Teheran

Riskiert Iran einen Krieg für die Bombe?

Zu allem bereit? Sanktionen von außen haben die Anhänger stärker an das Mullah-Regime gebunden. Die Protestbewegung von 2009 scheint derzeit in Deckung abzuwarten.
Zu allem bereit? Sanktionen von außen haben die Anhänger stärker an das Mullah-Regime gebunden. Die Protestbewegung von 2009 scheint derzeit in Deckung abzuwarten. Foto: DPA

Er leugnet den Holocaust, droht aber selbst, Israel zu vernichten. Er will die Atombombe und legt sich mit der Weltwirtschaft an, indem er verkündet, die wichtige Handelsstraße an der Meerenge von Hormus zu sperren. Demonstrative Raketentests gehen mit Todesurteilen gegen mutmaßliche US-Spione einher.

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Teheran – Er leugnet den Holocaust, droht aber selbst, Israel zu vernichten. Er will die Atombombe und legt sich mit der Weltwirtschaft an, indem er verkündet, die wichtige Handelsstraße an der Meerenge von Hormus zu sperren. Demonstrative Raketentests gehen mit Todesurteilen gegen mutmaßliche US-Spione einher.

Keine Frage: Säbelrasseln gehört zum täglichen Geschäft des Mahmud Ahmadinedschad. Der im Westen gern als „Der Irre von Teheran“ betitelte und als tumb verschriene Präsident des Irans ist das laute Sprachrohr des Regimes. Aber was steckt wirklich dahinter? Droht wirklich ein Krieg am Persischen Golf?

M. Ahmadinedschad
M. Ahmadinedschad
Foto: picture alliance / dpa

Fakt ist, dass Ahmadinedschad im Gottesstaat nicht das letzte Wort hat. Über ihm steht die islamische Geistlichkeit. Außerdem gibt es die Revolutionsgarden, eine militärische Elite, die große Teile der Wirtschaft des Landes kontrolliert und eine Art Staat im Staat bildet. Ahmadinedschad war selbst Angehöriger dieser radikalen Kaste.

Im Gegensatz zu seinen Vorgängern, die auf Dialog setzen, hat Ahmadinedschad seit Amtsantritt 2005 klar auf Konfrontation gesetzt, um sein politisches Hauptziel zu erreichen: die dominante Macht im Nahen Osten zu werden. Eine schiitische Hegemonialmacht, die auch den Nachbarstaaten ihre Vorstellungen diktieren kann. Dazu verstärkte der Iran wieder seine Unterstützung des Regimes in Syrien und förderte die radikalen Gruppen Hisbollah im Südlibanon und die Hamas im Gazastreifen, um den Erzfeind Israel unter Druck zu setzen. Für Tel Aviv ist die Atomfrage derzeit allerdings viel brisanter: Seit Monaten gibt es im Iran gezielte Anschläge auf Atomforscher. Viele vermuten dahinter den israelischen Geheimdienst Mossad – Israel schweigt dazu. Zugleich geistern immer wieder Spekulationen durch die israelische Presse, dass die Regierung einen präventiven Luftangriff auf die Atomanlagen plane, weil Sanktionen nicht greifen und die USA zögern. Nach Ansicht Washingtons könnte das allerdings eine unkontrollierbare Kettenreaktion im Nahen Osten auslösen – mit fatalen Folgen.

Zumal umstritten ist, welchem Zweck die Atombombe in den Händen der Mullahs wirklich dienen soll. So sieht Hans-Dieter Heumann, Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, ein kalkulierbares Risiko. Der Iran wolle durch den Besitz eine regionale Vormachtstellung und das Prestige einer Atommacht erlangen – mehr nicht.

Für Oliver Thränert, Atomwaffen-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, greift dieser Ansatz zu kurz. Er fürchtet einen nuklearen Rüstungswettlauf am Persischen Golf, wenn der Iran zur Atommacht aufsteigt. Bereits jetzt sorgt die Angst vor einer Großmacht Iran für horrende Waffenkäufe: Die 200 von Saudi-Arabien in Deutschland bestellten Kampfpanzer sind nur ein kleiner Teil der Milliardenausgaben, die das wahabitische Königreich jedes Jahr als Schutzmacht der Sunniten in der Region ausgibt. Bei der Niederschlagung der Proteste in Bahrain vor wenigen Monaten spielte für Riad vor allem der Einfluss Teherans auf die schiitischen Demonstranten eine entscheidende Rolle. Bereits im Kleinen will man dort die Konfessionskonflikte bekämpfen, damit es sich nicht zu einem großen Krieg auswachsen kann. Denn den will sich dort niemand leisten. Auch nicht die USA, die mit einigen Flugzeugträgern in der Region präsent sind. Washington muss sparen und ist in Afghanistan gebunden. Ein Krieg gegen den Iran in der sensiblen Ölregion wäre in jeder Hinsicht eine Katastrophe – für die ganze Welt.

Sollte Teheran also die Bombe erlangen, würde Saudi-Arabien von seinen US-Partnern eine atomare Aufrüstung verlangen, um nukleare Abschreckung zu erzielen. Doch je mehr Länder über die Bombe verfügen, desto unsicherer ist, dass es nur bei Abschreckung bleibt. Und dass das Mullah-Regime die Bombe nicht doch gegen Israel einsetzt, ist auch nie auszuschließen.

Von unserem Redakteur Peter Lausmann