RZ-KOMMENTAR: Brüsseler Regulierungswut hat jedes Maß und Ziel verloren

Europa lässt grüßen. Doch nach so vielen negativen Schlagzeilen über Finanzkrisen, Haushaltsdefizite und diverse Rettungsschirme wird jetzt endlich noch mal über sinnvolle politische Initiativen aus Brüssel gesprochen. Zum Beispiel über den brandaktuellen Plan, Autos ab einem biblischen Alter von sieben Jahren jedes Jahr zum TÜV zu schicken. Endlich packt das einer an ...

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Vorsicht! Dies war Ironie. Denn eigentlich ärgert es mich und vermutlich viele andere Bundesbürger, was da gerade an neuer Regulierungswelle auf uns zurollt. Denn die EU meint es offensichtlich ernst. Sie will einen jährlichen TÜV für alle Autos ab dem siebten Jahr der Zulassung – das hieße auf heute übertragen: Jedes Auto, das im Jahr 2005 (!) in Deutschland auf die Straße kam, ist heute in einem technischen Zustand, dass es alle zwölf Monate unter die Lupe der TÜV-Experten muss. Was soll das?

Selbst als absoluter Laie in Sachen Automobiltechnik hat man das untrügliche Gefühl, dass moderne Fahrzeuge in Sachen Sicherheit meilenweit entfernt sind von manch alten Klapperkisten früherer Jahre. Auch ADAC-Experten verweisen mit Recht darauf, dass lediglich 0,5 Prozent der schweren Unfälle durch technische Defekte verursacht worden sind. Was also hat sich auf deutschen Straßen verändert, dass die EU jetzt so weitreichend eingreifen will? Wieso will EU-Verkehrskommissar Kallas den Autofahrern noch mehr Geld aus der Tasche ziehen?

Es bleibt im Grunde nur eine Antwort übrig: Es herrscht in Brüssel eine Regulierungswut, die jedes Maß und Ziel verloren hat. Alles muss auf Einheitlichkeit getrimmt werden, und zwar möglichst auf den absolut höchsten Standard, den man sich ausdenken kann. So sind schon viele Städte und Gemeinden finanziell ausgeblutet, und so wird auch Europa zu einem Luxusartikel. Auf diese Weise sorgt man lediglich dafür, dass den Bundesbürger beim Gedanken an Europa vor allem Unwohlsein beschleicht.

Wie wäre es denn andersherum? Wieso kann das vorbildliche deutsche TÜV-System nicht zum Vorbild für Europa werden – möglicherweise sinnvoll ergänzt durch eine jährliche TÜV-Regelung für wirklich ältere Autos?

Der TÜV Süd begrüßte übrigens das Vorhaben. Es sei „richtig und nachvollziehbar“, die Prüffristen in den EU-Ländern zu vereinheitlichen. Auch die Dekra lobte die Pläne. Wen wundert's.

E-Mail: manfred.ruch@rhein-zeitung.net