Simmern. Mehr als 1000 Unterschriften für den Verbleib der Familie Abuev hat der VfR Simmern mit seiner Aktion „Islam muss bleiben“ in den vergangenen Tagen gesammelt. Damit will der Verein auf den strittigen Fall der geplanten Abschiebung eines 2010 mit seinen Kindern aus Tschetschenien geflohenen Familienvaters aufmerksam machen. Alles hängt laut Verwaltung und Landrat Bröhr an Ausweispapieren. Zumindest der Vater hat nun einen Pass – bringt das die Wende?
Zu den vier Kindern Abuev gehört der 15 Jahre alte Fußballer Islam, der seit 2015 für den VfR spielt. „Wir stehen zu unserem Spieler und zu seiner Familie“, sagt Kay Wohlfahrt seitens der Fußballabteilung. „Wir sind der Auffassung, dass die Familie, die seit fast fünf Jahren in Deutschland lebt, ein Recht darauf hat, in unserem Kreis einen Aufenthaltstitel zu erhalten.“
Dies betonen die Verantwortlichen des VfR vor allem vor dem Hintergrund, dass seit Mittwoch ein Pass für den Vater der Familie vorliegt. „Aus unserer Sicht liegt damit ein Grund vor, dass die Kreisverwaltung einlenken kann.“
Der Fall ist kompliziert: Im Sommer vergangenen Jahres scheiterte der von der Familie gestellte Antrag auf Asyl (wir berichteten). Experten des Asylrechts erklären allerdings, dass dies angesichts der Herkunft der Familie Abuev wenig überraschend sei. Die Aussichten, in Deutschland Asyl zu bekommen, sei für Tschetschenen grundsätzlich trotz der schwierigen Lage in diesem Land wenig erfolgsversprechend.
Der Asylantrag der Familie Abuev scheiterte letztinstanzlich im Sommer vergangenen Jahres mit einer Klage vor dem Oberverwaltungsgericht. Aufgrund der inzwischen bereits rund fünf Jahre andauernden Aufenthaltsdauer der Familie im Rhein-Hunsrück-Kreis und, wie es der VfR Simmern beschreibt, „gelungener Integrationsbemühungen auf beiden Seiten“, wird seit Monaten über einen Verbleib der Familie nach dem Aufenthaltsrecht verhandelt (wir berichteten). Wie Landrat Marlon Bröhr gegenüber unserer Zeitung zuletzt erklärte, sind in diesem Zusammenhang insbesondere Pässe der Familie erforderlich. „Dann besteht die Möglichkeit, über das Aufenthaltsrecht ein Bleiberecht zu ermöglichen.“ Der Landrat äußert Verständnis für die menschliche Situation, sieht zugleich aber die Verpflichtung der Verwaltung, den Anforderungen des maßgeblichen Aufenthaltsrechts zu entsprechen.
Konkret sieht der Gesetzgeber laut Paragraf 25a des Aufenthaltsgesetzes eine „Aufenthaltsgewährung bei gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden“ vor. Diese kann die Kreisverwaltung aussprechen. Demnach soll „einem jugendlichen oder heranwachsenden geduldeten Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn 1. er sich seit vier Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhält, 2. er im Bundesgebiet in der Regel seit vier Jahren erfolgreich eine Schule besucht oder einen anerkannten Schul- oder Berufsabschluss erworben hat, 3.der Antrag auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vor Vollendung des 21. Lebensjahres gestellt wird“. Dieser für einen Jugendlichen erteilte Aufenthaltstitel kann auch dessen Eltern gewährt werden.
Im Gespräch mit unserer Zeitung bekräftigte der zuständige Dezernent der Kreisverwaltung, Hans-Joachim Jung, dass die gesetzlichen Bedingungen im Fall Abuev erfüllt wären, wenn Pässe vorlägen. „Die Voraussetzungen sind erfüllt, mit Pässen wäre der Weg frei“, sagte Jung. Grundsätzlich hat die Verwaltung darüber hinaus allerdings auch die Möglichkeit, die Pässe zu ersetzen, wenn erkennbar ist, dass sich die Familie beispielsweise deutlich darum bemüht hat, die ihr gestellten Anforderungen zu erfüllen.
Laut VfR hat sich die Familie in den vergangenen Monaten dauerhaft insbesondere um Pässe bemüht. „Die Abuevs haben nach unserem Wissen alles dafür getan, dass sie die von der Kreisverwaltung geforderten Unterlagen beibringen“, sagt Wohlfahrt. So hätte die Familie, wie er weiter erläutert, unter anderem im September, Oktober und Januar das zuständige russische Konsulat in Bonn aufgesucht, um sich für den Erhalt von Pässen einzusetzen. Von Beginn an wären die Abuevs den Vorgaben der Kreisverwaltung nachgekommen, die in den regelmäßigen Gesprächen mit der Behörde gemacht worden sind.
VfR: Familie hat sich aktiv bemüht
„Die Familie hat sich aktiv darum bemüht, allen Anforderungen der Verwaltung nachzukommen“, sagt Wohlfahrt, „dass der Vater jetzt seinen Pass durch das russische Konsulat erhalten und diesen der Verwaltung direkt übergeben hat, ist für uns ein klarer Beleg dafür.“ Wohlfahrt weist auf die Komplexität des Falles hin und darauf, dass die Passverfahren einerseits mit verschiedenen Hürden verbunden und andererseits sehr langwierig sind. Nach dem Ende des Asylverfahrens im September habe sich die Familie unmittelbar beim russischen Konsulat um die von der Kreisverwaltung angeforderten Papiere bemüht. Ein erstes Dokument liegt jetzt für den Vater vor. „Nach unserer Kenntnis sollen auch für die beiden jüngsten Töchter Ende kommender Woche Pässe kommen“, sagt Wohlfahrt, „dies ist der Kreisverwaltung bekannt. Wir gehen deshalb davon aus, dass die Verwaltung auf dieser Basis dann auch eine Aufenthaltsgenehmigung aussprechen kann.“
Von unserem Chefreporter Volker Boch