Landtagswahl NRW: Rot-Grün will ein Lebenszeichen senden

Düsseldorf. In Nordrhein-Westfalen steht an diesem Sonntag die wohl wichtigste Abstimmung vor der nächsten Bundestagswahl an. Die rund 13,2 Millionen Wahlberechtigten entscheiden nicht nur, wie es nach dem Aus für die rot-grüne Minderheitsregierung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) weitergeht.

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Düsseldorf. In Nordrhein-Westfalen steht an diesem Sonntag die wohl wichtigste Abstimmung vor der nächsten Bundestagswahl an.

Die rund 13,2 Millionen Wahlberechtigten entscheiden nicht nur, wie es nach dem Aus für die rot-grüne Minderheitsregierung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) weitergeht. Von ihrem Votum wird auch Auskunft erwartet, ob Zweierkoalitionen im sich ausfächernden Parteiensystem noch eine Chance haben.

Umfragen zufolge könnte es in Düsseldorf ein Fünf-Parteien-Parlament mit FDP und Piraten geben. Die Linke muss dagegen um die Rückkehr in das Parlament bangen. SPD und Grüne wollen am Rhein das schaffen, was ihnen soeben in Schleswig-Holstein verwehrt blieb – eine eigene Mehrheit. Die Wahl soll zeigen, „dass es Rot-Grün noch gibt, dass Rot-Grün gehen kann“, hofft Grünen-Chefin Claudia Roth. Auch die Sozialdemokraten erwarten mit Blick auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr ein klares rot-grünes Signal aus Düsseldorf. Bei der Wahl vor zwei Jahren hatte Rot-Grün die absolute Mehrheit im Landtag um ein Mandat verfehlt.

Die FDP will die in Kiel begonnene Rückkehr in die Erfolgsspur fortsetzen. Ihr Spitzenkandidat Christian Lindner will die Liberalen in den Landtag führen. Noch vor wenigen Wochen galt dies als wenig aussichtsreich. Dem 33-Jährigen ist es mit seinem Ein-Mann-Wahlkampf aber zumindest gelungen, den FDP-Wert in den Umfragen auf bis zu 6 Prozent zu verdreifachen. Lindner hat auf klassische CDU-Themen wie den Erhalt des Gymnasiums gesetzt.

Die CDU fürchtet, dass der FDP-Aufschwung zu ihren Lasten geht. Zum Start in die letzte Wahlkampfwoche haben die Christdemokraten deshalb verschärft die FDP ins Visier genommen. Sollte es für eine rot-grüne Mehrheit nicht reichen, werde Lindner die FDP zum Steigbügelhalter für ein Ampelbündnis mit SPD und Grünen machen, warnt die CDU. Lindner hat allerdings versichert: „Wir sind keine Reserve für Rot-Grün.“

CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen hat bis zuletzt offengelassen, ob er bei einer Niederlage als Oppositionsführer nach Düsseldorf kommt. In den Meinungsumfragen ist er klar hinter den Popularitätswerten von Amtsinhaberin Kraft zurückgeblieben.

In zwei Fernsehrunden hat sich Röttgen heftig mit Kraft gestritten, vor allem über die Themen Landesschulden und Kinderbetreuung. Beide haben aber die Tür zu einer Großen Koalition nicht zugeschlagen. Ein Bündnis mit der CDU gilt aber in der SPD als schlechteste Lösung. Eine erneute Minderheitsregierung ist für Kraft allerdings wenig attraktiv.

Die Piraten können laut Umfragen auch in NRW mit dem Einzug in den Landtag rechnen, es wäre ihr vierter Erfolg in Serie. Eine Regierungsbeteiligung trauen sie sich aber noch nicht zu. Ihr Spitzenkandidat Joachim Paul sieht seine Partei noch in der Entwicklung. Er will auf Oppositionsbänken lernen. Die Linke droht den Umfragen zufolge an der 5-Prozent-Hürde zu scheitern. Zuletzt kam sie auf 3 bis 4 Prozent.

Um die mindestens 181 Sitze im neuen Landtag bewerben sich insgesamt 1085 Kandidaten. 17 Parteien treten mit Landeslisten an. Bei der Landtagswahl 2010 wurde die CDU mit 34,6 Prozent knapp stärkste Partei, gefolgt von der SPD mit 34,5 Prozent. Die Grünen kamen auf 12,1, die FDP erhielt 6,7 Prozent. Die Linke schaffte mit 5,6 Prozent erstmals den Sprung in den nordrhein-westfälischen-Landtag. Die Piraten dümpelten vor zwei Jahren noch bei 1,6 Prozent. Im Düsseldorfer Landtag hatten alle drei Oppositionsfraktionen zusammen 91 Mandate – SPD und Grüne hingegen nur 90.

Die rot-grüne Minderheitsregierung war Mitte März mit dem Etat 2012 im Parlament gescheitert. Darauf hatte sich der Landtag erstmals in der Geschichte Nordrhein-Westfalens aufgelöst. Deshalb muss im bevölkerungsreichsten Bundesland nach nur zwei Jahren schon wieder gewählt werden.

Von Claus Haffert