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Koblenz

Ängste und Optimismus zum Schulstart: Wie sicher sind die Schulen?

Von Doris Schneider
Masken tragen müssen die Schüler in Rheinland-Pfalz nur im Flur und auf dem Schulhof, nicht an ihrem Platz in der Klasse.  Foto: dpa
Masken tragen müssen die Schüler in Rheinland-Pfalz nur im Flur und auf dem Schulhof, nicht an ihrem Platz in der Klasse. Foto: dpa

Die allermeisten freuen sich wieder auf die Schule: Schüler, Lehrer und ganz sicher auch Eltern, die sich für ihre Kinder und sich selbst wieder ein Stück Normalität und Planungssicherheit wünschen. Genau die aber gibt es eigentlich nicht, „man fährt auf Sicht“, wie viele Politiker und auch die Koblenzer Schuldezernentin Margit Theis-Scholz es formulieren. Wie die Schulen funktionieren können, ist bis zum Freitag überall geplant worden. Denn bis zum Schluss gab es noch einzelne Konkretisierungen zu Lüftung und anderen wichtigen Themen. Wie die Realität aussieht, wird sich nun vermutlich täglich neu zeigen. Und die Wetten laufen, wann erste Klassen oder ganze Schulen in Koblenz wieder geschlossen werden müssen.

Lesezeit: 4 Minuten
1 In der Clemens-Brentano-/Overberg-Realschule plus geht man trotzdem mit einem guten Gefühl an den Schulstart, sagt der stellvertretende Schulleiter Fabian Haunschild. Gemeinsam mit dem Hygienebeauftragten ist eine ganze Reihe von Maßnahmen geplant worden. Die rund 540 Schüler können morgens ab 7.40 Uhr in ihre Klassenräume gehen und dort am Platz ...
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Start unter Corona-Auflagen: Schulbeginnn soll so normal wie möglich sein

Rheinland-Pfalz möchte zur Normalität zurückkehren – zumindest soweit es geht. Der Start ins neue Schuljahr soll daher – unter Corona-Auflagen – so normal wie möglich erfolgen. Schulen der Region haben sich eingestellt und Konzepte entwickelt, was sie im Falle steigender Zahlen im Land, einer direkten Corona-Infektion oder einer Komplettschließung tun wollen. So auch die Astrid-Lindgren-Grundschule in Winningen, die als Ganztagsschule eine besondere Stellung einnimmt.

Noch ist es ruhig in den Gängen der Astrid-Lindgren-Grundschule in Winningen. Wenn sie morgens die Erste hier ist, genießt sie die Minuten der Stille, sagt Dörthe Frölich. Während die Kinder die letzten Tage der Sommerferien auskosten, ist die Schulleiterin in der Woche vorm Schulstart schon im Büro. Es gibt viel zu organisieren, mehr als sonst. Denn nach dem Lockdown und den Wochen im Homeschooling, soll man sich nun wieder der Normalität annähern – soweit es geht.

Konkret soll das so aussehen: Die Kinder kommen morgens in die Schule, die zweiten bis vierten Klassen gehen zügig in ihre Klassenzimmer, die Erstklässler werden auf dem Schulhof von der Lehrkraft abgeholt. In den Gängen, auf dem Hof, bei Ankunft und Abfahrt ist Maskenpflicht. Am Platz angekommen, darf diese abgenommen werden. Zu Beginn des Unterrichts steht jedes Kind einzeln auf und wäscht sich am Waschbecken im Klassenzimmer die Hände. Bei den Kleinen schaut die Lehrerin besonders hin, tatkräftig unterstützen darf sie nicht.

Kinder sollen sich nicht durchmischen

Toilettengänge sollten selten passieren, Gruppenarbeiten fanden nicht statt, nun können wenigstens wieder Partnerarbeiten in den Unterricht eingegliedert werden. Durch das Ganztagsangebot ist die Situation nach der letzten Stunde noch nicht vorbei. Manche Kinder bleiben bis 16 Uhr, nehmen an Mittagessen, AGs und Hausaufgabenbetreuungen teil. Andere bleiben bis 14 Uhr, zum Essen und Bewegungs- und Spielstunde. Auch dies müsse genau geplant werden, damit sich die Kinder nicht in der Mensa oder auf dem Schulhof durchmischen, sagt Frölich. Viel wird nun anders laufen als noch vor ein paar Wochen, als Notbetreuung war oder die Kinder danach zeitversetzt in die Schulen kamen. Manches Kind war seit März nur sieben Tage in der Schule, andere immerhin elf. Nun kommen alle Kinder wieder um 8 Uhr morgens, die Lehrer sind zeitgleich im Haus, die Klassenzimmer voll besetzt. Fächer wie Religion und Ethik finden klassenübergreifend statt, Mittagessen und Pausen gestaffelt, hierfür müssen noch Regelungen mit dem Caterer besprochen werden. Fragen bleiben, welche AGs angeboten werden können, wie Sport und Bewegung – die viel zu kurz gekommen sind – integriert werden können (siehe Info).

