Karibische Inselwelt: Die borstigen Botschafter der Bahamas

Tierische Konkurrenz für die schwimmenden Schweine: Die Ammenhaie von Compass Cay lassen sich an diesem Steg bereitwillig streicheln.
Tierische Konkurrenz für die schwimmenden Schweine: Die Ammenhaie von Compass Cay lassen sich an diesem Steg bereitwillig streicheln. Foto: Jörg Peter Herrmann

Türkis glänzt das glasklare Wasser. Weiß spritzt die Gischt übers Deck. Seit einer Stunde fahren wir nun schon an kleinen Inseln und noch kleineren Inselchen vorbei; immer tiefer hinein in eine paradiesische Welt.

Lesezeit: 5 Minuten
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Karibik-Feeling original: Die Szene-Kneipe Chat'n'Chill direkt am Strand ist ein uriges Stück Bahamas.

Jörg Peter Herrmann

Karibik-Feeling original: Die Szene-Kneipe Chat'n'Chill direkt am Strand ist ein uriges Stück Bahamas.

Jörg Peter Herrmann

Die Leguane sind geschützt, ihre Insel aber nicht. So können Touristen die kleinen Drachen besuchen.

Jörg Peter Herrmann

Die Leguane sind geschützt, ihre Insel aber nicht. So können Touristen die kleinen Drachen besuchen.

Jörg Peter Herrmann

Für uns ein Sammlerstück, für die Einheimischen Wegwerfware: Das Fleisch der Conch-Muscheln gibt's auf den Bahamas in allen Variationen.

Jörg Peter Herrmann

Mit einem gemieteten Golfwagen lässt sich Harbour Island einfach und bezahlbar erkunden.

Jörg Peter Herrmann

Ein Genuss, fast ein Muss: Den Sonnenuntergang genießen im Restaurant am Compass Point Beach.

Jörg Peter Herrmann

Von unserem Redakteur Jörg Peter Herrmann

Kein Mensch winkt vom Strand. Nur ganz selten ist mal ein Haus auf den schroffen Kalksteinfelsen zu sehen. Kapitän Andrew Clarke steuert still und konzentriert das gelbe Boot durch die flachen Gewässer der Exuma Cays. Ab und zu zeigt er mal auf eine Insel, ruft mir durch den Fahrtwind den Namen eines bekannten Künstlers oder Sportlers zu und zeigt grinsend sein weißes Gebiss im tiefschwarzen Gesicht. Johnny Depp! Aha. Celine Dion! Mmmh. Michael Jordan! Ich bemühe mich, beeindruckt zu schauen. Obwohl mich die inflationäre Promi-Dichte der Inselbesitzer hier draußen eigentlich nicht so sonderlich interessiert. David Copperfield hat sogar elf Inseln gekauft, ruft der Käptn mir zu. Ach was! „Die Geissens waren auch schon hier“, möchte ich ihm erwidern – aber die wird er wohl nicht kennen ...

Mitten im Gewimmel der Leguane

Wir sind früh am Morgen aufgebrochen, um die Tierwelt dieser riesigen Inselkette zu erkunden. Denn auch wenn die Cays (sprich: Kiehs) scheinbar so verlassen auf der Great Bahama Bank liegen: Über und unter Wasser tobt das tierische Leben. Der Kapitän verlangsamt die Fahrt. Sanft umfährt er einen Felsen und hält auf einen strahlend weißen, leeren Sandstrand zu. „Steig ruhig aus!“, ermuntert er mich. „Du wirst schon sehen.“ Neugierig springe ich ins flache Wasser. Meine Füße haben den trockenen, watteweichen Sand noch nicht erreicht, da raschelt es schon wenige Meter neben mir im flachen Bewuchs.

Ein Bahamas-Leguan steckt vorwitzig den Kopf aus dem Grünzeug. Dann ein zweiter. Und noch einer. Sekunden später ist der ganze Strand ein einziges Gewimmel. Die größten dieser kleinen Drachen werden über einen Meter lang und flößen den Touristen schon gehörigen Respekt ein. Einige aus unserer achtköpfigen Gruppe ziehen es vor, ihre Schnappschüsse vom Boot aus zu machen. Dabei sind diese wunderschönen karibischen Echsen inzwischen an die Menschen gewöhnt und lassen sich sogar füttern.

