Schönborn

Wanderschäfer im Einrich: Ein Beruf im Einklang mit der Natur

Von Uschi Weidner
So romantisch wie auf diesem Sonnenscheinbild ist der Beruf nicht immer: Wanderschäfer Erwin Schwarz übernimmt viel Verantwortung für seine Herde und arbeitet bei Wind und Wetter.
So romantisch wie auf diesem Sonnenscheinbild ist der Beruf nicht immer: Wanderschäfer Erwin Schwarz übernimmt viel Verantwortung für seine Herde und arbeitet bei Wind und Wetter. Foto: uma

Der Anblick der Herde mit mehreren Hundert Schafen zieht vielerorts die Blicke auf sich. In den vergangenen Tagen war die Herde von Schäfer Erwin Schwarz aus Schönborn im Einrich unterwegs. Schwarz ist 52 Jahre alt und in der vierten Generation Wanderschäfer.

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Schon sein Urgroßvater, beheimatet in Weiler in der Eifel, war Schäfer. Erwin Schwarz absolvierte seine Ausbildung bei seinem Vater, die Berufsschule besuchte er zusammen mit den Landwirten, denn nur in Bayern und Sachsen-Anhalt gibt es eine spezielle Berufsschule für Schäfer. Es gilt, viel zu wissen in diesem Beruf, etwa über die Ablammung und Aufzucht der Tiere, Kenntnisse der Anatomie, Physiologie und Züchtung. Wissen über Weidewirtschaft und Futtergewinnung, Hütetechnik mit den Herdehunden, über die Produktion von Wolle, Fleisch und Milch und die Vermarktung der Produkte sowie das tierschutzgerechte Schlachten der Schafe zählen ebenfalls dazu.

Schwarz hat eine Sommerweide am Stegskopf auf dem früheren Truppenübungsplatz in Daaden gepachtet. Im Winter weilt er in der Heimat. Hier ist er weitläufig unterwegs und zieht bis in den Westerwald. Zuletzt war er bei Sonnenschein in seiner Heimatgemeinde Schönborn mit seinen Schafen, Lämmern und den Hütehunden Karl, Fritzi und Max anzutreffen. Letztere gehören zur Rasse der Altdeutschen Hütehunde. Karl ist der Chef der Hütehunde. Er folgt dem Schäfer nicht nur aufs Wort, sondern auch auf seinen Blick. Max beherrscht seine Aufgaben ebenfalls schon mit Bravour, während sich Fritzi noch in der Lehrzeit befindet. „Vor allem muss er noch lernen, nicht in die Schafherde hineinzupreschen“, so Schäfer Schwarz.

Wenn Erwin Schwarz mit seiner großen Herde von einem Ort zum anderen zieht, geben alle zusammen ein imposantes Bild ab.  Fotos: Uschi Weidner
Wenn Erwin Schwarz mit seiner großen Herde von einem Ort zum anderen zieht, geben alle zusammen ein imposantes Bild ab. Fotos: Uschi Weidner
Foto: uma

Die Schafe, die beim Fressen auf der Wiese schon einmal über den begrenzenden Weg zu einem angrenzenden Feld weitergehen wollen, werden von Hütehund Karl energisch auf die Wiese zurückgetrieben. Karl sieht an der Blickrichtung des Schäfers, wohin er laufen muss. Manchmal jedoch bedarf es mehrfacher lautstarker Rufe, um ihn an seine Pflicht zu erinnern. Doch gerne kehrt er auch zu seinem Herrchen zurück, um sich ein paar Streicheleinheiten abzuholen. Erwin Schwarz kennt jedes seiner Schafe. Er kann die Tiere an den Augen, den Ohren oder der Wolle voneinander unterscheiden. In der Nacht werden die Tiere eingezäunt. Auf der Sommerweide in Daaden bleiben die Tiere am Abend allein. Die Hunde und der Schäfer fahren dann für die Nacht nach Hause „Wir schlafen nicht mehr wie vor hundert Jahren bei den Tieren“, erklärt der Schäfer im Gespräch mit unserer Zeitung. Schafe, die mit Lämmern trächtig sind, nimmt er am Abend mit nach Hause auf den Mühlhof im Schönborner Ortsteil Bärbach. Den Hof kauften Sabine und Erwin Schwarz 2006. 2007 zogen sie dort ein. Und so ganz nebenbei bewirtschaften sie dort auch einen Grünlandbetrieb.

Schwarz plaudert aus dem Nähkästchen und über seine Erfahrungen im Beruf. Er erzählt, dass er jedem verlorenen Schaf nachgeht, berichtet von Gesprächen mit Menschen, die ihm unterwegs begegnen, dem Leben im Einklang mit der Natur und dem Aussterben seines Berufes. Die Herde hat er während des Gesprächs fest im Blick. „Für unsere Wiesen und die Böden leisten die Wanderherden einen wertvollen Beitrag. Die Schafe treten die Grasnarbe fest, bearbeiten mit den Hufen die Oberfläche und halten zerstörerische Mäuse im Zaum“, führt er weiter an.

Und nebenbei leisten die Tiere auch einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität: „Schafe transportieren in ihrem Fell und mit dem Kot Samen und Insekten von einem Ort zum anderen. Auf manchen historischen Wanderwegen hat sich über die Jahrhunderte durch die Wanderschäferei eine einzigartige Flora und Fauna entwickelt.“ Urlaub und geregelte Arbeitszeiten sind Erwin Schwarz fremd. Den Rhythmus geben die Tiere, das Wetter und die Jahreszeiten vor. Schäfer zu sein ist sein Leben, das er aus Überzeugung führt. Er hütet seine Herde das ganze Jahr, sieben Tage die Woche, von morgens bis abends.

Von unserer Mitarbeiterin

Uschi Weidner

Arbeit mit Schafen außerhalb der Weide

In der Lammzeit, wenn die Lämmchen geboren werden, sind die hochtragenden Schafe und die Schafe mit kleinen Lämmern im Stall untergebracht. Im Winter, wenn der Boden zugefroren ist, bekommen Schafe Heu und Zuckerrübenschnitzel. Die Tiere müssen mit einem Rasierapparat regelmäßig geschoren werden.

Früher erfolgte dies mit einer speziellen Schere. Die Wolle wird gewaschen und getrocknet. Anschließend wird sie mit speziellen Kämmen so lange gebürstet, bis sie glatt ist. Früher wurde dazu eine getrocknete Blüte einer Distel benutzt. Mittlerweile gibt es auch Maschinen, durch die die Schafswolle gedreht wird, bis sie glatt ist. Während das Fleisch der Schafe noch Absatz findet, ist die Nachfrage nach Wolle stark eingebrochen. Sabine und Erwin Schwarz lagern große Ballen Wolle ein, in der Hoffnung, dass sie wieder stärker nachgefragt wird. uma

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