St. Goarshausen

Fragen und Antworten zum Ablauf: Abpumpen der Schwefelsäure birgt Gefahren

Die Einsatzleitung erwartet zwei weitere Kräne für Samstag, spätestens Sonntag an der Unglücksstelle.
Die Einsatzleitung erwartet zwei weitere Kräne für Samstag, spätestens Sonntag an der Unglücksstelle. Foto: Jens Weber

Die Bergung des havarierten Tankschiffs im Rhein bei St. Goarshausen nahe dem Loreley-Felsen rückt langsam näher. Wir beantworten im Folgenden die wichtigsten Fragen zum Schiff selbst und zur Brisanz der Bergung.

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St. Goarshausen. Die Bergung des havarierten Tankschiffs im Rhein bei St. Goarshausen nahe dem Loreley-Felsen rückt langsam näher. Wir beantworten im Folgenden die wichtigsten Fragen zum Schiff selbst und zur Brisanz der Bergung.

Um welchen Schiffstyp handelt es sich bei dem Havaristen?

Das deutsche Motortankschiff (MTS) „Waldhof“ wurde 1993 auf der Werft Damen im niederländischen Hardinxveld gebaut. Es ist 110 Meter lang und 10,50 Meter breit. Nach Angaben einer Internetseite über Binnenschiffe hat die „Waldhof“ einen Tiefgang von maximal 3,15 Metern und kann 2426 Tonnen aufnehmen. Sie ist ein Edelstahl-Doppelhüllentanker, der laut Reederei besonders gut gegen einen Ladungsaustritt geschützt ist. Das Schiff hatte 2377 Tonnen Schwefelsäure an Bord genommen.

Was weiß man über die genaue Unfallursache?

Wenig. Behörden und Reederei halten sich bedeckt. Es heißt nur, dass die Technik des Schiffs auf dem neuesten Stand und die Mannschaft gut ausgebildet war. Im Internet diskutieren Binnenschiffer darüber, ob sich die Schwefelsäure in den engen Kurven in den Kammern aufgeschaukelt und so das Schiff umgekippt hat.

Warum ist der Rhein an der Loreley so gefährlich?

Nahe dem Loreleyfelsen hat der Mittelrhein mit einer Breite von nur rund 150 Metern seine engste Stelle. Zum Vergleich: Bei Koblenz ist er etwa doppelt so breit. Mit gut 20 Metern ist der Fluss an der Loreley zwar auch am tiefsten, es gibt jedoch zugleich sehr flache Stellen. Das Wasser- und Schifffahrtsamt spricht wegen enger Kurven und schwieriger Strömungsverhältnisse von einem anspruchsvollen und unfallträchtigen Flussabschnitt.

Wer soll das gekenterte Tankschiff aus dem Fluss heben?

Das niederländische Bergungsunternehmen Mammoet schickt die beiden Schwimmkräne „Grizzly“ und „Amsterdam“ mit einer maximalen Hublast von 200 beziehungsweise 300 Tonnen sowie den 300-Tonnen-Kranponton „Atlas“. Weltweit arbeiten 3600 Menschen für die Spezialfirma. Sie hatte auch 2001 das russische Atom-U-Boot „Kursk“ aus den Tiefen der Barentssee gehoben.

Wie kann der Ablauf der Bergung aussehen?

Mammoet will das Wrack zunächst noch stärker sichern, bevor die Schwefelsäure abgepumpt werden soll. Gelingt das Umpumpen nicht, soll die Chemikalie laut Landesregierung kontrolliert in den Rhein abgelassen werden. Genehmigungen dafür lägen vor. Beim kontrollierten Ablassen ist vorgesehen, pro Sekunde etwa 50 Liter der geladenen Schwefelsäure abzulassen. 2400 Tonnen Schwefelsäure hat die „Waldhof“ geladen. Weil Schwefelsäure deutlich schwerer als Wasser ist (ein Liter wiegt rund 1,84 Kilogramm), entspricht das rund 1,3 Millionen Litern Säure. Würde die Säure ohne Unterbrechung in dem Tempo abgelassen, wäre das Schiff nach etwa acht Stunden geleert. Erst danach könnte das Wrack angehoben werden. Die Bergung kann unter Umständen Wochen dauern.

Wie gefährlich ist Schwefelsäure?

Schwefelsäure zählt zu den aggressivsten Säuren und ist einer der wichtigsten Grundstoffe für die chemische Industrie. Experten stufen sie jedoch als schwach wassergefährdend ein.

Ist die Bergung brisant?

Wird Schwefelsäure mit Wasser gemischt, entstehen hohe Temperaturen. Die größte Gefahr besteht deshalb für Menschen, die an dem Tankschiff arbeiten. Wenn ein größerer Teil Säure auf einmal austritt und mit Wasser in Verbindung kommt, kann es zu Dampffontänen und sogar zu einer kleinen Explosion kommen.

Lässt sich die Säure so einfach abpumpen?

Das wissen wohl auch die Fachleute noch nicht genau. Bei einem Wert von unter 10 Grad wird reine Schwefelsäure hart, der Rhein hat eine Temperatur von 7 Grad und könnte die Ladung schon heruntergekühlt haben. Gelagert hatte das Schiff allerdings 96-prozentige Säure, da liegt der Schmelzpunkt niedriger, deshalb dürfte die Säure in den Tanks auch noch flüssig sein.