Schauen, wo jedes Kind steht

Gerade überwiegt bei allen aber die Freude, sagt Frölich, selten habe sie erlebt, dass Schule so positiv aufgenommen werde. Und auch die Lehrkräfte schauen einem Unterricht entgegen, indem „sie Erfahrung haben“. Im Fernunterricht habe den Kindern nicht nur der Kontakt mit Gleichaltrigen gefehlt, sondern auch der strukturierte Vormittag: „Nicht jeder hat einen eigenen Arbeitsplatz oder PC zu Hause, zudem ist es schwieriger zu lernen, wenn die ganze Familie da ist“, sagt Frölich. Nun müsse man schauen, wo jedes einzelne Kind steht. Die Umgewöhnung ist nach den Sommerferien nicht immer einfach, nun könne sie noch erschwert sein.

Schulleiterin Dörthe Frölich weiß, dass sich nicht nur die Kinder, sondern auch Eltern und Lehrer auf einen geregelten Schulalltag freuen.
Schulleiterin Dörthe Frölich weiß, dass sich nicht nur die Kinder, sondern auch Eltern und Lehrer auf einen geregelten Schulalltag freuen.
Foto: Stefanie Braun

Eine Lehrkraft habe maximal 25 Wochenstunden, insgesamt macht das für die Schule 160 Stunden pro Woche, erklärt Frölich. 58 Wochenstunden haben vor den Ferien gefehlt. Sechs von neun Lehrern waren während des Lockdowns präsent, drei gehören zur Risikogruppe. Die fehlenden Stunden wurden durch Präsenzunterricht im Wechsel Anfang der Woche und Ende der Woche aufgefangen. Die Notgruppen mussten auch bis 16 Uhr angeboten werden. Die VG habe „großes Entgegenkommen und Flexibilität in Absprache mit den Nachmittagskräften zugesichert“. Nun sei die Frage, inwieweit sie weiterhin auf diese Flexibilität bauen könnten, in Bezug auf Verwaltung und Vertragsmodalitäten. „Ob und wie die vom Land eingesetzten Honorarkräfte eingesetzt werden können, ist noch nicht geklärt.“ Von den drei Kollegen in der Risikogruppe sind zwei wieder da, wollen unbedingt unterrichten. „Für die war es auch unbefriedigend, zu Hause bleiben zu müssen, ohne krank zu sein.“ Zudem bedeutete das nicht, dass die Kollegen „Urlaub machen“, sondern, dass sie von Zuhause aus so viel strukturieren und erarbeiten, wie möglich. „Weil sie ihre Klassen kennen und wissen, wo die Kinder stehen.“ In der ganzen Zeit sei die Schule an einem einzigen Tag geschlossen gewesen, an Gründonnerstag, weil sich niemand zur Notbetreuung angemeldet hatte.

Vorwurf: Schulen sind unflexibel

Schulen werde vorgeworfen, unflexibel zu sein, sagt Frölich, und bis zu einem gewissen Maße stimme das auch: „Planungen sind gut und wichtig, aber die Situation erfordert von der gesamten Gesellschaft sich flexibler einstellen zu können.“ Da habe man sich nicht ausgenommen. Dennoch wisse man, dass es holprig werden könne, denn trotz aller Vorsichtsmaßnahmen könne man sich irgendwo anstecken. Vorher planen, ob und in welcher Klasse sich jemand infiziert, sei natürlich unmöglich. Dennoch: „Wir wollen versuchen, erneute Schulschließungen zu vermeiden.“ Bei einem Coronaverdacht in der Schule, werden Kontaktpersonen ermittelt. „Wir hoffen auf große Unterstützung des Gesundheitsamtes.“ Angestrebt sei, dass allen voran die Erstklässler bis Weihnachten im Präsenzunterricht bleiben, denn „wenn die nicht Lesen oder Schreiben können, was gibt man ihnen dann im Fernunterricht mit?“

Leute suchen immer nach einem Schuldigen

Sorge trägt sie bei einem Coronafall nicht nur wegen der Organisation, sondern auch „weil Leute immer gerne nach einem Schuldigen suchen“. Wer war wo im Urlaub? Wer auf einer Party? Während des Lockdowns waren viele sehr zuvorkommend, verständnisvoll und flexibel. Doch da betraf es eben alle. Sollte es nun eine Einzelschließung geben, könnten Ungerechtigkeitsgefühle aufkommen. „Es besteht die Sorge, dass die Akzeptanz dann nicht mehr so groß ist bei allen Beteiligten.“ Doch trotz aller Sorge und aller Mühen findet Frölich es richtig, dass nun wieder so normal wie möglich geöffnet wird. „Weil der Bedarf bei den Kindern da ist.“ Alles sei wieder nutzbar – Restaurants, private Feiern, sogar Fußballspiele finden vor leeren Tribünen statt – da wäre es nicht richtig, Kinder auf so einen wichtigen Teil ihres Lebens verzichten zu lassen. „Kinder haben ein Recht auf Bildung.“ Zudem gebe es die Befürchtung, Kinder „zu verlieren“, die auf eine schulische Betreuung angewiesen sind, nicht immer können Eltern das leisten. Und: „Das ist ja unser Job.“ Ebenso wie das Vermitteln sozialer Kompetenzen und Strukturen, da falle es nicht immer leicht, Kinder an Abstandsregeln zu erinnern. „Wenn man im Unterricht ist und jeder an seinem Platz sitzt, ist das kein Problem. Aber beim Spielen vergessen Kinder das natürlich auch mal.“

