Bad Kreuznach

Ein-Euro-Jobber fühlte sich endlich wieder gebraucht

Peter Schmittchen (Name geändert) wäre gerne als Ein-Euro-Helfer in der Bad Kreuznacher IGS geblieben. Der Kreis sagt Nein.
Foto: Gerhard Kind
Peter Schmittchen (Name geändert) wäre gerne als Ein-Euro-Helfer in der Bad Kreuznacher IGS geblieben. Der Kreis sagt Nein. Foto: Gerhard Kind

Wie geht es nun weiter? Diese Frage stellt sich Peter Schmittchen (Name von der Redaktion geändert) in diesen Tagen wieder häufiger. Seit dreieinhalb Jahren ist der Bad Kreuznacher arbeitslos. In den vergangenen 16 Monaten aber sorgte sein Ein-Euro-Job dafür, dass er nicht den Mut verlor. Denn er wurde gebraucht. Eine Beschäftigung bei der damaligen Hauptschule und heutigen Integrierten Gesamtschule (IGS) an der Ringstraße in Bad Kreuznach gab ihm einen Sinn und seinem Tag eine Struktur.

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Von unserer Redakteurin Denise Bergfeld

Bad Kreuznach – Wie geht es nun weiter? Diese Frage stellt sich Peter Schmittchen (Name von der Redaktion geändert) in diesen Tagen wieder häufiger. Seit dreieinhalb Jahren ist der Bad Kreuznacher arbeitslos. In den vergangenen 16 Monaten aber sorgte sein Ein-Euro-Job dafür, dass er nicht den Mut verlor. Denn er wurde gebraucht. Eine Beschäftigung bei der damaligen Hauptschule und heutigen Integrierten Gesamtschule (IGS) an der Ringstraße in Bad Kreuznach gab ihm einen Sinn und seinem Tag eine Struktur.

Ende November endet sein Einsatz offiziell, doch bereits jetzt ist Schmittchen zu Hause und nimmt seinen Resturlaub. „Noch fühle ich mich wie jemand, der wirklich Urlaub hat“, sagt der 47-Jährige. Nur dass am Ende seiner freien Zeit erst einmal keine neue Aufgaben auf ihn warten. Kein Müllaufsammeln auf dem Schulhof, keine Pausenaufsichten, keine Problemlösungsgespräche mit Schülern.

Kein Job – das ist immer noch ein gesellschaftlicher Makel

Seinen wahren Namen will Schmittchen uns nicht nennen. Denn ohne Job zu sein, ist auch heute noch ein gesellschaftliches Stigma. Die Ein-Euro-Jobs stehen derzeit wieder stark in der Kritik. Sie sollen Langzeitarbeitslosen helfen, wieder näher an den Arbeitsmarkt heranzurücken und dort ihre Chancen zu verbessern. Doch der Erfolg ist umstritten, vor wenigen Tagen erst forderte der Zentralverband des Deutschen Handwerks, die Billigjobs abzuschaffen. Mit dem Argument, dass sie reguläre Arbeitsplätze vernichten.

Die Lücke, die Schmittchen hinterlässt, wird erst einmal nicht gefüllt. Dass sein Ein-Euro-Job nun endet, stimmt den 47-Jährigen traurig. Er wäre gerne geblieben. Wie seine persönliche Einstellung war auch sein Weg zum Ein-Euro-Jobber ein ungewöhnlicher. Nicht die Arge schickte ihn, eigentlich wollte er seine Tochter von der damaligen Hauptschule nehmen, die er selbst schon als Jugendlicher besucht hatte. „Ich war mit den Zuständen unzufrieden“, sagt Schmittchen. Er bemängelte unter anderem den Umgang der Schüler untereinander. Rektor Dieter Koch-Schumacher bot ihm im Gegenzug an, sich bei der Stadt Bad Kreuznach dafür einzusetzen, dass sich der Arbeitslose als Ein-Euro-Jobber betätigen könnte.

Zwei Wochen später kam die Zusage von der Stadt. Seine Tochter blieb an der Schule, ihr Vater passte mit auf die Schüler auf. Schmittchens Tag hatte einen geregelten Ablauf, eine Aufgabe und auch die Schule profitierte von ihm. Neben den pädagogischen Aufgaben übernahm er kleinere hausmeisterliche Tätigkeiten. Ein weiterer großer Vorteil war, dass er aus dem Viertel der Kinder kam. Er war einer von ihnen, und mit manchen Problemen kamen die Kinder auch direkt zu Schmittchen. „Ich kann etwas bewirken und fühle mich gebraucht“, sagt Schmittchen dazu.

Für die IGS ist in Bad Kreuznach nun der Kreis zuständig und hat eine Weiterbeschäftigung abgelehnt. Die Schule selbst hätte Schmittchen gerne übernommen. Rektor Koch-Schumacher: „Wir bedauern sehr, dass er gehen muss.“ Die IGS hatte sich bereits bei Stadt und Kreis dafür eingesetzt, dass ihr Ein-Euro-Jobber weiter beschäftigt wird. Auch die Arge habe eine Weiterbeschäftigung befürwortet und wollte nach Angaben des Rektors einen „großen Teil“ der Kosten tragen. Doch die Verantwortlichen hätten abgelehnt, so der Rektor.

Beim Kreis Bad Kreuznach heißt es dazu nur, dass am heutigen Montag der Kreisausschuss tage. „An allen Schulen sind Ein-Euro-Jobber beschäftigt und wir müssen eine grundsätzliche Entscheidung fällen“, sagt Wilhelm Reuß, Geschäftleitender Beamter der Kreisverwaltung. Es sei nicht geklärt, wie der Kreis in Zukunft mit diesem Thema umgehen wird, auch die Förderung durch die zuständige Arge sei offen.

Chancen für ersten Arbeitsmarkt sind einfach gering

Schmittchens Chancen, wieder einen neuen Job zu finden, stehen nicht gut. Er ist zu 20 Prozent schwerbehindert, nach sieben Operationen an seinen Händen musste er bei der Stadt seinen Dienst quittieren. Schmittchen war als Müllwerker und im Grünflächenamt tätig. „Mein Arzt sagte mir damals, ich könnte meine Hände sonst irgendwann gar nicht mehr bewegen“, erzählt er.

Schmittchen hat der Bad Kreuznacher IGS bereits angeboten, auch ohne Bezahlung weiterzumachen. Doch aus versicherungstechnischen Gründen ist das nicht möglich. Einen Lichtblick gibt es trotzdem: Im kommenden Jahr soll er eine Umschulung von der Arge finanziert bekommen – zum Alltagsbetreuer für Demenzkranke..