Der Boeing-Albtraum: Das hochmoderne Flugzeug „Dreamliner“ bleibt am Boden

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Flugverbot für Boeings „Dreamliner“, das Traumflugzeug hat eine technische Bauchlandung hingelegt. Der Vorzeigeflieger des US-Flugzeugbauers darf wegen Brandgefahr vorerst weltweit nicht mehr abheben. Behörden in den USA, Europa und anderen Ländern haben das Flugzeug aus dem Verkehr gezogen. Boeing könnte das Problem teuer zu stehen kommen.

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Auslöser für das behördlich verhängte Flugverbot ist die Notlandung eines „Dreamliners“ in Japan, in dem eine Batterie geschmort hatte. Bevor eine der Maschinen wieder starten darf, muss die Sicherheit der Batterien nachgewiesen werden. Noch ist das Problem nicht gelöst.

Als erste Institution sprach die US-Luftfahrtbehörde FAA in der Nacht zum Donnerstag ein Flugverbot aus. Es war das erste Mal seit 34 Jahren, dass die FAA ein Flugverbot für alle Maschinen eines Typs verhängt hat. Die Aufseher in Japan, Europa, Indien, Katar und Chile schlossen sich an. Die japanischen Gesellschaften All Nippon Airways (ANA) und Japan Airlines (JAL) hatten bereits am Mittwoch kurz nach der Notlandung der ANA-Maschine im japanischen Takamatsu vorerst alle Flüge mit dem „Dreamliner“ ausgesetzt.

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Polnische Linie LOT denkt

an Schadensersatz

Die einzige europäische Airline mit dem „Dreamliner“ in ihrer Flotte, die polnische LOT, prüft möglichen Schadensersatz wegen des Flugverbots für den Langstreckenjet. „Wir zählen jetzt die Kosten für den Flugausfall und die Ersatzmaschinen und erwägen, von Boeing eine Entschädigung zu verlangen“, sagte Unternehmenssprecher Marek Klucinski. „Wie lange die technische Überprüfung dauert und wann die Dreamliner wieder fliegen können, steht noch nicht fest.“ LOT hatte als erste europäische Fluggesellschaft bisher zwei „Dreamliner“ in ihre Flotte aufgenommen und umfangreich für die neuen Maschinen geworben. Erst in der Nacht zu Donnerstag war ein LOT-„Dreamliner“ zum ersten Langstreckenflug nach Chicago, dem Zentrum der polnischen Diaspora in den USA gestartet. Nach der Landung erfuhren Pilot und Passagiere, dass die Maschine nach den Bestimmungen der US-Luftfahrtsbehörde FAA vorerst am Boden bleiben muss. „Für uns kam das überraschend“, sagte Flugkapitän Krzysztof Lenartowicz einem polnischen Fernsehsender. Die Maschine konnte nicht wie geplant nach Europa zurückfliegen, jetzt steht sie in Chicago und darf vorerst nicht mehr starten.

Boeing bedauerte die Ereignisse, steht aber weiterhin zu seinem jüngsten Flugzeugmodell. „Wir sind überzeugt, dass die 787 sicher ist“, sagte Boeing-Chef Jim McNerney. Das Unternehmen arbeite mit der FAA und anderen Behörden daran, nach der Hiobsbotschaft so schnell wie möglich Antworten auf die drängenden Fragen zu finden.

US-Experten wollen nun in Japan den Pannenflieger unter die Lupe nehmen. Das könnte aber schwierig werden. „Niemand kennt die Lösung, weil niemand weiß, wo das Problem liegt“, sagte der ehemalige FAA-Sicherheitsexperte John Goglia. Das hochmoderne Flugzeug ist stärker als ältere Modelle auf Strom angewiesen. Viele hydraulische Systeme wurden durch moderne Computersteuerungen ersetzt.

Bereits in der Vorwoche hatte eine Batterie eines am Boden stehenden „Dreamliners“ der JAL Feuer gefangen, außerdem verlor ein Flugzeug vor dem Start rund 150 Liter Treibstoff. Weiter ging die Pannenserie mit einer Störung des Bremscomputers an einem ANA-Jet, einem Ölleck und einem Riss in einem Cockpit-Fenster.

Den beiden japanischen Gesellschaften JAL und ANA gehören mit 24 Maschinen fast die Hälfte der bisher 50 ausgelieferten „Dreamliner“-Jets. Auch die übrigen Betreiber United Airlines, Air India, LAN Airlines, Qatar Airways, Ethiopian Airlines und die polnische LOT lassen ihre Maschinen inzwischen am Boden.

Bislang gibt es nur zwei

Bestellungen aus Deutschland

In Deutschland hat bislang keine einzige Fluggesellschaft den „Dreamliner“ in der Flotte. Air Berlin hat 15 Stück bestellt, die 2015 ausgeliefert werden sollen. Tui Travel will 13 Maschinen abnehmen. Diese sollen aber nicht bei der deutschen Tochter Tuifly, sondern in Großbritannien und anderen europäischen Nachbarländern eingesetzt werden. Insgesamt liegen Boeing mehr als 800 Bestellungen für die jeweils etwa 200 Millionen Dollar teuren Flieger vor. Für die Boeing-Aktie ging es nach dem Flugverbot nach unten.