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Zurück im Boot, wächst langsam die Unruhe. Es klingt wie auf einer Urlaubsfahrt mit Kindern: „Wann sind wir endlich daaa?“ Sie waren wirklich süß, die Leguane. Aber jetzt würden wir doch ganz gern endlich die tierischen Superstars der Bahamas besuchen. „Wann sind wir bei den Schweinen?“ Käptn Clarke schaut nicht auf die Uhr, sondern in den Himmel. Am Horizont türmen sich dunkle Wolken auf. Clarke zeigt auf den Regenschleier vor uns und verspricht: „Wenn wir bei den Schweinen sind, scheint wieder die Sonne. Garantiert!“ Der erfahrene Seemann ist kein Hellseher. Aber er weiß, wen er fragen muss. Schon seit dem Start unserer Tour ruft er regelmäßig übers Satellitentelefon seine Insel-Informanten an. So weiß er immer ganz genau, wann er welches Ziel im Sonnenschein erreicht. Jetzt legt er noch einen kleinen Zwischenstopp auf Staniel Cay ein. Zeit für eine Erfrischung in der kleinen, bunten Hafenkneipe. Aber dann ist es endlich so weit.

Tierische Streicheleinheiten

Pünktlich bricht die Sonne durch die Wolken, als wir in die kleine Bucht von Big Major Cay einlaufen. Und da sind sie! Drei wohlgenährte Schweine stapfen grunzend ins Wasser und schwimmen unserem Boot entgegen. Weitere folgen. Den Kopf steil nach oben gereckt, warten sie auf Futter. Die unerfahrenen Ferkel bleiben lieber am Strand. „Na los!“, ruft der Kapitän uns zu. „Wer will mit den Schweinen schwimmen?“ Eigentlich wollten wir ja alle. Und es sieht ja auch wirklich niedlich aus. Aber als die borstigen Brocken dann so direkt vor uns durchs flache Wasser paddeln, verlässt doch ein paar Besucher der Mut. Sie buddeln lieber mit den Ferkeln am Strand.

Mit leichtem Muffensausen lasse ich meinen Astralkörper über die Reling ins seichte Wasser gleiten und versuche, mich an die Sicherheitshinweise zu erinnern. Bloß nicht von vorn an die Schnauze packen! Da könnte das Tier eine Hand durchaus als leckeren Futterbrocken missdeuten. Und auch nicht von hinten heranschwimmen! Die kräftigen Hinterläufe könnten schmerzhafte Spuren hinterlassen. Ich nähere mich von der Seite, streichele das Borstenvieh und freue mich, als ob ich eine neue Tierart entdeckt hätte.

Wo diese verwilderten Hausschweine herkommen, weiß kein Mensch mit letzter Sicherheit zu sagen. Es gibt schöne Geschichten. Die schönste behauptet, dass Piraten die Urahnen dieser Tiere einst auf dem Eiland aussetzten. Als lebende Speisekammer sozusagen. Egal. Fest steht, dass die Touristikbranche auf den Bahamas inzwischen stark von den niedlichen Tieren profitiert. Deshalb fragt wohl auch niemand nach, warum die Schweinegruppe – trotz regelmäßigem Nachwuchs – nicht deutlich wächst. Nur so viel: Jerk Pork, das würzige Schweinefleisch vom Grill, steht hier so ziemlich auf jeder Speisekarte ...

Mit Ammenhaien auf Du und Du

Wir sind müde nach unserem Erlebnis am Schweinestrand. Eigentlich könnten wir nun zurück ins bequeme Hotel. Aber der Käptn rät uns zu einem kurzen Schlenker nach Compass Cay. Und was dann geschieht, übertrifft alle unsere Erwartungen.

Schon bei der Einfahrt in den kleinen Hafen sehen wir die schlanken Schatten auf dem Meeresboden. Es sind Ammenhaie. Draußen an den Riffen sind diese imposanten Jäger nachts aktiv, saugen schmatzend Krabben, Kraken und Fische ins Maul. Hier aber folgen sie ihrem „Papa“. Inselbesitzer Tucker Rolle hatte einst einen verletzten Ammenhai aus dem Fischernetz gerettet und aufgepäppelt. Inzwischen bleibt eine 20-köpfige Gruppe der bis zu vier Meter langen Tiere ständig in seiner Nähe. Der Hai-Vater hat inzwischen einen flachen Steg ins Wasser gebaut. Die Haie schwimmen darauf und lassen sich streicheln. Sogar von Touristen. Es fühlt sich an wie nasses Leder.

Mit Schweinen geschwommen, mit Leguanen gespielt, Haie gestreichelt – das glaubt mir daheim kein Mensch!

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