RZ-KOMMENTAR: In der Schulpolitik darf es keine
 Hätschel- und Stiefkinder geben

Wie verhält es sich nun in Rheinland-Pfalz mit der Unterrichtsversorgung? Hat die Landesregierung jahrelang ein glitzerndes Trugbild mit ihrer Behauptung erschaffen, Bildung sei im Land nicht nur kostenlos sondern auch vorbildlich? Wenn man die Reaktionen der Lehrerverbände auf die Schulstatistik betrachtet, könnte man zu diesem Schluss gelangen. Doch wie so oft sind Wahrheit und Wirklichkeit kompliziert.

Lesezeit: 1 Minute
Anzeige

Wie verhält es sich nun in Rheinland-Pfalz mit der Unterrichtsversorgung? Hat die Landesregierung jahrelang ein glitzerndes Trugbild mit ihrer Behauptung erschaffen, Bildung sei im Land nicht nur kostenlos sondern auch vorbildlich? Wenn man die Reaktionen der Lehrerverbände auf die Schulstatistik betrachtet, könnte man zu diesem Schluss gelangen. Doch wie so oft sind Wahrheit und Wirklichkeit kompliziert.

Fakt ist: Auch mit einem strukturellen Unterrichtsausfall von 2,4 Prozent hält Rheinland-Pfalz in der Bildungspolitik noch immer ein hohes Niveau. Erststudium und Kinderbetreuung sind kostenlos. Es gibt eine Fülle von Schulformen mit einer Fülle von Aufstiegsperspektiven. Die Klassen sind kleiner als anderswo. Und selbst in abgelegenen Regionen wird keine Grundschule geschlossen. All das muss man berücksichtigen, wenn man ein lautstarkes Klagelied anstimmt.

Doch Fakt ist auch: Natürlich wird in der Bildung gespart. Wer die Größe des Bildungsetats sieht, kann zu keiner anderen Erkenntnis kommen. Und die schlechtere Unterrichtsversorgung hat natürlich auch damit zu tun, dass nicht mehr genug Vertretungslehrer eingestellt werden, um den Fehlbedarf zu decken. Besonders Förderschulen und Gymnasien werden von dieser Entwicklung hart getroffen. Hier muss die Regierung gegensteuern, um den Vorwurf zu entkräften, dass es in der rheinland-pfälzischen Bildungspolitik Hätschel- und Stiefkinder gibt. Wer Bildungsgerechtigkeit propagiert, muss auch für Verteilungsgerechtigkeit bei der Stellen- und Mittelvergabe sorgen.

Doch zurück zu Ausgangsfrage: Wie steht das Land mit der Unterrichtsversorgung da? Diese Frage wäre leichter zu beantworten, wenn es einheitliche und damit überprüfbare Zahlen gäbe. Doch einen erhellenden Ländervergleich hat weder die Kultusministerkonferenz noch das Statistische Bundesamt zu bieten. An aussagekräftige Vergleichswerte heranzukommen, ist in etwa so leicht, als wollte man die Tresorkombination der Bundesbank knacken. Dabei würde Transparenz die Debatte versachlichen. Im Länder-Dickicht so unterschiedlicher wie unverständlicher Kriterien wuchert nur Misstrauen. Denn eine gute Unterrichtsversorgung ist schnell behauptet – und schwer bewiesen. Was auch umgekehrt gilt. Der ewige Zahlenstreit um die Fehlstunden wäre übrigens guter Stoff für den Mathematikunterricht. Falls dieser nicht ausfällt.

Email: dietmar.brueck@rhein-zeitung.net