Berlin

Hacker-Wettbewerb liefert „+1“ und „Like“ für unterwegs Facebook RHoK Off Like

Von freundlichen Hackern entwickelt: Eine bei einem Programmierwettbewerb in Berlin entwickelte App eröffnet ganz neue Möglichkeiten im Marketing – den „Like“-Knopf, „+1“-Button und die „Flattr“-Möglichkeit für die Straße im Vorbeigehen. Über QR-Codes erreicht das digitale Teilen die Offline-Welt: „Off Like“. Der Gedanke ist simpel, die Idee hatte so nur offenbar bisher niemand.

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Berlin – Von freundlichen Hackern entwickelt: Eine bei einem Programmierwettbewerb in Berlin entwickelte App eröffnet ganz neue Möglichkeiten im Marketing – den „Like“-Knopf, „+1“-Button und die „Flattr“-Möglichkeit für die Straße im Vorbeigehen. Über QR-Codes erreicht das digitale Teilen die Offline-Welt: „Off Like“. Der Gedanke ist simpel, die Idee hatte so nur offenbar bisher niemand.

„Liken“ und „+1“ Verteilen im Vorbeigehen: Wer alle Funktionen von Off Like nutzen will, benötigt derzeit ein Android-Handy und die kostenlose App.

Auf der Off Like-Seite wird eine Kampagne angelegt – also die Überschrift und der Text geschrieben, der später angezeigt werden soll.

Dann steht man vor der Frage, wie viele unterschiedliche QR-Codes man haben möchte. Sie führen alle zur gleichen Kampagne – aber der Kampagnenersteller kann sie einzeln registrieren und damit Plakate identifizierbar machen.

Der QR-Code ist generiert.

Nur mit der App ist es derzeit für den Kampagnenersteller möglich, unterschiedliche QR-Codes einem Ort mit GPS-Daten zuzuweisen. Auf einer Karte kann man in dem Fall online sehen, welcher QR-Code wo wie oft eingescannt wurde.

Der QR-Code wird zum Beispiel auf einem Plakat angebracht.

Ein Nutzer scannt den Code vom Plakat ein. Dafür ist kein Android-Gerät notwendig – hier ist der Vorgang mit einem iPhone zu sehen.

Der QR-Code wird schnell erkannt und der Nutzer auf die Seite weitergeleitet, auf der er dann für die Kampagne den Like-Button klicken oder ein „+1“ vergeben kann – hier wieder die Ansicht mit einem Android-Gerät und der App. Auch einen Tweet abzuschicken oder über Micropayment für die Sache spenden soll möglich werden.

In einzelnen Schritten: So funktioniert der Like-Button für unterwegs.

Nach dem Klick auf „Gefällt mir“ erscheint ein Link zu der Kampagne auf der Facebook-Seite. Derzeit sehen noch alle Kampagnen dann so aus – mit wenig Programmieraufwand sollen die Nutzer aber künftig Infos zur Kampagne sehen.

Jedes halbe Jahr treffen sich Hunderte Programmierer weltweit, um bei den Random Hacks of Kindness (RHoK) offene Softwarelösungen zu entwickeln, die das Leben besser machen, Hilfsdiensten und Behörden helfen und Probleme lösen. Es geht um Klimawandel, Katastrophen und humanitäre Probleme. Beim RHoK Berlin gingen 70 Programmierer und Designer acht Projekte an. Gewonnen hat eine Gruppe, die es Organisationen einfacher machen soll, auf der Straße Unterstützer für Kampagnen im Netz zu finden. Aber das Ergebnis dieses „Hacking for Humanity“ eröffnet auch großen Unternehmen neue Potentiale im Marketing und kleinen Bürgerinitiativen neue Wege.

Der Anstoß kam von Stewart Marshall, offenbar der Software-Verantwortlicher bei der Hilfsorganisation Oxfam. Zigtausende Fans bei Facebook haben die Kampagnen seiner Organisation, im Netz wird eifrig darüber geredet. Und dann gibt es Plakate, die die Menschen ausdrucken und aufhängen können. Aber wie beides zusammenbringen? „Online hebt unsere Kampagne ab, aber Veränderung passiert in der realen Welt“, meinte Marshall und erbat die Hilfe der Hacker – Organisationen können Probleme zur Lösung vorschlagen. Sein Anliegen: Online- und Offline-Aktion sollten zusammengebracht werden, Unterstützung sollte ohne viel Aufwand auch von unterwegs gespendet werden können. Noch mehr: Er erhoffte sich auch Informationen, wo überall Plakate hängen.

