

Foto: Heinz-Günter Augst
Dazu gehörten Anekdoten wie die „Erfindung“ des E-10-Kraftstoffs in seinem Büro zusammen mit Sigmar Gabriel, dem „Harzer Roller“. Oder die Geschichte, wie er der Grünenpolitikerin Ulrike Höfken mal gehörig den Kopf gewaschen hat, weil diese die EU-Beihilfen in ihrem Sinne schöngerechnet habe. Doch bei aller „Dampfplauderei“ waren es auch sehr ernste Töne, die Schindler anschlug, gepaart mit nicht minder klaren Botschaften.
So machte er keinen Hehl daraus, dass in seinen Augen die Konzentration der landwirtschaftlichen Betriebe weitergehen wird. Dabei griff er Zahlen auf, die Landrat Michael Lieber in seinen Begrüßungsworten ansprach. Gab es zu Beginn der 1970er-Jahre im AK-Land noch rund 2600 Bauernhöfe, so sind es aktuell gerade noch 500 – Tendenz weiter fallend. „Draußen in den Orten sind die Entscheidungen längst getroffen“, spielt Schindler darauf an, dass es immer schwieriger wird, die nächste Generation für eine Hofübernahme zu begeistern.
„Es bedarf einer großen gesellschaftlichen Aufwallung“, nimmt Schindler insbesondere die Verbraucher in die Pflicht. Wie viel von ihrem Monatseinkommen sind die Menschen in Deutschland bereit, für Nahrungsmittel auszugeben? Für den Ökonomierat müssen es mehr sein als die aktuell 11 Prozent. „In Frankreich liegt diese Zahl bei 17 bis 19 Prozent. Dort herrscht ein anderes Bewusstsein“, klagt Schindler darüber, dass bei uns eher die amerikanische Mentalität Einzug gehalten habe. „So lange ein Liter Mineralwasser in der Flasche teurer ist als ein Liter Milch, stimmt etwas nicht“, so seine Rechnung. Da 90 Prozent der Kunden anonym in „verlagerten Bereichen“ einkaufen – also nicht direkt beim Erzeuger –, bestimme zu häufig der Preis allein die Kaufentscheidung. Der Schritt der großen Lebensmittelketten, in Bioabteilungen regionale Erzeugnisse anzubieten, hat für Schindler bislang ebenfalls zu wenig gefruchtet.
Und egal, ob es darum geht, sich der ethischen Frage zu stellen, ob man wirklich die Fleischproduktion verurteilen muss. Egal, ob die Entscheidung „konventionell“ oder „bio“ sich bis zur Glaubensfrage entwickelt: Immer wieder kommt Schindler auf die Wertschätzung für die Landwirte zu sprechen, die in seinen Augen zu wünschen übrig lässt.
„Wir sind die billigsten Landschaftspfleger in ganz Deutschland“, wird er nicht müde zu betonen, auch wenn er die Landwirte nicht von allen Sünden freispricht. „Wir haben als Bauern in der Anwendung von Spritzmitteln auch Fehler gemacht“, nimmt er über Bande auch Bezug zu der aktuellen Glyphosat-Debatte. Der er dann aber auch direkt die Schärfe nehmen will: „In Deutschland sind 80 Mittel erlaubt, die für den Menschen einen höheren Gefährdungsgrad haben als Glyphosat.“
Vor Schindler hatte bereits der Landrat die Bedeutung der Landwirtschaft herausgestrichen. „Sie prägt in besonderem Maße das Bild der Region“, so Lieber. Er nutzte den Neujahrsempfang auch, um die Bürgermeister weiter auf eine Konsolidierung der Haushalte einzuschwören. Hier erinnerte er vor allem an das Ausschöpfen der Realsteuer-Hebesätze (Grundsteuer A und B, Gewerbesteuer und Hundesteuer). Allen Kommunen biete der Kreis einen Dialog an, um die finanziellen Möglichkeiten auszuloten, so Lieber. Doch trotz mancher Probleme und trotz eines immer geringeren Gestaltungsspielraums auf kommunaler Ebene ließ er sich von einer Überzeugung dabei nicht abbringen: „Ein Mindestmaß an gemeindlichem Leben muss in unseren Dörfern erhalten bleiben.“