Analyse: Merkel kann nicht mit Rückenwind rechnen

Die Amtsinhaberin: Annegret Kramp-Karrenbauer(CDU). Die 49-Jährige, die im August 2011 die Nachfolge von Peter Müller antrat, machte bundesweit Schlagzeilen, als sie die erste Jamaika-Koalition auf Länderebene am 6. Januar aufkündigte. Dennoch sagt sie selbst von sich, dass sie nicht zu den „Lautsprechern“ in der Politik gehört. Gemäßigt im Ton und hart in der Sache, will die dreifache Mutter Politik betreiben.
Die Amtsinhaberin: Annegret Kramp-Karrenbauer(CDU). Die 49-Jährige, die im August 2011 die Nachfolge von Peter Müller antrat, machte bundesweit Schlagzeilen, als sie die erste Jamaika-Koalition auf Länderebene am 6. Januar aufkündigte. Dennoch sagt sie selbst von sich, dass sie nicht zu den „Lautsprechern“ in der Politik gehört. Gemäßigt im Ton und hart in der Sache, will die dreifache Mutter Politik betreiben. Foto: dpa

Berlin. Nein, ihr Dasein als Kanzlerin habe sich nicht verändert. Das ist Angela Merkels launige Antwort auf die Frage, ob sie sich nach den Wahlen in Frankreich, Griechenland und Schleswig-Holstein nicht irgendwie beschädigt fühlt.

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Immerhin wählten Franzosen und Griechen den von Merkel angeführten harten Euro-Sparkurs ebenso ab wie die Norddeutschen Schwarz-Gelb. Für Wahlen in anderen EU-Ländern fühle sie sich weniger verantwortlich, sagt die Kanzlerin.

Die Amtsinhaberin: Annegret Kramp-Karrenbauer(CDU). Die 49-Jährige, die im August 2011 die Nachfolge von Peter Müller antrat, machte bundesweit Schlagzeilen, als sie die erste Jamaika-Koalition auf Länderebene am 6. Januar aufkündigte. Dennoch sagt sie selbst von sich, dass sie nicht zu den „Lautsprechern“ in der Politik gehört. Gemäßigt im Ton und hart in der Sache, will die dreifache Mutter Politik betreiben.

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Der Herausforderer: Heiko Maas (SPD). Sein dritter Anlauf an diesem Sonntag wird von vielen Beobachtern als seine letzte Chance gesehen, den Weg aus der eigenen politischen Sackgasse zu finden. Dabei ist er nur auf der sicheren Seite, wenn er als Ministerpräsident einer rot-schwarzen Koalition aus dieser Wahl hervorgeht. Muss er die Sozialdemokraten als Juniorpartner in die Große Koalition führen, dürfte die innerparteiliche Luft für den Triathleten noch dünner werden.

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Die Abgeschobene: Simone Peter (Grüne). Die ehemalige Umweltministerin, die als Mitglied eines Spitzenquartetts die Saar-Grünen wieder in den Landtag führen will, macht keinen Hehl daraus, dass sie sich durch das Scheitern der schwarz-grün-gelben Koalition abgeschoben fühlt. „Wir sind kalt erwischt worden“, räumt die 46-Jährige in ungewohnter Einigkeit mit Landeschef Hubert Ulrich (54) ein.

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Der Politprofi: Oskar Lafontaine (Linke). Auch als Spitzenkandidat der Linken hat der Politprofi in seiner Heimat nach wie vor enorme Zugkraft, obwohl er vollkommen offen lässt, ob es den Fraktionschef im Landtag über kurz oder lang nicht doch wieder auf die Berliner Bühne zieht. Vorher lässt der 68-Jährige aber nichts unversucht, die von CDU und SPD angestrebte Heirat zu torpedieren.

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Der Trotzige: Oliver Luksic (FDP). Nach dem Scheitern der Jamaika-Koalition übernahm der 32-jährige Bundestagsabgeordnete den Vorsitz der Saarliberalen und kämpft nun – wie FDP-Politiker landauf, landab – mit miserablen Umfragewerten. Der Wiedereinzug in den saarländischen Landtag käme einem politischen Wunder gleich, dennoch gibt der Politikwissenschaftler den Trotzigen. „Jetzt erst recht“ lautet das Motto des liberalen Vorkämpfers.