Die mögliche Lösung lieferten sieben Programmierer innerhalb von 27 Stunden bei dem Hackathlon in Berlin: Ein Like-Button für Papier, die Unterstützung einer Idee von unterwegs – ideell über Facebook und Google+ oder auch finanziell mit Flattr. Nutzer müssen nur einen QR-Code abscannen. Und diesen QR-Code, aus schwarzen und weißen Flächen gebildetes Quadrat, erstellt ihr Projekt „Off Like“. Ein Quadrat kann dann in die Plakate integriert werden – oder jedes Plakat bekommt einen eigener QR-Code, um auf einer Karte nachverfolgen zu können, wo ein Code wie oft eingescannt wurde. Eine Antwort darauf, wo ein Plakat auf welche Resonanz gestoßen ist. Ein Gradmesser für Wirkung, der auch in der Wirtschaft sehr interessant sein dürfte. Vorstellbar wäre aber auch, dass Einzelhandel oder Gastronomie das „Liken“ in ihren Räumen mit Rabatten oder Zugaben belohnen – wie es das etwa beim Einchecken mit dem Foursquare bereits gibt.

Den Sprung aus der Online- in die Offline-Welt hat der Facebook-Daumen schon lange geschafft – hier zu Schalke-Fans, die Felix Magath nicht mehr mochten. Wenn dieses Banner einen QR-Code  hätte, könnten Stadionbesucher auch gleich per Like der Aussage zustimmen. Offline- und Online-Welt sind endgültig verbunden.
Den Sprung aus der Online- in die Offline-Welt hat der Facebook-Daumen schon lange geschafft – hier zu Schalke-Fans, die Felix Magath nicht mehr mochten. Wenn dieses Banner einen QR-Code hätte, könnten Stadionbesucher auch gleich per Like der Aussage zustimmen. Offline- und Online-Welt sind endgültig verbunden.
Foto: dpa
Die Jury wurde auch „überzeugt von den breiten Einsatzmöglichkeiten dieser Anwendung“, sagt Anke Domscheit-Berg, seit Anfang an dabei im Organisationsteam des RHoK Berlin. An die wirtschaftliche Komponente habe die Gruppe aber zunächst gar nicht gedacht. Und eine mögliche Anwendung in der Wirtschaft sei ja kein Makel für das Projekt. „Das Wichtige ist, dass es Organisationen ein kostenloses Handwerkszeug gibt, das ihnen sehr helfen kann.“ Und die Software ist offen, jeder kann sie also verwenden und für eigene Bedürfnisse noch anpassen.

Und daran arbeiten wird auch noch das Team, das Off Like erfunden hat, wie Milena Glimbovski sagt, 21-jährige Mediengestalterin, die in dem Team den Designpart bei der Webseite übernahm und eine von elf Frauen beim RHoK war. „Zumindest zu dritt wollen wir uns weiterhin treffen, um an der Anwendung weiterzuarbeiten. Trotz der großen Fortschritte während des Wettbewerbs ist das zum einen nötig, um den Prototypen voll funktionsfähig zu machen. Außerdem: „Die Idee hat uns einfach begeistert, und man kann noch so viel mehr daraus machen“.

Aktuell wird nach dem Liken bei Facebook noch nicht die Kampagne selbst angezeigt, sondern nur ein allgemeiner „Off Like“-Text mit Link zu der Kampagne. „Wir müssen da eigentlich nur noch die Facebook-Graph-Informationen in den Header schreiben“, sagt Klas Kalass, der die Federführung in der Gruppe hatte. Hexenwerk sei die Anwendung nicht: „Ich denke, es hat nur bisher niemand daran gedacht. Man musste es nur mal machen!“

Milena Glimbovski präsentiert
Milena Glimbovski präsentiert „Off LIke“ beim „Random Hacks of Kindness“ in Berlin. Die Anwendung, um Offlne-Welt und Soziale Netzwerke zusammenzubringen, gewann dort den ersten Preis.
Die Gruppe hatte weniger Riesen-Organisationen wie Oxfam vor Augen. „Es lässt sich ja auch hervorragend einsetzen für kleine Projekte vor der Haustür“, sagt Glim. „Wenn Leute meinen, dass an einer bestimmten Stelle eine Fußgängerampel nötig ist, hängen sie ein Plakat in der Nähe auf und können so andere finden, die die Forderung auf dem Plakat unterstützen wollen.“ Nicht einmal eine eigene Webseite ist nötig: „Vielleicht hilft OffLike, lokal etwas zu bewegen – da ist die Bereitschaft ja auch besonders hoch, sich zu engagieren.

Bei Problemen vor der Haustür setzt auch die zweitplatzierte Lösung an: Die Anwendung „Broken Lifts“ zeigt die Funktionsfähigkeit von Fahrstühlen im ÖPNV Berlins auf und erlaubt es, gestörte Fahrstühle zu melden. Die ganze Bandbreite des Wettbewerbs wird mit dem dritten Platz deutlich: „Climate Goggles“, eine Idee des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung soll helfen, wissenschaftlich fundierte Antworten auf Fragen zum Klimawandel von Informationen mit pseudo-wissenschaftlichen Anstrich zu unterscheiden.

Lars Wienand