaufen NGC 602, in der Kleinen Magellanschen Wolke, 196.000 Lichtjahre entfernt. In dem Bildausschnitt sind „neugeborene“ Sterne zu sehen.

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Eine perfekt spiralförmige Galaxie (NGC 634)

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Vier Monde ziehen am Saturn vorbei. Die linken beiden werfen Schatten auf den Ringplaneten (links die „Kleinen“ Enceladus, Dione, Mimas und rechts der große Mond Titan).

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Der Jupitermond Io zieht an seinem Mutterplaneten vorbei – sein Schatten folgt ihm.

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Hubble startete mit Sehschwäche

„Trotz eines holperigen Auftakts haben die Erfolge des Teleskops alle Erwartungen übertroffen“, urteilt Lars Lindberg Christensen, Leiter des Informationszentrums der Europäischen Südsternwarte Eso in Garching bei München, zu dem auch das europäische „Hubble“-Informationszentrum gehört. Mit „Hubble“ haben Astronomen das Alter des Universums bestimmt, zum ersten Mal die Atmosphäre eines Planeten bei einem anderen Stern untersucht und in den Tiefen des Weltraums die ersten Galaxien nach dem Urknall aufgespürt.

Ohne den störenden Einfluss der Erdatmosphäre konnte das Omnibus-große Weltraumteleskop viele Beobachtungen machen, die so vom Erdboden aus nicht möglich gewesen wären. „Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass “Hubble„ unser Wissen über das Universum umgekrempelt hat“, sagt Christensen.

Dabei verlief das Projekt anfangs alles andere als reibungslos. Schon vor dem Start hatten die Planer mit Widerständen zu kämpfen: Verschiedene einflussreiche Astronomen hätten die für „Hubble“ veranschlagten 300 Millionen Dollar lieber für erdgebundene Teleskope vom Typ ausgegeben. Tatsächlich kostete das Weltraumteleskop ungefähr das Vierfache, bis es 1990 im Erdorbit stationiert wurde. Die Europäische Raumfahrtagentur Esa ist mit 15 Prozent an dem fliegenden Observatorium beteiligt.

Brille aufgesetzt

Zwei Monate nach dem Start folgte der Schock: „Hubbles“ 2,4 Meter großer Hauptspiegel war falsch geschliffen. Zwar ließ sich der optische Fehler rechnerisch korrigieren, das Weltraumteleskops sah damit jedoch nicht schärfer als erdgebundene Teleskope. Dreieinhalb Jahre später installierten Astronauten dann eine Korrekturoptik an dem Weltraumteleskop – „Hubble“ bekam eine Brille – und funktionierte seither perfekt.

Bis 2009 folgten vier weitere Service-Missionen, bei denen wissenschaftliche Instrumente des elf Tonnen schweren Observatoriums ausgetauscht und die Bordtechnik erneuert wurde. Seit die Space Shuttles der Nasa ausgemustert wurden, ist das Weltraumteleskop sich selbst überlassen. Jede Woche sendet es rund 120 Gigabyte Beobachtungsdaten zur Erde, das entspricht 26 DVDs.

Zu den wissenschaftlichen Highlights zählen Nasa und Esa unter anderem:

Das Alter des Universums

Das Weltall wächst, wie der Namenspatron des Weltraumteleskops, der US-Astronom Edwin Hubble, Ende der 1920er Jahre entdeckt hatte. Das fliegende Observatorium bestimmte diese Ausdehnungsgeschwindigkeit so genau wie nie zuvor und damit das Alter des Universums auf 13,7 Milliarden Jahre. Spätere Beobachtungen mit dem Satelliten „Planck“ korrigierten diesen Wert auf 13,82 Milliarden Jahre.

Den tiefsten Blick ins All

Ende 1995 richtete das Weltraumteleskop seine Kamera mehr als 100 Stunden lang auf einen kleinen, scheinbar nahezu völlig leeren Himmelsbereich im Sternbild Großer Bär. Das Ergebnis versetzte die Astronomen in Erstaunen: Auf der Langzeitbelichtung des „Hubble Deep Field“ waren mehr als 3000 ferne Galaxien zu sehen – in einem Himmelsausschnitt in etwa so groß wie ein Daumennagel aus gut 20 Metern Entfernung.