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Die Unberechenbare: Jasmin Maurer (Piraten). „Wir wollen die Polizei vor Ort besser ausstatten.“ Diese Aussage kommt von Jasmin Maurer, Spitzenkandidatin der Piraten, die sich berechtigte Hoffnung auf den Einzug in den Saarbrücker Landtag machen darf. Seit 2010 ist die 22-Jährige Landesvorsitzende und sichtlich darum bemüht, das Themenspektrum der Partei auszuweiten. Dass man mit einer reduzierten Forderung nach einem „freien Internet“ auf Dauer nicht punkten kann, hat sie sich auf die Piraten-Fahne geschrieben.

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Mehr Verantwortung teilen möchte nun ihr Bundesumweltminister Norbert Röttgen, der als Spitzenkandidat der CDU an diesem Sonntag die Wahl in Nordrhein-Westfalen bestehen will. So erklärt er die Landtagswahl auch zur Abstimmung über Europa und Merkels EU-Finanzpolitik. Schließlich brauche sie dafür Rückenwind aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland. Seine Werbung für Merkels Europakurs hat er nach eigenen Worten mit ihr abgestimmt.

Ob sich die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin aber darunter vorstellt, dass ein schlechtes Wahlergebnis für Röttgen an diesem Sonntag automatisch mit ihrer Europapolitik verbunden wird, darf bezweifelt werden. Vielmehr erscheint es so, dass Merkel genau das nicht gebrauchen kann, wo sich doch der Wind in Europa gegen sie zu drehen droht. Das Thema Schulden jedoch will sie im NRW-Wahlkampf herausgearbeitet sehen – und zwar als Schuldenpolitik von SPD und Grünen. Rot-Grün liegt in den Umfragen deutlich vor Schwarz-Gelb.

Was die FDP betrifft, gibt sich Merkel betont gelassen. „Ich kann doch der FDP jetzt nicht einfach verbieten, über bestimmte Dinge nachzudenken“, sagt sie zu Spekulationen, die FDP könnte sich nach der NRW-Wahl für eine Ampel anbieten, falls es für Rot-Grün nicht reicht. Merkel fügt aber kühl hinzu, Ampelkonstellationen seien nicht gerade ein „Hort der Stabilität“. Wahlen in NRW werden oft als Vorboten für die nächste Bundestagswahl gewertet. Gerade noch totgesagt, kommt die FDP nach ihrem klaren Wiedereinzug in den Landtag von Schleswig-Holstein schon wieder in den Genuss der Beachtung als mögliches Zünglein an der Waage. Denn bevor die SPD in Düsseldorf noch einmal eine rot-grüne Minderheitsregierung bildet oder sich auf ein Bündnis mit der CDU einlässt, wird sie vermutlich lieber eine Ampel aufstellen und damit ein Signal für die Bundestagswahl 2013 setzen.

Die Wahl in Nordrhein-Westfalen dürfte für Merkel keine große Freude werden. Dass Röttgen einen schlechten Ausgang für die CDU abwenden kann, wird laut Umfragen nicht für möglich gehalten. Vielmehr sieht es danach aus, dass er mit etwas mehr als 30 Prozent das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der NRW-CDU einfahren könnte. Und weil die SPD demnach genügend Machtoptionen hätte, wird es kaum eine Regierungsbeteiligung der CDU geben.

Röttgen hat sich dem Wahlkampf nicht mit Haut und Haaren verschrieben, wie man es in der CDU-Spitze gern gesehen hätte. So ließ er offen, ob er auch als Oppositionsführer nach Düsseldorf gehen würde. Erst am Wahlabend will er sich dazu erklären. In Berlin rechnet niemand damit, dass er bei einer Niederlage seinen Posten im Bund aufgibt. Und das würde wohl auch Merkel dann nicht mehr wollen, weil damit nichts gewonnen wäre, sondern nur zusätzlich verloren: Röttgen als Bundesumweltminister für die schwierige Energiewende.

Die FDP könnte sich langsam erholen. Was noch nicht bedeutet, dass ihr Parteichef, Vizekanzler Philipp Rösler, aus dem Schneider ist. Zwar würde ihm eine Wahlniederlage angelastet, nicht aber der Erfolg zugeschrieben. Das bekommt er nun schon nach der Wahl in Kiel zu spüren. Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki wird gefeiert, Rösler hingegen nicht.

Von Kristina Dunz