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Koblenz

Gefährdet Wasserschutzgebiet die Wirtschaft? Neue Vorgaben betreffen mehr als 1500 Firmen

Von Reinhard Kallenbach
Für das Wasserschutzgebiet Koblenz/Urmitz ist eine neue Rechtsverordnung in Arbeit.
Für das Wasserschutzgebiet Koblenz/Urmitz ist eine neue Rechtsverordnung in Arbeit. Foto: Reinhard Kallenb

Die Praxis zeigt: Es ist müßig, über die Ursachen des Klimawandels zu diskutieren, Fakt ist, dass er stattfindet. Eine der Folgen ist, dass die Trinkwasserversorger ihre Verbundsysteme auf Vordermann bringen. Das wirkt sich oft auch auf die Struktur der Wasserschutzgebiete aus. Auch für das große Wasserschutzgebiet Koblenz/Urmitz stehen Veränderungen an. Daher sind mehr als 1500 Betriebe mit rund 40.000 Mitarbeitern betroffen.

Lesezeit: 3 Minuten
Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord hat den Entwurf einer neuen Rechtsverordnung offengelegt, die vor allem für das Industriegebiet Rheinhafen und die angrenzenden Gebiete Neuerungen bringt. Wir nennen die wichtigsten Punkte. 1 Was ist ein Wasserschutzgebiet? Grundsätzlich ist das ein Gebiet, in denen das Grund- und Oberflächenwasser geschützt ist. Ziel ist ...
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RZ-Kommentar: Folgen nur scheibchenweise serviert

Reinahrd Kallenbach zur nenuen Verordnung der SGD Nord:

Ohne hygienisch einwandfreies Trinkwasser geht gar nichts. Der neue Zuschnitt des Wasserschutzgebiets ist deshalb vor allem eins: ein wichtiger Beitrag zur Daseinsvorsorge in Koblenz und im Kreisgebiet. Zusätzlich geht es darum, einen leistungsfähigen Verbund zu sichern und auszubauen, der in trockenen Zeiten auch die Versorgung auf den Höhen sichert. Das versteht jeder. Doch es scheint so mancher nicht immer zu verstehen, dass Betriebe in den von der neuen Rechtsverordnung betroffenen Bereichen Planungssicherheit brauchen. Wer in den vergangenen Monaten die Entwicklungen verfolgt hat, könnte den Eindruck gewinnen, dass die für Betriebe zum Teil gravierenden Auswirkungen heute und in naher Zukunft nur scheibchenweise serviert werden. Was für die größeren Unternehmen ein teures Ärgernis ist, dürfte für die „Kleinen“ sehr schnell existenzbedrohende Dimensionen annehmen, zumal schon die Verschärfung von Gesetzen und Auflagen seit Jahren teure Folgen hatten. Datenschutz ist da nur ein Beispiel.

Bleibt zu hoffen, dass sich Wasserschützer und Wirtschaft auf vernünftige Kompromisse einigen. Sonst profitieren am Ende nur die Rechtsanwälte. In diesem Fall braucht man sich nicht zu wundern, wenn so mancher – oft persönlich haftender – Unternehmer irgendwann sagt „Ich habe keine Lust mehr“.

E-Mail: reinhard.kallenbach@rhein-zeitung.net

Vor allem kleinere Firmen sehen sich in ihrer Existenz bedroht

Koblenz. Der Neuzuschnitt des großen Wasserschutzgebiets Koblenz/Urmitz bewegt die Gemüter. Grundstückseigner setzen die verschärften Auflagen der neuen Rechtsverordnung der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord mit einer Quasi-Enteignung gleich, Betriebsinhaber fürchten, dass die Hürden für die tägliche Arbeit und geplante Investitionen künftig so hoch sind, dass ihre Existenz bedroht ist.

Noch ist das Ganze ein Entwurf, das könnte sich jedoch schon im Herbst ändern. Bei einem Informationsabend im Zentrum für Ernährung und Gestaltung der Handwerkskammer (HwK) ging es deshalb vor allem darum, Klarheit zu schaffen. „Da rasen zwei Güterzüge aufeinander zu. Es geht jetzt darum, die Gleise so zu bauen, dass die Züge aneinander vorbeikommen“, betonte Hausherr Alexander Baden.