Es folgten weitere, zum Teil noch längere Belichtungen in verschiedenen Wellenlängenbereichen des Lichts. Das „Hubble eXtreme Deep Field“ von 2012 besteht aus Aufnahmen mit einer Gesamtbelichtungszeit von 22 Tagen und gilt als bislang tiefster Blick ins sichtbare Weltall. Es zeigt einige der ersten Galaxien, die nach dem Urknall entstanden sind, und enthält das älteste Sternenlicht, das je aufgenommen wurde.

Schwarze Löcher

Vor dem Start von „Hubble“ hatten Astronomen keine Möglichkeit, ihre Theorien zu Schwarzen Löchern zu überprüfen, wie die Nasa betont. Das Weltraumteleskop konnte die Existenz supermassereicher Schwarzer Löcher im Zentrum großer Galaxien belegen, indem es die Bewegung einzelner Sterne verfolgte. "„Hubble“ hat gezeigt, dass es im Wesentlichen in jeder Galaxie ein supermassereiches Schwarzes Loch gibt„, erläutert der Astrophysiker Mario Livio vom Space Telescope Science Institute in Baltimore (US-Staat Maryland). “Und es hat uns gezeigt, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der Masse des Schwarzen Lochs und dem Wulst von Sternen der Galaxie.„

Exoplaneten

Als das Weltraumteleskop 1990 gestartet wurde, waren Planeten bei anderen Sternen noch nicht entdeckt. Inzwischen haben Astronomen mit indirekten Methoden rund 2000 solcher Exoplaneten gefunden. “Hubble„ hat mit seiner Detailschärfe nach Angaben der Nasa das erste Bild eines Exoplaneten im sichtbaren Licht geliefert, erstmals die Atmosphäre eines Exoplaneten untersucht, erstmals die wahre Farbe eines Exoplaneten bestimmt und sogar eine Wetterkarte eines fernen Planeten geliefert.

Sternfabriken

Mit dem fliegenden Observatorium haben Astronomen detailliert in sogenannte Sternentstehungsregionen gespäht, wo neue Sonnen sich aus Gas- und Staubwolken zusammenballen. Diese kosmischen Kreißsäle sind in der Regel hinter dichten Staub- und Gasschichten verborgen. Mit Infrarotkameras können “Hubble„ und andere Weltraumteleskope durch die Staubvorhänge blicken. Vom Erdboden aus sind solche Aufnahmen nicht möglich, weil Infrarot nicht die Athomsphäre durchdringt.

Popkultur

Die Bilder des Weltraumteleskops sind längst Teil des Alltags geworden, wie die Nasa betont. “Über die Jahre ist „Hubble“ ein tief verwurzelter Teil der Popkultur geworden„, pflichtet auch Christensen bei. Die oft bunt gefärbten und ästhetischen Aufnahmen des Teleskops finden sich in Kinofilmen, Computerspielen, Medien und in der Werbung ebenso wie auf CD-Hüllen von Rockbands, T-Shirts und sogar Snowboards. “Das ist ein Beleg sowohl für die Schönheit von „Hubbles“ Bildern als auch für die Faszination der Wissenschaft dahinter„, betont Christensen.

Wie lange wird “Hubble„ noch beobachten? “Es gibt derzeit keine konkreten Pläne für ein Ende des Betriebs„, berichtet Christensen. Die ursprünglich geplanten zehn Jahre Betriebszeit hat das Weltraumteleskop weit übertroffen. Sein Nachfolger, das “James Webb„-Weltraumteleskop, soll 2018 ins All befördert werden. Die Wissenschaftler hoffen, dass es dann eine Zeit der Zweisamkeit gibt. “„Hubble“ geht es weiterhin gut„, sagt Christensen. “Mein Tipp ist, dass wir auch noch seinen 30. Jahrestag feiern werden."

Till Mundzeck (dpa)

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