Ganz könne eine Grundschule wahrscheinlich nicht auf einen Abstand von 1,50 Meter funktionieren. Wenn ein Kind weint, könne man kaum auf Distanz trösten, ebenso wenn sich ein Kind verletzt, auch erklären gehe nicht auf Entfernung. Natürlich bedeuten Tränen nicht, dass jede Regel vergessen wird, aber „da muss jeder sein eigenes Konzept finden.“ Man werde trotz allem eingeschränkt bleiben, aber „was wir dürfen, wollen wir auch ausreizen.“

Von unserer Redakteurin Stefanie Braun

Das sind die drei Konzepte

Schulen mussten drei Konzepte ausarbeiten für verschiedene Fälle:

1. Normaler Regelbetrieb mit Anordnungen wie Maskenpflicht

2. Wechselnde Gruppen und geteilte Klassen bei steigenden Infektionszahlen im Land

3. Teil- oder komplette Schließung bei einem Coronafall in der Schule

Schulsport in der Halle: Mainz bringt die Schulen in Zugzwang

Schulsport in der Halle, geht das? Das Bildungsministerium hat sich lange Zeit gelassen, ehe es einen Leitfaden an die Schulen verschickt hat – am Donnerstagnachmittag tauchte der zehnseitige Leitfaden, der viele Regelungen im Umgang mit der Coronakrise enthält, in den Sekretariaten auf.

Der Tenor unter den weiterführenden Schulen in der Region lautet: „Wir werden versuchen, den Sportunterricht nur dann in den Innenbereich zu verlegen, wenn die Witterung das Unterrichten im Freien nicht mehr zulässt“, wie es Hendrik Höfer, Fachbereichsvorsitzender des Fachbereichs Sport im Gymnasium auf der Karthause, formuliert. Grundsätzlich darf in der Sporthalle Schulsport ausgeübt werden. Ein annähernd regulärer Unterricht ist dort möglich, wo jedem Schüler mindestens 10 Quadratmeter Fläche zur Verfügung steht. Wie im Leitfaden aus Mainz festgelegt, findet der Sportunterricht fin festen Lerngruppen statt. Körperkontakt soll vermieden werden. „Wir werden – besonders im Bereich der großen Sportspiele beziehungsweise in den Kontaktsportarten – vorwiegend technische Inhalte oder taktische Varianten in kontaktfreien Übungsformen oder Spielsituationen unterrichten, um spielerische Inhalte mit hohem Aerosolausstoß so gut es geht zu vermeiden“, erläutert Hendrik Höfer. Außerdem würden die Schüler gebeten, an Tagen mit Sportunterricht in Sportbekleidung zu erscheinen, um „Massen-Umkleidesituationen“ zu vermeiden. Die Schulen planen trotzdem damit, dass in ausreichend großen und belüfteten Räumen für Umkleidemöglichkeiten gesorgt ist.

In der Oberstufe wird der Sportunterricht eingeschränkt sein. Höfer: „Sowohl in der Intensität als auch inhaltlich.“ Die Leitlinien des Ministeriums regeln aber sehr genau und aus Sicht des Gymnasiums auf der Karthause „durchaus fair, was geprüft werden soll“. Die Prüfungsanforderungen, beispielsweise für die Sportabiturienten, werden in der Quantität reduziert. Dadurch müssen die Schüler nicht befürchten, dass sich ihre Prüfungsergebnisse wegen der Corona-Krise verschlechtern werden.

Dass die „lang ersehnten“ (Höfer) Leitlinien so kurz vor dem Schulbeginn auf den Tisch kommen, bringt die Schulen in Zugzwang. Zusammen mit anderen Plänen, Merkblättern und Leitfäden, die aus Mainz in den jüngsten Tagen verschickt wurden, summieren sich die Anweisungen auf gut 70 Seiten. Im Kurfürst-Salentin-Gymnasium in Andernach mussten die Lehrer „umgehend die bisher schulintern erarbeiteten Überlegungen in Hinblick auf den Leitfaden kontrollieren und anpassen“. Die Flut an Anweisungen kommentiert eine Schulelternsprecherin von der Mosel so: „Es ist eine Frechheit, was sich die Lehrer gefallen lassen müssen.“ bro

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