Und deshalb arbeitet der HwK-Hauptgeschäftsführer in der Sache seit Monaten eng mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) Koblenz zusammen, die als Mitveranstalter geladen hatte. „Wir sind in Sorge“, ergänzte Arne Rössel. Der IHK-Hauptgeschäftsführer sollte in der von seinem Stellvertreter Bertram Weirich moderierten Runde später noch nachlegen. Er empfiehlt Unternehmen derzeit nicht, im Bereich des Industriegebiets Rheinhafen zu investieren. Der Hintergrund: Es besteht zurzeit keine Planungssicherheit. Wenn der Entwurf der Rechtsverordnung im Großen und Ganzen so durchgeht wie geplant, wird es nach Einschätzung der Wirtschaftskammern so sein, dass es für einige Branchen künftig nicht mehr möglich ist, dort zu arbeiten.

Zwar gilt ein Bestandsschutz für Anlagen, doch könnten nach Einschätzung von Juristen Änderungen im Bestand dazu führen, dass der ganze Betrieb auf dem Prüfstand steht. Da können auch für kleinere Betriebe unter Umständen Mehrkosten in sechsstelliger Höhe zukommen.„Das ist existenzbedrohend“, betonte die Repräsentantin eines Handwerksbetriebs.

Ein Grundstückseigner ergänzte, dass der Wert seines Areals wegen der künftigen Einschränkungen erheblich sinken wird. Er setzte das Ganze mit einer Enteignung gleich, was es aus rechtlicher Sicht nicht ist. Der Abend machte nämlich deutlich, dass Nutzungseinschränkungen entschädigungslos hinzunehmen sind, wenn man die Widerspruchsfrist verstreichen lässt, die am 4. Oktober ausläuft. Deshalb warnte auch HwK-Justiziarin Susanne Terhorst davor, untätig zu bleiben. Die Leiterin der Rechtsberatung und Stephanie Binge, Chefin der HwK-Betriebsberatung, rieten dazu, sich an die Kammern zu wenden. Denn sie können als Träger öffentlicher Belange Anregungen und Bedenken der Betriebe einbringen – und wohl auch eine Verlängerung der Widerspruchsfrist erreichen. Unternehmer können natürlich auch selbst aktiv werden, müssen aber Zeit investieren, ihre Anliegen möglichst präzise zu formulieren. Schon jetzt steht, so Christian Jütte, Experte für Bauleitplanung bei der IHK, eine zentrale Forderung der Kammern ganz oben auf der Liste: Ein erweiterter Bestandschutz, der eben nicht nur einzelne Anlagen, sondern komplette Betriebe gilt.

Joachim Gerke, der zuständige Abteilungsleiter für Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz appelliert an Investitionswillige, sich von Anfang an mit seiner Behörde abzustimmen, damit es erst gar nicht zum Konflikt kommt. Es gibt auch Sprechstunden. Existenzbedrohende Situationen sieht er nicht. Und auch Alexander Baden versuchte, den Unternehmern Mut zu machen. Der Hauptgeschäftsführer verwies darauf, dass die Betriebe schon jetzt nach strengen und vor allem aktuellen Umweltstandards arbeiten, sodass sie wenig zu befürchten haben. Das sehen jedoch viele Unternehmen anders.

Gut 25 Betriebe haben sich zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen, die von Rechtsanwalt Marcel Séché vertreten wird. Der Koblenzer Fachanwalt für Verwaltungsrecht präsentierte eine ganze Liste mit Unklarheiten der Rechtsverordnungen und Verbesserungsforderungen. Aus SGD-Sicht steht dagegen, dass man bewusst flexible Formulierungen gewählt hat, um bilaterale Abstimmungen zwischen Behörde und Betrieben zu erreichen.

Betriebe können sich bei der HwK Koblenz via E-Mail melden: recht@hwk-koblenz.de oder bei der IHK Koblenz, Kontakt: juette@koblenz.ihk.de

Von unserem Mitarbeiter Reinhard Kallenbach
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