Dafür: Peter Hintze (CDU)

Ich setze mich für eine Regelung ein, mit der wir den betroffenen Eltern das klare Signal geben, dass sich der Gesetzgeber ihrer existenziellen Nöte annimmt und sie in ihrem Wunsch nach einem eigenen Kind stärkt.

Lesezeit: 3 Minuten
Anzeige

Von Peter Hintze

Ich setze mich für eine Regelung ein, mit der wir den betroffenen Eltern das klare Signal geben, dass sich der Gesetzgeber ihrer existenziellen Nöte annimmt und sie in ihrem Wunsch nach einem eigenen Kind stärkt. Die Präimplantationsdiagnostik (PID) bedeutet ein Ja zum eigenen Kind und ein Ja zum Leben. Sie ermöglicht erblich vorbelasteten Eltern, sich für ein eigenes Kind zu entscheiden. Und sie hilft, Tot- und Fehlgeburten sowie die besonders problematischen Spätabtreibungen zu vermeiden. Die Zulassung der PID ist für mich ein Gebot der humanitären Vernunft.

Ich möchte, dass wir von der Situation der Frau ausgehen und deren Selbstbestimmung stärken. Um Frauen vor körperlichen und seelischen Qualen zu bewahren, soll eine PID in zwei Fällen erlaubt sein:

Wenn aufgrund einer erblichen Vorbelastung der Eltern beziehungsweise eines Elternteils eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass das Kind ebenfalls eine schwerwiegende Erbkrankheit aufweisen wird.

In den Fällen, in denen aufgrund einer schwerwiegenden genetischen Schädigung des Embryos mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Tot- oder Fehlgeburt droht, ohne dass bei den Eltern eine genetische Vorbelastung festgestellt werden kann. In diesen Fällen muss die Frau entweder befürchten, aufgrund ihres Wissens über eine schwere genetische Schädigung ihres Kindes in einen schwerwiegenden Schwangerschaftskonflikt zu geraten, der eine Abtreibung rechtfertigen würde. Oder sie muss befürchten, mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Tot- oder Fehlgeburt zu erleiden, die tief in ihr Leben eingreift und traumatisch nachwirkt.

Frauen, die die Tortur einer künstlichen Befruchtung aus dem sehnlichen Wunsch nach einem Kind heraus auf sich nehmen, ein Interesse an einem Designerbaby zu unterstellen, wäre anmaßend und ginge an der Lebenswirklichkeit vorbei. Häufig sind es gerade die Eltern, die bereits ein Kind mit Behinderungen haben und sich liebevoll um dieses Kind kümmern, die sich ein weiteres Kind wünschen und nun große Gewissensqualen erleiden. Diesen Eltern sollten wir helfen, sich für ein Kind zu entscheiden.

Ein Totalverbot der PID würde zu gravierenden Wertungswidersprüchen in unserer Rechtsordnung führen. Das geltende Recht erlaubt eine Pränataldiagnose während der Schwangerschaft. Es erlaubt die Verwendung der Spirale, die eine Einnistung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter verhindert. Und es erlaubt, aufgrund eines diagnostizierten schweren genetischen Schadens einen Schwangerschaftsabbruch sogar bis kurz vor der Geburt durchzuführen.

Daher wäre es widersinnig, die Untersuchung einer befruchteten Eizelle außerhalb des Mutterleibes zu verbieten. Ein Verbot würde Frauen sehenden Auges in einen Schwangerschaftskonflikt, in eine Tot- oder Fehlgeburt treiben.

Ein PID-Verbot hätte auch zur Folge, dass eine befruchtete Eizelle in der Petrischale höher gewertet wird als ein Embryo im Mutterleib. Dies hielte ich für einen kategorialen Fehler. Für mich gibt es einen klaren Unterschied zwischen einem Menschen und einer befruchteten Eizelle in der Petrischale.

Für diese Unterscheidung sprechen gewichtige Gründe. Damit sich eine befruchtete Eizelle fortentwickeln kann, ist sie notwendigerweise auf die Verbindung mit der Mutter angewiesen. Außerhalb des Mutterleibes findet der Entwicklungsprozess aus biologischen Gründen ein natürliches Ende. Die Anthropologie sagt uns, dass den Menschen seine Fähigkeit zur Geschichte und zum Gegenüber ausmacht. Diese Fähigkeit ist erst mit der Entwicklung innerhalb des Mutterleibes gegeben, da erst ab diesem Zeitpunkt unter normalen Umständen die Chance auf eine Fortentwicklung bis zur Geburt besteht. Auch unsere ethische Intuition sagt uns, dass es diesen Unterschied gibt. Hierfür spricht ein Gedankenexperiment: Was retten wir zuerst, wenn ein Krankenhaus in Flammen steht: ein Baby oder den Behälter mit tiefgefrorenen befruchteten Eizellen? Für mich gilt: Der Mensch ist mehr als die Summe seiner Gene.

Der Gesetzgeber sollte in allen Fragen, die die körperliche und seelische Verfasstheit eines Menschen betreffen, die größtmögliche Zurückhaltung wahren. Dazu gehören Fragen, die die Verbindung der Mutter zum ungeborenen Leben betreffen. Hier haben rigide Verbote und Strafen nichts zu suchen. Ein PID-Verbot liefe im Übrigen auf ein medizinisches Erkenntnisverbot zulasten der Frau hinaus. Die Geschichte lehrt: Solche Erkenntnisverbote sind stets zum Scheitern verurteilt.

Der Vorwurf, dass die PID zu einer Veränderung unser Einstellung zum Leben führt, wird durch die Praxis in den zivilisierten Staaten, die die PID anwenden, klar widerlegt. Glücklicherweise erleben wir heute, auch nach 40 Jahren Fortpflanzungsmedizin und 20 Jahren PID-Erfahrung in Europa, dass Menschen mit Behinderungen wesentlich sensibler begegnet wird und sie mehr Integration erfahren. Das sollte uns allen Mut machen, den verantwortlich handelnden Ärzten zu vertrauen. Die Ärzte sehen das Leid in der Praxis und helfen. Die Politik sollte sie dabei unterstützen.